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Geheimnis des Feuers

Geheimnis des Feuers

Titel: Geheimnis des Feuers
Autoren: Henning Mankell
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José-
    Marias Laken gestohlen hatte.
    Erst bei ihrer Hütte blieb sie stehen. Sie musste sich vorbeugen um Luft zu bekommen.
    Bei der Feuerstelle, die aus alten Eisenringen und einigen gerissenen Zementblöcken gebaut war, stand ein Baum mit einem Loch. Dort hinein stopfte sie das Laken und verschloss das Loch mit Erde.
    Dann zog sie vorsichtig die Bastmatte beiseite und legte sich hin.
    »Was tust du?«, fragte Maria plötzlich.
    Sofia meinte, ihr Herz würde stehen bleiben. War Maria die ganze Zeit, während sie fort war, wach gewesen?
    »Ich musste nur mal«, antwortete sie.
    Aber Maria war schon wieder eingeschlafen.
    Sofia lag wach, bis die Dämmerung kam. Mehrere Male war sie kurz davor, loszulaufen und das Laken auf die Wäscheleine zurückzuhängen. Aber als die Dämmerung kam und Lydia die Hütte verließ, war das Laken immer noch im Baum. Sofia wartete, bis Lydia fort war, dann ging sie rasch hinaus, bevor Maria wach wurde, und wickelte sich das Laken um den Körper unter die Capulana, die sie trug.
    Einige Wochen später hatten sie Schulferien. José-Maria hatte sich nicht darüber beklagt, dass ihm ein Laken abhanden gekommen war. Sofia hatte jedes Mal Angst, wenn sie ihm begegnete. Sie hatte ein schlechtes Gewissen und sie war traurig, weil sie das Laken gestohlen hatte. Es wird immer sein Laken bleiben, sagte sie sich. Selbst wenn es ein Kleid wird, das Maria trägt.
    Als sie Totio das Laken brachte, fürchtete sie, er würde sie ausfragen, wie sie darangekommen war. Aber er sagte nichts, untersuchte es nur und nickte zufrieden.
    »Ich habe kein Garn«, sagte Sofia.
    »Das bekommst du von mir«, sagte Totio.
    Der Stoff war das Wichtigste.
    In dieser Woche nähte Sofia mit Totios Hilfe ein Kleid für Maria. Sofia durfte die Maschine nicht treten, aber Totio sagte, sie würde bestimmt nähen lernen. »Ich habe mit Xio gesprochen«, sagte Totio und nickte zur Nähmaschine.
    »Er meint, ihr beide würdet euch eines Tages vertragen.«
    »Ist die Nähmaschine ein Er?«, fragte Sofia. »Das glaube ich«, antwortete Totio erstaunt. Er schien noch nie darüber nachgedacht zu haben, ob die Nähmaschine nicht eine Sie sein könnte.
    »Er hat jedenfalls nicht gegen seinen Namen protestiert«, sagte Totio. »Und Xio ist kein Name für eine Frau.«
    Als Maria wissen wollte, was Sofia nachmittags trieb, sagte sie nur, es sei ein Geheimnis. »Es ist etwas für dich«, sagte sie. »Frag nicht mehr.«
    Das Kleid war fertig. Es war sehr schön. Sofia konnte es kaum abwarten, es an Maria zu sehen.
    Doch immer noch musste sie ein schweres Problem lösen.
    Wie sollte sie Maria erklären, woher sie das Kleid hatte?
    Wie konnte sie Lydia dazu bringen zu glauben, dass sie die Wahrheit sagte?
    Als sie mit dem Kleid in der Hand dastand, dachte sie, das Einzige, was ihr übrig blieb, war Totio um Hilfe zu bitten.
    »Mama Lydia wird vielleicht fragen, woher der Stoff ist«, sagte sie. »Ich habe einen Geldschein auf der Erde gefunden. Anstatt ihn Mama zu geben, habe ich dafür den Stoff gekauft. Sie könnte böse auf mich sein.«
    Totio lächelte. Wieder war sie traurig, dass lügen so leicht war.
    »Ich werde sagen, du hast ihn von mir bekommen«, sagte er. »Mach dir keine Sorgen.«
    An diesem Abend bekam Maria das Kleid. Sofia wollte nicht, dass Lydia es sah. Nicht bevor Maria es angezogen hatte. Sie gab es Maria auf dem kleinen Hügel am Fluss.
    Maria traute ihren Augen nicht. Aber als sie das Kleid angezogen hatte, passte es. Sofia hatte es an sich selbst anprobiert, es nur ein wenig größer gemacht. »Ich habe es selbst genäht«, sagte sie. »Das war das Geheimnis. Und den Stoff habe ich von einem alten Mann bekommen. Der hat eine Nähmaschine. Er heißt Totio. Erinnerst du dich an den Inder, der unter dem Baum saß und auf einer Maschine nähte? So eine Maschine hat Totio.«
    Sofia sah, wie sehr Maria sich freute. Maria wollte sofort nach Hause laufen und es Lydia zeigen. »Warte bis morgen«, sagte Sofia. »Dann ist Sonntag. Das wird eine Überraschung für Mama.«
    Lydia war mindestens genauso erstaunt wie Maria. Aber zu Sofias großer Erleichterung glaubte sie Sofias Erklärung. Am nächsten Tag ging sie zu Totio und bedankte sich bei ihm, weil er Sofia geholfen hatte das Kleid zu nähen.
    Sofia machte sich Sorgen, während sie auf Lydia wartete. Aber als Lydia zurückkam, lächelte sie.
    »Totio hat gesagt, dass du dich sehr geschickt angestellt
    hast«, sagte sie.
    »Ich möchte gern nähen lernen«, sagte
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