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Gefaehrtin der Nacht

Titel: Gefaehrtin der Nacht
Autoren: Melissa de La Cruz
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bestellst, fliegst du raus.«
    Oliver nickte zum Dank und betrat die Bar. Der Türsteher war nicht die einzige Neuerung. Jetzt standen drei Barkeeper hinter dem Tresen. Zwei ältere Männer mit Fliegen um den Hals und ein hübsches Mädchen, das die unnahbare Schönheit einer angehenden Schauspielerin hatte, aber nicht Freyas Charme. Sogar die Gäste hatten sich verändert. Sie trugen glatt gebügelte und glänzende Designerfummel, während sie pastellfarbene Drinks aus Martinigläsern tranken. Es gab sogar eine in Leder gebundene Getränkekarte mit diversen Markenspirituosen.
    Oliver befand sich in einem Meer aus Fremden. Wo waren die streitenden Journalisten der Boulevardblätter, die alten Männer mit den langen Gesichtern, die Jugendlichen an der Dartscheibe? Apropos, wo war die Dartscheibe überhaupt? Und wo der Billardtisch? Sicher, die Weihnachtslichter waren immer noch da, doch nun gab es auch einen mechanisch singenden Weihnachtsmann. Statt den unkonventionellen, nostalgischen Charme einer etwas heruntergekommenen Spelunke auszustrahlen, wirkte das Holiday nun wie eine schlechte Kopie dessen, was es einmal gewesen war.
    Oliver schüttelte den Kopf und drängte sich zu einem der modernen Barhocker am Tresen durch. Er bestellte ein Wasser und wartete. Auch wenn sich das Holiday verändert hatte, Freya war immer hier. Sie musste hier sein.
    Stunde um Stunde verging. Die Gäste verließen die Bar. Die Barkeeper beäugten ihn misstrauisch. Doch Oliver blieb bis zur letzten Ausschankrunde sitzen.

5
Sehnsucht
    O liver wusste nicht, wie lange er auf dem Gehsteig mit einem Strauß Lilien gestanden und gewartet hatte, doch gegen vier Uhr morgens erschien sie endlich. Sie trug die übergroße Armeeweste wie neulich Nacht, doch diesmal hatte sie nicht die Kapuze auf dem Kopf und ihre Locken tanzten sanft im Wind.
    »Was machst du denn hier?«, fragte sie. Oliver war erleichtert, dass sie nicht verärgert, sondern nur leicht belustigt klang. »Halt das mal.« Sie drückte ihm ihre Einkaufstüte in die Hand, bevor sie den Schlüssel aus ihrer Tasche kramte.
    »Ich habe im Holiday auf dich gewartet. Du bist nicht aufgetaucht«, sagte er. »Habe ich etwas falsch gemacht? Möchtest du mich nicht sehen?«
    Freya schüttelte den Kopf und schloss die Haustür auf. Sie liefen das schmale Treppenhaus hinauf.
    »Wie hast du mich gefunden?«, fragte sie, als sie vor ihm in die Wohnung ging.
    Oliver zog eine Augenbraue hoch. Das war schwierig gewesen. Er hatte sich gemerkt, dass sie an der Seventh Street und Avenue C wohnte. Doch er war den gesamten Block entlanggelaufen und weder an dem koreanischen Lebensmittelgeschäft noch an dem schäbigen Mietshaus mit der roten Markise vorbeigekommen.
    Als er gerade aufgeben wollte, hatte er bemerkt, dass er direkt davorstand. Wie hatte er es nur übersehen können?
    »Das weiß ich selbst nicht so genau.« Oliver ließ sich in einen der gemütlichen Sessel fallen. »Was ist mit dem Holiday passiert? Es hat sich verändert. Und du warst nicht da.«
    »Ich habe es verkauft. Ich ziehe um.«
    »Warum?«
    »Es ist an der Zeit«, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du siehst besser aus.«
    »Dank dir.«
    »Tee?«
    »Gern.« Er wartete, während sie Wasser aufsetzte und ihm eine Tasse brachte.
    Als sie die Teetasse vor ihm abstellte, nahm er ihre Hand und hielt sie eine Weile fest. Er wollte sie so sehr. Sie sah zu ihm hinunter. Für einen Moment sprach keiner von ihnen ein Wort.
    »Ich dachte, ich hätte alles getan, was ich tun musste«, sagte sie schließlich.
    »Warum hältst du mich von dir fern? Ich bin kein Junge mehr.« Er zog sie näher zu sich heran und sie setzte sich auf seinen Schoß.
    Sie strich ihm durchs Haar. »Nein, das bist du nicht. Da hast du Recht.«
    Er lehnte sich vor und küsste sie. Er hatte noch nie ein anderes Mädchen als Skyler geküsst. Doch diesmal dachte er überhaupt nicht an Skyler, sondern nur an Freya.
    Freya roch nach Milch und Honig und wunderbar nach Frühling. Er spürte, wie sie sich an ihn schmiegte, und legte ihr die Hände auf die Brust.
    Sein Herz begann wie wild zu pochen. Er war so nervös, wusste nicht, was er jetzt tun sollte, war nicht darauf vorbereitet. Und dennoch …
    Er hörte Freya seufzen, doch nicht aus Verzweiflung, eher auffordernd.
    »Komm mit«, sagte sie und führte ihn zum Bett.
    Sie zog sich aus und schlüpfte unter die Bettdecke. Sie war so schön wie ein Gemälde von Botticelli.
    Olivers Hände zitterten, als
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