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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz
Autoren: Ake Edwardson
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würde er nicht mehr das Gesicht eines Jugendlichen haben. In den Zügen war eine neue Härte, die vielleicht für etwas Lohnendes eingesetzt werden könnte. Ein Gesicht mit ein wenig mehr Charakter und ziemlich viel Angst.
    »Ganz ruhig, ich will dir nur ein paar Fragen stellen.«
    Schweigen.
    »Ich komme gleich zur Sache. Eine Kriminalinspektorin ist verschwunden, und wir glauben, dass militante Faschisten sie mitgenommen haben.«
    Schweigen.
    »Ich sage ›wir‹, da ich in diesem Fall mit der Polizei zusammenarbeite. Wie du dich vielleicht erinnerst, war ich früher Polizist.«
    Schweigen.
    »Die Sache wird bald öffentlich gemacht, vermutlich schon heute Nachmittag. Du wirst nicht verdächtigt, aber ich möchte wissen, ob du mir helfen kannst.«
    »Nein.«
    »Nein? Nein was?«
    »Ich weiß nichts von einem Kidnapping oder was das nun ist. Ich hab keinen Kontakt mehr zu der alten Clique.«
    »Ich möchte einige Namen von denen haben.«
    »Aber keiner von den Jungs gibt sich mit so was ab.«
    »Was?«
    »Kidnapping.«
    Die Straßenbahn der Linie fünf rasselte vorbei. Pontus Nihlén rieb sich die Augen. Ein Minibus vom Schwedischen Rundfunk fuhr auf dem Weg in die Sendeanstalt um das Rondell. Wide rückte ein wenig näher.
    »Jetzt hör mir mal zu. Du hast doch bestimmt von den Überfällen auf Läden von Einwanderern gelesen oder gehört. Die verschwundene Polizistin war mit der Ermittlung beschäftigt.«
    »Diese Jungs sind nicht in der Lage, einen Haufen Lokale zu überfallen.«
    »Das glaub ich auch nicht. Aber vielleicht kennen sie jemanden, der in diese Richtung denken kann.«
    »Wie denn? Welche, die was planen?«
    »Die darüber gesprochen haben. Oder es gewünscht haben.«
    »Dann müssen Sie die fragen.«
    »Genau das will ich ja.«
    »Aber glauben Sie bloß nicht, wir gehörten zu einem inneren Kern oder so. Irgendwann mal ist jemand gekommen, oder mehrere, einer im Anzug, der hat von Politik geredet, aber dafür hat sich keiner von uns interessiert.«
    »Nenn mir nur ein paar Namen.«
    Pontus Nihlén gab nach und Wide fuhr ihn zur Vasagatan. Dort sah er ihn den Schulhof betreten und zum Schillergymnasium hinaufgehen, das karierte Hemd schaute unter der Jacke hervor und vor sich hatte er zwei Stunden Philosophie. Hatte er ohne eine Grimasse zu ziehen erzählt.
     
    Eine Viertelstunde lang hatte das Auto für Verwirrung gesorgt, aber jetzt war der Ort abgesichert. Abgesichert. Das war aber auch das Einzige, was sicher war. Der Besitzer von »Höjdens Pizzeria« hatte keine Frau gesehen und nichts gehört, da er nahezu bewusstlos mit dem Kopf auf eine halb bedeckte Napoletana gefallen war. Ein Auto hatte er gehört, quietschende Reifen hatte er weit entfernt gehört, aber er wusste nicht, in welcher Richtung.
    Ard war selbst nach Högsbo hinausgefahren, stand jetzt mit der Nase in Richtung Bokekullsgatan und fragte sich, ob er jemals erfahren werde, warum sie das Auto am Mariaplan abgestellt hatte und bei dem Sauwetter zu Fuß gegangen war. Aber das würde sich jetzt jedenfalls ändern: Es war schon der siebte Dezembertag und die Stadt wurde zusehends matschiger. Die Regenperiode war vielleicht vorbei, gefolgt von einem nicht warmen, nicht kalten Kein-Wetter-Land dort oben am Himmel auf halbem Wege zu Jesus, so, wie es die letzten Wochen auf der Wanderung nach Bethlehem zu sein pflegt, dachte Ard. Er kroch unter der Absperrung hindurch, die schon nach einem Tag herunterhing, setzte sich ins Auto und blieb sitzen, die linke Hand auf dem Steuer.
    Er holte die Briefkopie aus der Innentasche seines Mantels und entfaltete sie. Durch eine Klappe von einem jungen Mädchen übergeben, das den Brief von jemand anderem bekommen hatte, der ihn wiederum von jemandem bekommen hatte. So war es verabredet gewesen. Sie hatten schnell gehandelt. Die gehen mit der Zeit, dachte er und steckte das Ann-Peebles-Band in den Kassettenrekorder; reifer Soul mit kaum hörbarem Boden füllte das Auto. Die verfolgten die Nachrichten. Eine Selbstverständlichkeit für Aktivisten.
    Die Sätze waren verhältnismäßig ordentlich formuliert, und Sten Ard spürte Übelkeit aufsteigen, als er den Text zum siebten oder achten Mal las:
     
    Wir wollen nicht, dass Missverständnisse entstehen. Mit der verschwundenen Polizistin haben wir nichts zu tun. Das ist nicht unsere Methode. Wir kämpfen nicht gegen die weiße Rasse. Wir werden nicht mehr von uns hören lassen. Unser Auftrag ist jetzt beendet.
     
    Computerschrift. Mac, hatte man im
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