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Geheimnisse einer Sommernacht

Geheimnisse einer Sommernacht

Titel: Geheimnisse einer Sommernacht
Autoren: Lisa Kleypas
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sich zu ihr herunter, flüsterte ihr unangemessene Erklärungen ins Ohr oder tadelte sie leise und humorvoll für ihr unschickliches Interesse an den Männern, die mit Betttüchern bekleidet umherliefen. Wie sehr sich Annabelle auch anstrengte, nicht zu lachen, so entfuhren ihr doch hin und wieder ein paar Gluckser, wofür sie prompt missbilligende Blicke von den Leuten erhielt, die um sie herumstanden. Natürlich musste Hunt sie dann wieder schelten, dass sie während einer so wichtigen Unterweisung gelacht hatte, was sie dann umso mehr zum Kichern brachte. Jeremy bekam glücklicherweise von alldem nichts mit. Er reckte den Hals und verfolgte ganz gebannt, welcher Teil der Maschinerie die wundervollen Effekte produzierte, und war viel zu vertieft in die Schau, als dass er Hunts Eskapaden bemerkte.
    Hunt verstummte allerdings nach einem plötzlichen Rucken der rotierenden Plattform. Einige Zuschauer verloren das Gleichgewicht, wurden indes von den Umstehenden sofort aufgefangen. Auch Annabelle war von dem jähen Stillstand und Wiederanlaufen der Bühne überrascht worden. Sie schwankte und fühlte sich an Hunts Brust schnell und sicher gehalten. In dem Moment, in dem sie ihr Gleichgewicht wieder fand, ließ er sie aber sofort los, beugte sich zu ihr hinunter und erkundigte sich, ob alles in Ordnung sei.
    „Oh ja“, erwiderte Annabelle erschrocken. „Entschuldigen Sie. Nein, nein, ich bin …“ Die Stimme versagte ihr.
    Nie zuvor hatte Annabelle auf diese Weise auf einen Mann reagiert. Sie wusste weder, was sie mit dem momentan so drängenden Gefühl verbinden, noch wie sie es befriedigen sollte – das alles war jenseits ihrer Vorstellungskraft und ihres begrenzten Wissens um solche Dinge. Im Augenblick wusste sie nur, dass sie sich unbedingt weiter an diesen schlanken starken Körper lehnen wollte, an diesen Mann, der ihr sicheren Halt bot, wenn der Boden unter ihren Füßen schwankte. Und wie er roch! Ein frischer, männlicher Geruch, ein leichter Duft von gestärktem Leinen und poliertem Leder! Das weckte alle ihre Sinne zu freudiger Erwartung. Dieser Mann war so völlig anders als all die parfümierten und pomadisierten Aristokraten, die sie während der vergangenen zwei Saisons versucht hatte zu umgarnen.
    Aufs Äußerste irritiert konzentrierte sich Annabelle auf die Leinwand. Doch weder sah sie, noch beeindruckten sie die Licht- und Farbeffekte, die die hereinbrechende Nacht – den Untergang des Römischen Reiches – andeuten sollten. Und auch Hunt schien die Schau nicht mehr sonderlich zu interessieren. Den Kopf leicht zu ihr heruntergebeugt, betrachtete er ihr Gesicht. Und obwohl es bestimmt nicht zutraf, so erschien es ihr dennoch, als hätte sich sein Atem ein wenig beschleunigt.
    Annabelle fuhr mit der Zunge über die trockenen Lippen. „Sie … Sie dürfen mich nicht so anstarren.“
    Es war nur ein Wispern gewesen, aber er hatte es verstanden. „Außer Ihnen ist hier nichts wert, angesehen zu werden.“
    Sie bewegte sich nicht, sie antwortete nicht. Stattdessen tat sie einfach so, als habe sie das leise teuflische Wispern nicht gehört, obgleich ihr Herz unregelmäßig schlug und ein Prickeln sich in ihrer Magengrube ausbreitete. Konnte in einem Theater voller Leute so etwas geschehen? Mit ihrem Bruder neben ihr? Kurz schloss sie die Augen, denn sie meinte, alles um sie herum drehte sich, ein Gefühl, das wahrlich nichts zu tun hatte mit der Bewegung der Bühne, auf der sie stand.
    „Pass auf!“ Jeremy knuffte sie vor Begeisterung. „Gleich kommt der Vulkanausbruch.“
    Plötzlich war das Theater in völlige Dunkelheit getaucht. Ein seltsames Rumpeln war unter der Plattform zu hören.
    Erschreckte Schreie, Gelächter, lautes, erwartungsvolles Stöhnen im Publikum. Annabeiles Rücken spannte sich, als eine Hand darüberfuhr. Seine Hand! Langsam glitt sie ihren Rücken hinauf …, sein Geruch, frisch und betörend.
    Bevor sie wusste, wie ihr geschah, drückte er seinen Mund mit einem warmen, leidenschaftlichen Kuss auf den ihren. Sie war zu überrascht, um sich zu bewegen oder gar zu wehren. Die Hände hielt sie in die Höhe wie Schmetterlinge im abgebrochenen Flug, während sie durch einen Griff um die Taille gestützt wurde und sich eine Hand um ihren Nacken legte.
    Annabelle war bereits geküsst worden. Bei einer schnellen Umarmung während eines Spaziergangs im Park oder in einem unbeobachteten Moment in einer Ecke im Salon hatten fesche junge Männer sich einen Kuss gestohlen. Aber
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