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Gefangen im Terror (German Edition)

Gefangen im Terror (German Edition)

Titel: Gefangen im Terror (German Edition)
Autoren: Maya Trump
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richtete sein Gewehr auf den Jungen, er rief: „Wenn du herunter springst, erschieße ich dich, wenn du fällst, fliegen auch die anderen in die Luft.“ Dann grinste er hämisch und wir starrten wie gebannt auf den balancierenden Jungen. Die Bücher waren nicht ordentlich aufgestapelt und jede Bewegung konnte den Turm zum Einsturz bringen.
    Es geschah, was geschehen musste. Der Junge war ganz grau im Gesicht und zunehmend verließ ihn die Kraft. Nach etwa einer Stunde brach der Bücherstapel unter dem Jungen zusammen. Die Explosion, die dadurch ausgelöst wurde riss ihm ein Bein ab, die daneben sitzende Frau wurde durch den Druck gegen die Wand geschleudert und ihr Kopf hatte eine große Platzwunde. Wir hatten den Fall des Jungen kommen sehen und waren alle aufgesprungen. Aus der Turnhalle kamen weitere Terroristen gelaufen und zerrten den Jungen den Gang hinunter. Es entstand ein Riesen-Durcheinander. Die Kommunikation unter den Geiselnehmern wurde lautstark in Arabisch geführt. Ich verstand nur, dass nicht alle mit Spielen dieser Art einverstanden waren. Der Dicke wurde jedenfalls ausgetauscht und kam nicht zu uns zurück.
    Die Anspannung der Geiselnehmer erhöhte sich bei Einbrechen der Dunkelheit. Hier drinnen würde die ganze Nacht das Licht brennen. Die Angst vor einer Erstürmung war nachts noch größer, denn die Sicht nach draußen war durch die Dunkelheit versperrt. Sie sahen nicht einmal bis zur Straße. Sie konnten nicht kontrollieren, was vor sich ging. Unsere Peiniger lugten immer wieder aus den verbarrikadierten Fenstern und beobachteten genau jede Bewegung auf der Straße. Oft schossen sie einfach hinaus in die Dunkelheit. Wir konnten nicht erkennen, auf was sie zielten. Die Schüsse wurden immer sofort erwidert und manche Kugeln schlugen über uns an der Decke ein. Ich hatte schreckliche Angst, dass durch so ein Geschoss die an der Decke hängenden Sprengstoffpakete getroffen und explodieren würden. Aber irgendwie landeten die Kugeln immer in der Mauer. Eine Frau war durch einen Querschläger am Nacken verletzt worden. Sie war ohnmächtig geworden. Die Bewacher hatten sie nicht beachtet und wir durften nicht zu ihr. Die Fenster waren inzwischen alle eingeschlagen oder zerschossen, doch wir hörten von außen keine Stimmen oder andere Geräusche.
    Die „Schwarze Witwe“ mit der Kalaschnikow, die sich als einzige hingesetzt hatte, rutscht indessen unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. Es hält sie nicht länger auf dem Sitz. Sie steht auf und geht den Gang hinunter in Richtung Toiletten.
    Dann zerreißt uns eine gewaltige Detonation fast das Trommelfell. Wir sind wie gelähmt. Kleiderfetzen, Metallteile, Hautstücke und Blut fliegen in alle Richtungen. Ismael kriecht unter meinen Rock. Die Wachen rennen und schreien wild durcheinander. Wir Geiseln verharren an unseren Plätzen.
    Die „Schwarze Witwe“ ist explodiert. Sie war eine lebende Bombe und hat sich selbst in die Luft gesprengt. Es musste aufs Versehen passiert sein, denn außer ihr starb bei der Sache niemand. Die Explosion war so heftig gewesen, dass nicht viel von ihr übrig blieb. Vom Kopf lag nur die obere Schädelhälfte mit dem Haaransatz auf dem Boden. Ein abgetrennter Arm war zwischen den Wachen gelandet. Sie stießen ihn angeekelt auf die Seite.
    An den Barrikaden, an den Wänden, überall lief Blut herab, an der Decke klebten Hautfetzen und Haarbüschel.
    Die Wachen holten sich die letzten männlichen Geiseln aus der Turnhalle, um die Überreste der Terroristin aufsammeln zu lassen. Es waren zwei ältere Männer, die langsam dahergeschlurft kamen. Sie verzogen keine Miene und sammelten die Reste mit bloßen Händen auf. Niemand wischte das Blut weg, es vermischte sich mit dem Staub und Urin auf dem Boden. Die Kinder weinten wieder. Der Schock ist zu groß und der Durst wird immer schlimmer.
    Wieder wagt es eine Frau im allgemeinen Durcheinander zur Toilette zu gehen, aber sie wird sofort unter Drohungen an den Haaren zurückgeschleift. Die Bewacher kennen kein Erbarmen. Ich musste wegsehen.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges liegen zwei Mädchen, die im letzten Jahr in meiner Klasse waren. Es sind Zwillinge. Sie halten sich gegenseitig an der Hand, aber sie bewegen sich nicht mehr. Die Mutter sitzt verzweifelt daneben. Sie sind ohnmächtig und sie kann nichts tun. Die Wache lässt sie kein Wasser holen. Sie sagt zu dem Terroristen im Tarnanzug: „Die Kinder verstehen das hier nicht, sie werden verdursten.“ Die
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