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GEHEIMNISSE DER NACHT

GEHEIMNISSE DER NACHT

Titel: GEHEIMNISSE DER NACHT
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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schon fast verblutet. Es dauert nur noch einen Augenblick.“
    Voller Panik riss ich die Augen auf; meine Kehle war wie zugeschnürt. „Sarafina!“, krächzte ich. Die Angst hatte meiner Stimme neue Kraft verliehen, auch wenn sie immer noch nicht mehr war als ein raues Flüstern. „Bitte!“
    „Vertrau mir, mein Liebling. Du wirst nicht sterben.“
    „Aber …“
    „Du wirst nicht sterben“, beruhigte sie mich wieder.
    Mein Geist verließ nach und nach meinen Körper und die Dunkelheit umwölkte meinen Blick immer mehr. Dennoch bemerkte ich, dass sie sich nicht verändert hatte, seit ich ihr zum letzten Mal begegnet war. Sie war nicht gealtert. Nichts an ihr war anders.
    „Siehst du. So ist es besser.“
    Meine Augen öffneten sich, fielen zu, öffneten sich wieder. Mein Atem war flach und spärlich, und ich konnte meinen Herzschlag spüren. Er schlug mir in den Ohren, langsamer, immer langsamer … langsamer …
    „Hör mir zu, mein besonderer Schatz.“ Ihre Stimme schien aus so weiter Ferne zu kommen, als würde sie aus den Tiefen einer Höhle mit mir sprechen. „Du musst eine Wahl treffen, und es muss jetzt sein. Keine Zeit, lange zu überlegen. Willst du sterben? Hier und jetzt? Oder leben, auch wenn es bedeutet, im Exil zu leben, wie ich es tue? Von der Familie gehasst, ausgestoßen und vertrieben?“
    Ich fühlte mich schwach. Als verwandelte ich mich in einen Schatten. Ich verstand ihre Fragen nicht.
    „Leben oder Tod, Dante? Antworte. Wenn du zögerst, wird dir die Wahl genommen. Du wirst sterben. Sag es mir jetzt. Was soll es sein? Leben … oder Tod?“
    Ich bemühte mich, ein einziges Wort zu bilden, hörte aber nicht, wie es meine Lippen verließ, spürte nicht, wie sie sich bewegten. Alles, was ich tun konnte, war, das Wort zu denken und mir vorzunehmen, es laut auszusprechen. Leben.
    „Gut.“
    Sie bewegte sich. Meine Sicht verschwamm, und ich konnte nicht sehen, wohin sie ging und was sie tat. Dann drückte sie plötzlich etwas Warmes und Feuchtes an meine Lippen. „Trink, Dante. Dieses Elixier wird dir das Leben schenken. Trink“, flüsterte sie.
    Die warme schwere Flüssigkeit benetzte meine Lippen und belebte meine Sinne. Sofort folgte das erschreckende Gefühl, mehr zu brauchen. Ich schloss meinen Mund um die Quelle, die sie mir anbot, und trank davon wie ein Säugling. Leben schien in mir zu erwachen, gemeinsam mit einem Hunger, den ich nie vorher gekannt hatte. Meine Arme bewegten sich, meine Hände klammerten sich an ihre Beute, hielten sie fest an mein Gesicht gepresst, während sich die köstliche Flüssigkeit in meinen Mund ergoss.
    „Genug!“
    Sarafina packte meinen Schopf und riss meinen Kopf zurück. Erst in diesem Moment bemerkte ich, dass es ihr Handgelenk gewesen war, an dem ich mich so begierig gelabt hatte. Ihr Blut, das ich so durstig getrunken hatte. Sie entzog mir ihren Unterarm, nahm einen Schal aus ihrem Haar und wickelte ihn fest um die Wunde.
    Voller Entsetzen spürte ich, wie mein Magen sich zusammenzog. Ich wendete meinen Kopf von ihr ab und wischte mit dem Handrücken über meinen Mund.
    „Es ist in Ordnung, Dante“, flüsterte sie. „So wird unser Geschenk eben weitergegeben.“
    Ich sah hinab auf meine Hände, rot von dem Blut, das ich von meinem Mund gewischt hatte. Aber lebendig. Stark. Ich bewegte meine Finger, ballte sie zu Fäusten.
    „Was ist passiert?“, fragte ich sie leise. „Was … was hat das zu bedeuten?“ Und noch als ich es sagte, verließ die Taubheit meinen Körper. Das Gefühl kam zurück in meinen Oberkörper, meine Beine und meine Füße, stärker als zuvor.
    Meine Sinne surrten vor neuen Eindrücken. Meine Haut kribbelte, allein weil die Luft sie berührte. Meine Augen schienen viel intensiver zu sehen, präziser, als sie es je zuvor getan hatten. Und durch meine Adern floss reine Kraft.
    Sie riss mir mein Hemd vom Leib und den Stoff in Streifen, während sie zu mir sprach. „Es ist ein Geschenk, junger Dante, auch wenn die Alte es einen Fluch nennt. Ein Geschenk, das ich dir gegeben habe. Du wirst jetzt niemals sterben. Niemals älter werden. Und auch wenn deine Familie sich von dir abwenden wird, du wirst nie allein sein, wie ich es gewesen bin. Denn nun sind wir zu zweit. Für immer.“
    Den restlichen Stoff meines Hemdes ballte sie zusammen und drückte ihn in die Wunde an meinem Rücken, was mir enorme Schmerzen verursachte. Ich schüttelte verständnislos den Kopf. Sie band mehrere der Streifen eng um mich, die den
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