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Gefällt dir, was du siehst?

Gefällt dir, was du siehst?

Titel: Gefällt dir, was du siehst?
Autoren: Alex Bernhard
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„Als Visitenkarte oder als Outlook-Kontakt?“
    „Schreiben Sie mir die Nummer einfach auf, bitte“, säuselte es von der Seite.
    „Äh, ja, natürlich. Gerne.“
    Eine Sekunde. Zwei Sekunden. Drei Sekunden.
    „Herr Strecker?“
    „Ja, Frau Groß?“
    „Wenn Sie mir die Nummer aufschreiben wollen, sollten Sie vielleicht die Hände von der Tastatur nehmen.“ In ihrer Stimme schwang spielerischer Tadel mit – und größtes Amusement. Das ärgerte mich. Sehr sogar. Was dachte diese dämliche Tippse sich eigentlich: Kam hier rein, gab sich schlüpfrig und machte sich über mich lustig! Nicht mit mir, Mädchen.
    Ich wandte mich ihr und ihren Brüsten wieder zu, ignorierte beides so gut wie möglich und griff nach einem Stift und den gelben Notizzetteln. „Eins, drei, vier, acht, eins, sechs“, sprach ich die Nummer betont geschäftsmäßig mit, um der seltsamen Situation jede unangebrachte Spannung zu nehmen. Dann sah ich ihr – ohne Umweg über den verlockenden Balkon – fest in die wieder bebrillten Augen. „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“
    Sie richtete sich auf und nahm den Zettel entgegen, den ich ihr entgegenstreckte. „Danke, Herr Strecker, das ist sehr nett von Ihnen. Wissen Sie, im Interviewraum muss etwas repariert werden, aber wir hatten dort heute den ganzen Tag eine Session, darum bin ich nicht dazu gekommen, mich zu kümmern. Wünschen Sie mir Glück, dass ich bei Hönsberg noch jemanden erreiche. Diese Woche sind nonstop Kundeninterviews, aber am Donnerstagabend kann der Techniker dann kommen.“
    „Äh, ja“, sagte ich. Warum erzählte sie mir das alles? Ich verkniff mir den bissigen Kommentar, dass sie sich auch direkt um unsere Telefonanlage kümmern könnte; seit einigen Tagen war diese dazu übergegangen, willkürlich Gespräche miteinander zu verbinden. Als ich einen Termin bei meiner Chefin ausmachen wollte, hörte ich am anderen Ende der Leitung auf einmal unseren Personalleiter mit einer Headhunterin telefonieren; Hedi erzählte gestern prustend, sie sei unabsichtlich Zeugin geworden, wie einer unserer Durchläufer am Telefon von einer gewissen Estelle abserviert wurde: „Und, Junge, Junge, die hat ihm vielleicht einen eingeschenkt, das war nicht von schlechten Eltern.“
    „Diese Situation ist unhaltbar“, merkte ich streng an.
    „Nun haben Sie sich mal nicht so, Michael, das ist doch ganz lustig. Haben Sie nicht Bettgeflüster gesehen mit der Doris Day?“
    „Hedi, manchmal vergessen Sie, dass wir hier sind, um zu arbeiten“, tadelte ich sie, wenn auch ohne strenge Stimme.
    „Und manchmal vergessen Sie, dass wir nicht nur dazu da sind, um zu arbeiten, Chef .“ Sie verdrehte die Augen gen Himmel und warf die Hände in gespielter Verzweiflung in ebendiese Richtung, was mich immer zum Lächeln brachte. So auch in dieser Situation..
    „Na, sieh einer an“, riss mich mein Gegenüber aus meinen Gedanken.
    „Bitte?“, fragte ich nach.
    „Sie können ja richtig nett aussehen für so einen angekrampften Aktenschubser“, sagte Saskia Groß. „Verraten Sie mir eins: Steckt in Ihnen hinter all dieser Seriosität und Dienstbeflissenheit vielleicht doch noch ein … Büro hengst ?“
    Was zu weit ging, ging zu weit! „Frau Groß, Sie sollten wirkl…“
    „Ach, warum so förmlich“, lächelte sie über meinen Ärger hinweg. „Mein Name ist Saskia. Sie heißen Michael, richtig?“ Ohne meine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und ging. Ihr strammer, runder Po, der von dem knappen Rock provozierend umspannt wurde, zog meinen Blick an wie ein Magnet.
    „Michael ist so ein Knabenname. Ich werde Sie Mike nennen“, hörte ich sie über die Schulter sagen, als sie das Büro verließ und in den für mich nicht mehr einsehbaren Korridor zu den Aufzügen abbog. „Das passt viel besser zu Ihnen.“
    Diese Frau macht Schwierigkeiten, dachte ich. Große Schwierigkeiten.
    Kopfschüttelnd wollte ich mich wieder auf das Protokoll konzentrieren. Aber so sehr ich es auch versuchte – meine Gedanken fanden immer wieder eine Möglichkeit, zu Saskia Groß zurückzuspringen. Außerdem fand ich einfach keine vernünftige Sitzposition mehr, so oft ich auch zwischen meine Beine griff, um das, was mir dort Probleme bereitete, irgendwie bequem zurechtzurücken.
    Wann hast du das letzte Mal so einen Weltklasseständer gehabt?, wollte die Stimme in meinem Hinterkopf wissen.
    Es wurde Zeit, nach Hause zu gehen.
     
    Karen lag auf dem Sofa und schaute fern. Nachdem ich in der Küche ein
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