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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)
Autoren: Frank Demant
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möglicherweise als Boutiqueinhaberin ihr Gnadenbrot fristete, mutmaßte Simon Schweitzer nicht ganz zu Unrecht.
    „Hände hoch.“ Es klang wie im Film. Nur lauter. Er war versucht, den Knopf auf Leise zu drehen. Auch war die Situation insofern irreal, als niemand hysterisch loskreischte. Allerdings zeugte die daraufhin eingetretene Ruhe davon, daß sich unser Weltenlenker hier etwas ganz Besonderes, vom Normalen Abweichendes hatte einfallen lassen.
    „Hände hoch“, hallte es nun schon zum zweiten Mal im Raume, diesmal jedoch mit dem Zusatz: „Aber dalli.“
    „Huch, ein Schuft“, entfuhr es der Dame mit dem Einkaufswägelchen.
    Das ist ja irre, dachte Herr Schweitzer, und blickte sich nach dem Verursacher dieses Affentheaters um. Aha, das Männeken in blauer Montur also. Und noch dazu mit Pistole. Aber die gehört ja wohl dazu, wenn es darum geht, sich erstens Gehör zu verschaffen, und zweitens Leute einzuschüchtern, zumal man ja von zwergenhaftem Wuchs war. Und auch sonst sah der Herr Bankräuber nicht unbedingt wie ein natural born killer aus, sondern eher wie der freundliche Kleinkriminelle von nebenan.
    Alle Hände waren oben. Die meisten Gesichter waren aschfahl, und Herr Schweitzers Instinkt sagte ihm, daß nach Lage der Dinge nun bald die Aufforderung kommen mußte, sich auf den Boden zu legen und keine Dummheiten zu machen. Aber vorerst passierte nichts dergleichen. Gemächlich schritt der Bankräuber die Reihe der Wartenden ab und sah dabei sehr finster drein, wohl auch um die schon angesprochenen körperlichen Unzulänglichkeiten zumindest ansatzweise zu kaschieren. Am Schalter angekommen, fuchtelte er mit der Pistole, einer Beretta 92, vor den Nasen der Kassierer herum und schrie: „Wenn einer von euch beiden Alarm auslöst, gibt’s hier ein Massaker. Verstanden?“
    Das klang jetzt schon eher wie eine kriminelle Handlung, und dem Herrn Schweitzer wurde auch sogleich blümerant zumute. Er konnte sich nicht erinnern, einstens Ähnliches erlebt zu haben. Doch für Nostalgie war keine Zeit, denn der Bankräuber fuhr fort in seinem Tun. „Und ihr da ...“, er zielte mit der Pistole an die Decke als wollte er sie abfeuern, „... geht jetzt schön brav rüber in die Ecke.“
    Die ältere Dame nahm eine Hand herunter, um nach ihrem Wägelchen zu greifen, als diese Bewegung auch stante pede den Unmut des Bankräubers auf sich zog. „Hey, Sie da, Flossen hoch, hab ich gesagt.“ Erschrocken gehorchte die Dame und ließ ihr Wägelchen zurück.
    Des Herrn Schweitzers messerscharfer Verstand riet ihm eindringlich, den Forderungen des Bankräubers umgehend nachzukommen, da einjeder Mensch immer nur so viele Rechte besaß wie er Macht innehatte, und im Moment verlangte die Situation eindeutig unbedingten Gehorsam, abseits einer etwaigen philosophischen Frage nach Recht und Ordnung. Er war einer der ersten in der Ecke. Außerdem hatte er vergessen, daß er pinkeln mußte.
    Nachdem der Herr Bankräuber auch die beiden Schalterbeamten in die Ecke dirigiert hatte und in Simon Schweitzer die stupende Erkenntnis gereift war, ganz schön in der Tinte zu sitzen, ging die Schiebetür auf. Damit hatte offenbar niemand gerechnet, am allerwenigsten der Bankräuber selbst. Den Geiseln war da kein Vorwurf zu machen, denn sie kannten ja den Plan nicht. Das Männeken jedoch schaute ganz schön verdutzt aus der Wäsche. Ein junges Pärchen, eventuell Chinesen, auf alle Fälle Asiaten, wegen der Schlitzaugen, ging händchenhaltend und miteinander plaudernd ein paar Schritte in den Raum hinein, bis ihnen deuchte, man sah es am Gesichtsausdruck, daß hier etwas nicht stimmte. Der Mann mit der Pistole fiel ihnen als erster auf, wohl weil er als einziger nicht in der Gruppe stand. Und Chinesen, vornehmlich Asiaten stehen im Ausland nun mal gerne in Gruppen. Sei es, weil man sich vor den Langnasen und/oder Barbaren fürchtete, oder sei es, damit sich eine speziell Gruppen eigene Gruppendynamik vorteilhafter entwickeln konnte. Auf alle Fälle blieben sie stehen, lächelten höflich und warteten auf eine Begrüßungsformel seitens des schurkisch dreinblikkenden Herrn mit der Pistole, der sie mit offenem Mund anstarrte.
    Der Bankräuber, das sah selbst ein Laie, war mit der Situation überfordert. „Äh, guten Tag.“ Seine Stimme war bar jedweder Modulation. Doch schon kurz darauf hatte er sich wieder gefangen und trug besonders dick auf: „Hier hinstellen, alle beide, sonst knallt’s.“ Dabei war ihm Zornesröte ins
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