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Geflüster auf Burg Schreckenstein

Geflüster auf Burg Schreckenstein

Titel: Geflüster auf Burg Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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meinte Agathe. „Ein Kunde hat ihr einen dicken Scheck gegeben, weil sie seine Firma gerettet hat.“
    „Hoffentlich ist ihr dann unser Streich nicht zu albern.“
    Agathe schwieg zu dieser Befürchtung. Sie bog in die Lichtung ein und rollte auf den Parkplatz der Pension Schicksal.
    Dann kam alles anders. Florian hätte nur noch gestaunt, wäre es ihm hier nicht schon öfter so gegangen.
    Die lustige Tante mit den hellgrünen Augen, als Hellseherin unter dem Namen Madame Thekla weithin bekannt, sagte „herein“ bevor er anklopfte, und erklärte ihm, was er sie fragen wollte, noch ehe er den Mund aufmachte.
    „Ja, Flori ! Es hat mich gefreut, als ich fühlte, daß du kommen wirst. Eine gute Idee, die du da hast! Das Mädchen hat sich total verrannt und muß ein bißchen geschüttelt werden. Von innen. Und das heißt in diesem Fall von außen. Was dich betrifft, du machst dich gut als Ritter. Du hast jetzt auch mehr Selbstvertrauen, seit Dampfwalze dein Freund ist. Als Neuer braucht man das. Aber jetzt zu euerem Streich. Leider hab’ ich nur zehn Minuten Zeit für dich. Schalte dein Aufnahmegerät ein, ich sag’ dir, was du wissen willst. Und auch noch etwas: Du fürchtest ganz richtig, daß Fräulein Doktor Horn Schwierigkeiten machen könnte. Also…“

    Sie legte ihre Fingerspitzen an die Schläfen, starrte auf die Kristallkugel und gab ein Lebens- und Charakterbild von Beatrix, als seien Vergangenheit und Zukunft dasselbe und ihre Gedanken stünden ihr auf die Stirn geschrieben.
    Nach ungefähr acht Minuten nahm sie die Fingerspitzen von den Schläfen, Florian konnte abschalten. Er stand auf und umarmte sie. „Tante, du bist der Mount Everest in unserer Verwandtschaft.“
    Sie gab ihm einen Kuß. „Nanu, Schreckensteiner schwindeln doch nicht? Du weißt genau, daß ich in der Familie als schwarzes Schaf gelte!“
    Florian lachte. „Mit dem schwarzen Schaf kann man wenigstens reden! Neben dir sind alle andern… nur Schafe.“

    Auf Schloß Rosenfels verdichtete sich die Vorfreude immer mehr. Obwohl alle freundlich zu ihr waren, wurde Beatrix von Tag zu Tag einsilbiger. Gerade diese Freundlichkeit war ihr zunehmend unheimlich.
    Ingrid hatte irgend etwas mit der Schreibmaschine abgetippt und die Blätter Anke gegeben, die abends im Wirtschaftsgebäude mit ihrer dunklen Stimme halblaut daraus las.
    Auf der Burg blieb während des Abendessens plötzlich das Licht weg.
    „Ottokar!“ flüsterte Mini Herbert. Und der Bastler Eugen erläuterte, es handle sich nur um eine Abzweigung vom Hauptnetz, man werde seinen Mund gleich wieder finden.
    Alle Hände voll zu tun hatte Strehlau . Neben Proben für das Konzert, allein und mit den Minis , machte er sich ständig Notizen für die Schulchronik. Die jüngste Beobachtung stand auf einem Zettel: Alle wissen, was kommt. Auch daß es eigentlich kein Streich ist, eher ein Denkzettel im Auftrag, mit Streichcharakter…
    Dann war es endlich soweit.
    Leise legte das überfüllte Elektroboot am Schreckensteiner Steg an. Ohne ein Wort zu sagen, stiegen Sophie, Ingrid und Anke aus. Ihnen folgten die drei Kratzbürsten, Martina, Esther und Doris. Sie trugen ein in Decken verschnürtes, lebendes Paket, bei dem nicht einmal der Kopf rausschaute.
    „Ihr seid aber sehr hart!“ flüsterte Ottokar.
    „Hunde, die beißen, bellen auch“, antwortete Anke. Das Pflaster an ihrer Hand bewies, daß sie wußte, wovon sie sprach.
    Die Kratzbürsten hievten ihre Last auf den Steg und trugen sie horizontal den Hang hinauf.
    „Wenn wir sie selber gehen lassen, weiß sie, wo sie ist!“ erläuterte Sophie.
    An den Korridorfenstern des Süd-, West- und Nordflügels standen Ritter und verfolgten den stummen Zug, der sich vom Durchgang zur steilen Treppe unter dem Kreuzgewölbe bewegte.
    In der Folterkammer herrschte gespenstisch düstere Beleuchtung. Zur Sicherheit hatte Ottokar seine Geräte hinter dem Tisch auf einem der steinernen Richtersessel versteckt. Der Kasten an der Wand stand offen. Paule lehnte sich jedoch nicht heraus, er stand vielmehr in einer Ecke, als wolle er jemandem Platz machen. Mit einem Gummiband um den Unterkiefer hielt er einen Schokoladenbarren, gefüllt mit Karamel und Nüssen, wie eine Zigarre zwischen den Zähnen. Seine rostige Sense lehnte draußen am Stock mit den Daumenschrauben.
    Die Kratzbürsten wickelten ihr Opfer aus der Decke, beließen jedoch den Strumpf über ihrem Gesicht und die Handfessel auf dem Rücken. Beatrix, die mit zugeklebtem Mund nicht
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