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Geheimnisse einer Lady

Geheimnisse einer Lady

Titel: Geheimnisse einer Lady
Autoren: C Milan
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begann, sich um Kate zu drehen.
    Er tat so, als sei dies ein völlig normales Gespräch beim Frühstück an einem beliebigen Tag.
    „Ned!“ Ungestüm sprang Kate auf. Ihr Ausbruch schien mehr Kraft zu haben, die Flutwelle einzudämmen, die ihre Ehe zu zerstören drohte, als das durchsichtige Seidenhemd, das in ihrem Schlafzimmer auf seinen Einsatz wartete.
    Seine Flucht endete an der Türschwelle. Er verharrte, die Schultern angespannt wie zwei hölzerne Bügel unter dem feinen Tuch seines Gehrocks.
    Sie fand keine Worte, um die Kälte zu benennen, die ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ, und begnügte sich mit: „Ich wünschte, du würdest nicht gehen. Ich wünschte, du würdest bleiben.“
    Er drehte den Kopf zur Seite, nur so weit, um sie sehen zu können. In dieser kurzen Sekunde entdeckte sie etwas in seinem Blick, von dem sie heimlich geträumt hatte: Hunger, ein Verlangen, als bedeute sie ihm mehr als nur ein Name unter der Heiratsurkunde. Er stieß den Atem hörbar aus und schüttelte den Kopf.
    „Ich wünschte“, sagte er leise, „ich könnte dir diesen Wunsch erfüllen.“ Damit wandte er sich ab und ging.
    Sie wollte ihm nachlaufen, wollte etwas sagen, irgendetwas. Was sie indes lähmte, war die Erkenntnis, dass er ebenso rastlos war wie sie bis vor Kurzem.
    Und sie wusste mit eisiger Klarheit, dass sie ihm diese Rastlosigkeit nicht nehmen konnte, nicht mit einem Dutzend seidener Negligés.
    Ihr blieb nur die Genugtuung, die Fassung gewahrt zu haben und ihn glauben zu lassen, sie sei nicht im Geringsten verletzt und erschüttert von seinem Entschluss. Sie hatte das Geheimnis ihrer Sehnsucht zu sorgsam gehütet, eingehüllt in Seidenpapier.
    So wie sie all ihre Geheimnisse hütete. Und nun war es zu spät für eine Erklärung.

1. KAPITEL
    Berkshire, drei Jahre später
    D ie Straße den Hügel hinauf war von einer schulterhohen Mauer begrenzt. Als Kate letzte Nacht mit der Amme ins Tal gewandert war, hatten die dunklen Steinquader bedrohlich gewirkt wie geduckt lauernde Unwesen. Sie hatte sich vorgestellt, Eustace Paxton, Earl of Harcroft, lauere hinter jedem Vorsprung, um sich in der nächsten Sekunde auf sie zu stürzen und mit üblen Beschimpfungen zu verfluchen.
    Jetzt, im milchigen Morgennebel, nahm sie gelbe Blüten von Wildkräutern wahr, die sich zwischen den Mauerritzen angesiedelt hatten. Die alte bröckelnde Mauer hatte ihren Schrecken verloren, und Harcroft war dreißig Meilen entfernt in London, ohne etwas von ihrer Beteiligung an seinem Unglück zu ahnen. Sie hatte sich einen Vorsprung verschafft und konnte zum ersten Mal seit zwei Wochen wieder freier atmen.
    Als habe sie sich zu früh in Sicherheit gewiegt, trug ihr der Morgenwind das Klappern von Pferdehufen zu. Aufgeschreckt fuhr sie herum, ihr Herz klopfte bang. Trotz der Hitze, die in ihr aufstieg, zog Kate den schweren Umhang enger um die Schultern. Er war ihr auf die Schliche gekommen. Er war hinter ihr her …
    Hinter ihr war nichts, nur wabernder Morgennebel. Sie sah Gespenster. Es war undenkbar, dass Harcroft ihr Geheimnis so rasch entdeckt haben könnte. Sie wollte erleichtert aufatmen und verschluckte sich beinahe. Wieder Hufeklappern und Knirschen von Wagenrädern. Diesmal aber kam das Geräusch eindeutig von oben. Sie spähte angestrengt nach vorne. Dunkle Umrisse eines Karrens, der schwerfällig den Hügel hinaufgezogen wurde, zeichneten sich verschwommen ab.
    Ein beruhigender und vertrauter Anblick. Die Nebelschwaden hatten die Geräusche gedämpft. Während Kate mühsam bergauf stapfte, sah sie, dass der von einem Gaul gezogene Karren mit Holzfässern beladen war, deren Beschriftung sie aus der Ferne nicht erkennen konnte. Das Zugpferd war von undefinierbarer Farbe. Im Nebel wirkte sein Fell braun gefleckt, von hellgrauen Streifen durchzogen. Das Tier kämpfte sich mühsam bergauf, seine Muskeln und Sehnen zitterten vor Anstrengung.
    Kate atmete erleichtert auf. Es war ein einfacher Fuhrmann. Nicht Harcroft. Niemand, von dem ihr Gefahr drohte, wenn er herausfand, welche Rolle sie letzte Nacht gespielt hatte. Dennoch zog sie die Kapuze tiefer ins Gesicht, um nicht erkannt zu werden.
    Als sollte sie an den Albtraum erinnert werden, dem Louisa entflohen war, drang ein scharfer Peitschenknall an ihr Ohr. Kate presste die Zähne aufeinander und beschleunigte ihre Schritte. Dreißig Sekunden später und ebenso viele Schritte näher, knallte die Peitsche wieder. Sie biss sich auf die Unterlippe.
    Sie musste sich
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