Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Titel: Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Autoren: Guido Knopp
Vom Netzwerk:
Freilassung aus der Haft 1966 – kämpfte er vor allem darum, seinen Ruf zu rehabilitieren. Mit Erfolg. Ihm blieb erspart mitzuerleben, wie sein Selbstbildnis und das Bild in der Öffentlichkeit zunehmend Kratzer erlitt und er auf vielen Ebenen post mortem entlarvt wurde. Insofern ereilte ihn die Gnade des zeitigen Todes. Denn schon im Jahr nach dem Ableben in den Armen seiner Geliebten kollabierten zentrale Teile des mit großem Aufwand gezimmerten Lügengebäudes des Albert Speer. Der Historiker Matthias Schmidt hatte es sich in seiner Doktorarbeit zur Aufgabe gemacht, den Wahrheitsgehalt der Aussagen des »zweiten Mannes im NS-Staat« hinsichtlich seines Wissens – respektive Nicht-Wissens – der Gräueltaten des Nazi-Regimes akademisch zu überprüfen. Sein 1982 veröffentlichtes Buch bewies, dass Speer sehr wohl von den Vertreibungen der Berliner Juden gewusst hatte. Und nicht nur das: Er hatte diese sogar angeordnet, um Hitlers größenwahnsinnige Vision von einer Reichshauptstadt »Germania« in die Tat umsetzen zu können.
    Bereits Ende 1979 hatte der Doktorand Matthias Schmidt, der sich mit dem Phänomen »Albert Speer« beschäftigte, dem einstigen Rüstungsminister einen Besuch abgestattet. Für weitere Informationen empfahl Speer dem Junghistoriker leichtfertig einen Besuch bei seinem alten Weggefährten Rudolf Wolters in Coesfeld. Dabei unterschätzte er offenbar, wie verbittert, gedemütigt und voller Rachegelüste dieser mittlerweile ihm gegenüber war. Im Frühjahr 1980 konnte sich Schmidt im Hause Wolters von dem Komplott der beiden Alt-Nazis überzeugen: Wolters gestattete ihm den Zugang zu all seinen Dokumenten – und ließ den Historiker sogar in der Original-Chronik blättern, die Wolters ja mit Wissen Speers zu dessen Gunsten gefälscht hatte. Schmidt brauchte nicht lange, um den Sprengstoff dieser Lügengeschichte um die Berliner Judenvertreibungen zu erkennen. Wolters gewährte tiefe Einblicke in die Abgründe der Speer’schen Seele – und versorgte Schmidt mit allen notwendigen Details. Es war die späte Rache eines Betrogenen.
    Sein Lügengebäude hatte lange Bestand. Dann kam sein Freund Rudolf Wolters – sein größter und treuester Helfer während der zwanzigjährigen Haftzeit – und ließ die Katze aus dem Sack. Plötzlich verdächtigten ihn immer mehr Leute der Lüge, und sein Gebäude geriet allmählich ins Wanken. Heute ist Speers Ruf völlig zerstört.
    Dan van der Vat, Speer-Biograf
    Wolters Ankündigung im Briefwechsel mit Speer Anfang 1970 – »Im übrigen kannst Du beruhigt sein; ich habe verfügt, daß das Original der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, sobald keinem mehr ein Schaden daraus erwachsen kann« – machte dieser nun wahr, zumindest teilweise. Denn Schaden konnte Speer durchaus erwachsen: Diese Geschichte hatte genug Sprengstoff, Speers jahrzehntelange Anstrengungen im Kampf um seinen Ruf als »guter Nazi« zu demolieren. Und es muss ihm sofort klar geworden sein, als Schmidt ihn kurz vor seinem Tod noch einmal mit seinen Forschungsergebnissen konfrontierte. Dennoch leugnete Speer, von der »Reinigung« der »Chronik« oder einer Täuschung des Bundesarchivs gewusst zu haben. Außerdem behauptete er in der Folge, nichts mit der im Oktober 1941 einsetzenden Deportation der Berliner Juden in den Osten zu tun gehabt zu haben, obwohl seine Mitarbeiter mit der Gestapo zwischen Oktober 1941 und März 1943 die Transportlisten für 50000 Berliner Juden in den sicheren Tod zusammengestellt hatten. Speer gab zwar den Gönner, der Schmidt mündlich eine »carte blanche« zur Publikation erteilte – um dann umgehend im Bundesanzeiger sämtliche Vollmachten für seinen alten Spezi Wolters zu streichen und sowohl diesen als auch den jungen Doktoranden Schmidt durch einschüchternde Schriftsätze seiner Anwälte an einer Veröffentlichung zu hindern. Das formale Ende einer einstigen, beinahe ein halbes Jahrhundert währenden Freundschaft zwischen Speer und Wolters wurde nun gar auf juristischem Wege dokumentiert. Lange wogte der Disput zwischen den Rechtsbeiständen hin und her, Schmidts Verlag prüfte eingehend die Gefahren einer Veröffentlichung – vor allem, da Speer das Urheberrecht an den von Wolters erstellten »Chroniken« beanspruchte – und entschied sich letztlich doch zu einer um 50 Seiten gekürzten Herausgabe des Schmidt-Buches unter dem Titel: Albert Speer – Das Ende eines Mythos . Der Titelgeber musste dies ebenso wenig erleben wie die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher