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Gefangen im Terror (German Edition)

Gefangen im Terror (German Edition)

Titel: Gefangen im Terror (German Edition)
Autoren: Maya Trump
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„Dschihads“, des heiligen Krieges, die Rede war. Wenn der Verlag dann seine Berichte zensierte und ihm Fanatismus vorwarf, war Chamil sehr ungehalten. Er hielt es für sein persönliches Recht, die „Wahrheit“ zu schreiben.
    Sein Freund Achmed war an einem Grenzposten als Nachrichteningenieur beschäftigt und Chamil erzählte mir immer wieder, welche gefährlichen Aufgaben er zu erledigen hatte. Außerdem kam es gerade an diesem Grenzübergang auch oft zu Schießereien zwischen Aufständischen und Milizen. Er traf sich dort mit Achmed, um Informationen für seine Artikel zu erhalten. Ich hatte immer Angst um Chamil, wenn er sich wieder einmal mit Achmed traf. Wenn er von ihm zurückkam, sprühte er nur so vor neuen Ideen und sein Fanatismus war offensichtlich. Ich vermied es dann, ihn zu fragen, was er getan hatte, denn er machte daraus gerne ein Geheimnis und sagte: "Fatma, du bist eine Frau, wir wollen es nicht übertreiben!" Ich hasste es, als dumm hingestellt zu werden, aber Chamil zu Liebe, widersprach ich ihm nicht.
    Ich hatte diesen Freund noch nie zu Gesicht bekommen, obwohl er schon in Tbilisi mit Chamil das Zimmer geteilt hatte. Aber es war auch nicht üblich, dass Freunde des Mannes der zukünftigen Braut vorgestellt wurden. Für Chamil und mich galten in unserer Stadt die strengen Regeln des Islam. Nicht einmal meine Mutter kannte die Freunde meines Vaters und wenn er im Cafehaus saß, wäre sie nie auf den Gedanken gekommen, ihn zu begleiten. Sie fragte auch nie nach, was er dort so lange getan hatte. Und mein Vater ging jeden Tag schon morgens weg. Manchmal kam er erst abends wieder und hatte keine Geschäfte erledigt, sondern nur im Caféhaus gesessen.
    Meine Eltern hatten nach langem Zögern unseren Hochzeitstermin für Anfang Dezember festgesetzt und dann würde sich mein Leben entscheidend verändern. Ich würde meine Familie verlassen und mit Chamil in Makatschkala am Schwarzen Meer ein neues Leben beginnen. Dort hatte Chamil endlich einen Vertrag als Journalist bei einer großen Zeitung bekommen. Dann würde sein Bruder Mehmet die Verantwortung für die Familie übernehmen.
    Während ich noch in Gedanken bei Chamil war und versuchte mich von einer Seite auf die andere zu drehen, hatte sich Mustafa unbemerkt entfernt und ein anderer Terrorist war an seine Stelle getreten. Er war ziemlich klein und untersetzt und die Jacke seines Tarnanzuges wurde von seinem aufgeblähten Brustkorb fast gesprengt. Wenn ich gehofft hatte, dass der eine oder andere Bewacher weniger furchteinflößend wäre, sah ich mich enttäuscht. Dieser bedrohlich aussehende Mann würde kein Erbarmen mit uns haben. Er marschierte mit seinen hohen Stiefeln zwischen uns hindurch und bewegte seinen Kopf ruckartig nach links und rechts mit betont militärisch abgehackten Bewegungen.
    Über ihm hingen an Drähten befestigt mehrere Sprengstoffpakete. Die Terroristen hatten diese Pakete installiert, während wir auf dem Korridor am Boden saßen. Auch in der gegenüberliegenden Ecke, wo sich die Bewacher immer aufhielten, lag ein großes Paket auf dem Boden. Die Drähte waren an einem Fensterkreuz befestigt und die Terroristen warnten uns immer wieder davor, sie zu berühren. Die Ladung würde dann explodieren. Sie selbst waren auch auf der Hut, dem Paket nicht zu nahe zu kommen. Andererseits drohten sie damit, alles in die Luft zu jagen, wenn wir versuchen würden zu fliehen. Wenn es zu einer Explosion kommen sollte, hoffte ich, dass wenigstens viele der Terroristen dabei den Tod fanden und wir vielleicht nur verletzt würden.
    Im hinteren Teil des Ganges lagen noch verstreut Bücher herum, die beim Bau der Barrikaden übrig geblieben waren. Der dicke Terrorist forderte einen etwa 12-jährigen Jungen auf, die Bücher aufzustapeln, was dieser tat. Er sollte den Stapel mitten im Ganges aufrichten. Als der Stapel etwa 50 cm hoch war kam der Terrorist mit kleinen Sprengpackungen und legte sie dicht um den Buchstapel. Wir sahen ihm alle angespannt und ungläubig zu. Als er damit fertig war, packte er den Jungen am Armgelenk und sagte zu ihm: „So nun steig mal hinauf und halte gut das Gleichgewicht.“ Der Junge begann zu weinen und eine Mutter rief: „Nein, bitte nicht!“ Es half nichts. Der Terrorist brüllte den Jungen an: Steig hinauf, sonst bist du tot!“. Der Junge stand mit wackeligen Knien einen halben Meter über dem Boden und blickte hilflos auf die ihn umgebenden Geiseln. Der Terrorist zog sich in seine Ecke zurück und
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