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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis
Autoren: John F. Case
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Computer, griff unter die Theke und holte eine weiße Plastikkarte mit Nicos Namen in erhabener Schrift quer über dem Resort-Logo.
    »Das ist Ihr Schlüssel«, sagte er. »Es ist auch eine Art Kreditkarte. Sie können sie für alles im Resort benützen — Drinks, Kleidung, Golfstunden — was Sie wollen! Sie legen einfach Ihren Schlüssel vor, und es gehört Ihnen.«
    »Danke!«, erwiderte Nico und griff mit einem strahlenden Lächeln nach der Karte. Aber der Mann hielt sie einen winzigen Moment zu lange fest, flirtete mit ihr.
    »Noch irgendwelche Fragen?«, erkundigte er sich.
    Nico lachte, ein melodisches Kichern. Sie zog etwas fester an der Karte, und er ließ los. »Falls mir was einfällt«, sagte sie, »rufe ich Sie an.«
    »Ich würde mich freuen«, antwortete er.
    Sie fuhr mit den Fingern über die erhabene Schrift ihres Namens und sah auf. »Das Zimmer geht doch auf den Strand, ja?«
    »Absolut.«
    »Also nach Westen ...?«
    Der Mann nickte.
    »Schön«, sagte sie, »ich freue mich nämlich schon riesig auf die Sonnenuntergänge. «
    »Tja, Sie werden nicht enttäuscht sein«, erklärte er.
    Kurz darauf trat sie aus dem Büro und sah den Pagen, der ihr Gepäck auf einen Handwagen verladen hatte und auf sie wartete. In der Nähe stand der BMW im Schatten unter einer Bougainvilleenlaube.
    »Fährt sich schön«, bemerkte der junge Mann.
    »Danke.«
    Gemeinsam gingen sie den Weg entlang zum Flagler Tower, plauderten Belangloses über Immobilien und das Wetter. Als sie vor dem Fahrstuhl warten mussten, begann Nicos Armbanduhr zu klingeln, ein hartnäckiges, elektronisches Zwitschern, das sie daran erinnerte, ihre Medikamente zu nehmen. Der Page lächelte. »Werfen Sie sie weg«, schlug er vor.
    »Ich wünschte, ich könnte!«
    »He, wir sind hier in Florida! Hier hat man keine Termine! Man lässt sich ... einfach treiben.«
    Sie lachte höflich, aber die Wahrheit war, dass sie sehr wohl Termine hatte. Jeden Nachmittag um vier hatte sie einen Termin mit ihrem Laptop und zweimal am Tag einen Termin mit ihren Medikamenten. Es handelte sich um ein Lithium-Präparat, das ihr die Klinik verschrieben hatte. Duran sagte, das Mittel sei zur Behandlung von »bipolarer Störung« oder auch manischer Depression, was bedeutete, dass sie Probleme mit Stimmungsschwankungen hatte. Wie jeder Mensch hatte sie ihre Höhen und Tiefen, nur dass die Höhen in ihrem Fall irgendwo im Orbit waren und man von ihren Tiefen eine Staublunge bekommen konnte. Das Lithium sorgte dafür, dass sie ausgeglichen blieb - was gut war, wenn man Ausgeglichenheit mochte.
    Aber das war bei ihr eigentlich nicht der Fall. Sie war eine Frau, die Höhenflüge liebte. Und tatsächlich fühlte sie sich im Moment ziemlich gut, während sie so neben dem guten alten Travis stand und auf den Aufzug wartete.
    Was die Frage aufwarf: Warum sollte sie es nicht so halten wie die Einheimischen und sich einfach ... treiben lassen? Wie der Page gesagt hatte. Das Positive betonen — das Negative ausblenden. Und nur das Negative. Es wäre nicht das erste Mal ...
    Sie drückte auf den kleinen Knopf an ihrer Uhr, und der Signalton verstummte. Gleich darauf glitten die Türen auf, und die beiden stiegen ein. Langsam setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung und hielt schließlich ruckelnd im achten Stock. Nachdem sie in dem offenen Gang um zwei Ecken gebogen waren, erreichten sie eine Tür mit der Aufschrift 806-E. Der Page schob die Schlüsselkarte ins Schloss und wartete, bis die Leuchtdiode grün blinkte. Dann stieß er die Tür auf und ließ Nico den Vortritt.
    »Oh, wow! «‚ entfuhr es ihr, als sie in das Wohnzimmer fegte und eine kleine Drehung vollführte. »Es ist wunderschön!«
    Und das war es wirklich. Die Suite war groß und luftig, eine Sinfonie aus blassen Blau- und dezenten Rosatönen, mit einem langen Balkon, viel Rattan und einem herrlichen Blick über das Wasser Richtung Mexiko. Nico entriegelte die hohen Balkontüren, schob sie auf und trat hinaus ins Sonnenlicht.
    »Möchten Sie, dass ich Ihnen alles zeige?«, fragte der Page und stellte ihr Gepäck auf einen Ständer gleich neben der Tür.
    »Danke«, sagte sie und trat wieder ins Zimmer. »Ich komme schon zurecht.«
    Der Page zuckte die Achseln und bedachte sie mit einem jungenhaften Lächeln, das ein klein wenig zu routiniert war. »Ganz wie Sie möchten.« Die Frage war rhetorisch gewesen, um das Gespräch in Gang zu halten. Er kannte die Art von Gästen, die sich gern alle Annehmlichkeiten zeigen
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