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Geflüster auf Burg Schreckenstein

Geflüster auf Burg Schreckenstein

Titel: Geflüster auf Burg Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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eigentlich ganz witzig. Ich würde sofort reinbeißen.“
Die Wand schwenkte auf der rechten Seite hinaus und auf der linken herein. Hier schlüpfte Andi unbemerkt durch. Paules Kasten, genau in der Mitte angeschraubt, schwenkte mit.
„Ach ja“, sagte Anke beiläufig. „Die Sense haben wir deinem neuen Freund abgenommen. Er könnte dich sonst damit verletzen, wenn du zu stürmisch wirst. Viel Spaß!“
Nach etwa hundert Grad Drehung, schoben die Ritter auf der linken Seite weiter, die bereits in die Folterkammer ragte. Dann schloß sich die Wand.
Abgeschnitten von der Welt standen Beatrix und Paule im Kasten. Der Vorraum zwischen Burgfried und Fluchstollen roch modrig. Es war feuchtkalt, stockfinster und totenstill. Daß Andi ihr auf drei Meter gegenüberstand, wußte Beatrix nicht. Mit einem Ventilator in der Hand, war er Geist und Aufpasser zugleich. Bereit, sie zu beruhigen, falls ihr das Gruselspiel zu viel werden sollte.
„Anke, dein Auftritt!“ sagte Ottokar nebenan in der jetzt hell erleuchteten Folterkammer. Er gab ihr das Mikrophon in die Hand.
Mücke hatte Andis Notenständer aus der Eisernen Jungfrau geholt, Ingrid hatte die abgetippten Seiten draufgestellt und stand zum Umblättern bereit.
„Zuerst Gruselgeflüster! Nicht so unprofessionell!“ rügte sie.
„Du hast recht, obwohl du meine Schwester bist!“ bestätigte Mücke. „Gänsehaut schmort man bei kleiner Flamme.“ Ottokar startete die von ihm vorbereitete Geräuschmontage aus Wind, Knarzen, Heulen, Wassergeplätscher, Schwertergeklapper und schweren Schritten, die näher kommen. Hinter der Wand schaltete Andi den Ventilator ein und bewegte ihn, daß die Luft, mal stärker, mal schwächer auf Beatrix blies. Ein Kontrollmikrophon an der Decke des Kastens übertrug ihre Reaktionen in die Folterkammer. Ottokar hatte wirklich an alles gedacht.
Dampfwalze grinste zufrieden. „Wie viele Zähne hat der Mensch eigentlich? Da klappern mindestens fünfzig.“
„Singular leichtgläubig!“ meinte Esther. „Die hält ja noch den Osterhasen für einen verspäteten Nikolaus.“
Ingrid dachte präziser. „Bei Gespenstern ist sie genau so wirklichkeitsfremd wie bei Rittern.“
Vielleicht ein Trauma durch einen Traum in der Kindheit?“ überlegte Florian als Amateurpsychologe. Er und Stephan sorgten für heiße Bouillon.
Ottokar gab ein Handzeichen. „Ihr könnt langsam anfangen. Die Geräuschkulisse laß ich drunter weiterlaufen.“ Wie eine Sängerin stand Anke hinter dem Notenständer und begann mit ihrer dunklen Stimme Einzelheiten aus Beatrix’ Leben aufzuzählen, die Florian von seiner Tante mitgebracht hatte. „Du warst schon als Kind sehr ängstlich und hast dich nachts immer an deinen Stoffbären Bibi geklammert…“
Solche Daten sollten beweisen, daß die Geister genau Bescheid wußten.
Anke sprach langsam, in geheimnisvollem Gruselton, der von Ottokar mit Hall und anderen Effekten technisch verfremdet wurde, daß es selbst Unbetroffenen kalt über den Rücken lief. Florian und Stephan verteilten Tassen.
„Hm. Streich mit Suppe — das hat man selten!“ stellte Martina fest. „Ist auch gut gegen Gänsehaut“, meinte Esther.
Über Masern, Keuchhusten und Zahnspange kam Anke zu Beatrix’ charakterlichen Eigenheiten. „Du bist sehr rechthaberisch und gibst gern an. Dazu ist dir jedes Mittel recht…“
Florian gab es einen Ruck. Waren das doch genau die Eigenschaften, die er an sich befürchtet hatte.
„Und wenn etwas nicht nach deinem Dickkopf geht…“, las Anke ihr weiter die Leviten, „…, dann drehst du durch und schadest dir damit selbst am meisten…“
„Ja… ja…“, stammelte es gebrochen aus dem Kontrollautsprecher, daß die Kratzbürsten nur so feixten.
„Mit deinem Egoismus, deiner Rücksichtslosigkeit stößt du viele vor den Kopf. Wenn du dich nicht änderst, wirst du eines Tages keinen Freund mehr haben…“, fuhr die dunkle Geisterstimme fort.

„Ja… ja… nein… nein… ich…“, stammelte es aus dem Kontrollautsprecher.
„Sie hält alles für Wirklichkeit, die Arme!“ flüsterte Sophie.
„Das macht das Gruselambiente!“ flüsterte Ingrid. „Mit uns wäre das nie gegangen.“
„Genau das hat meine Tante auch gesagt“, bestätigte Florian. „Wir dürfen sie nur nicht so lang zappeln lassen.“
„Keine Sorge“, sagte Ottokar. „Auch als Helfershelfer für Rosenfels bleiben wir doch Ritter!“
Geister-Anke fuhr fort: „Du mußt endlich lernen, auf die Wünsche anderer Rücksicht zu nehmen,
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