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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis
Autoren: Anne Perry
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Freundeskreis?«, fragte er. »Hat sie oft Gäste empfangen? Was hatte sie für Interessen? Was hat sie mit ihrer Zeit angefangen?«
    Jetzt fühlte Callandra sich sichtlich unbehaglich. Ihr Gesicht wurde noch röter. »Ich fürchte, das weiß ich nicht. Er spricht kaum über sie. Ich … einer Bemerkung von ihm habe ich entnommen, dass sie oft nicht zu Hause ist, aber er hat nicht gesagt, wo sie dann ist. Einmal hat er erwähnt, dass sie umfassende politische Kenntnisse besitze und Deutsch spreche. Aber Kristian hat schließlich viele Jahre in Wien gelebt, vielleicht ist das also keine große Überraschung.«
    »War sie auch in Österreich?«, fragte Monk schnell.
    »Nein, wenigstens glaube ich das nicht.«
    Monk stand auf. »Ich gehe zum Polizeirevier und sehe, was ich in Erfahrung bringen kann.« Seine Stimme wurde weicher. »Machen Sie sich erst mal keine Sorgen. Wie Sie sagen, vielleicht galt der Überfall dem Modell des Künstlers und es war ein tragisches Missgeschick, dass Mrs. Beck in dem Augenblick auch dort war.«
    Sie versuchte zu lächeln. »Danke. Ich … ich weiß, dass es nicht leicht für Sie ist, die Polizei zu fragen.«
    Er tat es mit einem leichten Schulterzucken ab, dann zog er seine Jacke an und strich sie glatt. Sie war sehr schön geschnitten. Ob er ein gutes Einkommen hatte oder nicht, er hatte sich immer elegant und stilvoll gekleidet. Seinen Schneider würde er bezahlen, selbst wenn er Brot essen und Wasser trinken müsste.
    In der Tür drehte er sich um und warf Hester einen raschen Blick zu, in dem sie Gedanken und Gefühle las, die in Worte zu fassen mehrere Minuten gedauert hätte, dann war er verschwunden.
    Hester wandte ihre Aufmerksamkeit Callandra zu, um ihr so viel Trost wie möglich zu spenden.
    Monk empfand weit größeren Widerwillen gegen den Gedanken, Runcorn um einen Gefallen zu bitten, als Callandra ahnen konnte. Es war größtenteils Stolz und schmerzte wie eine Verbrennung der Haut, aber er konnte weder seine – moralische wie emotionale – Pflicht ignorieren, noch den inneren Zwang, die Wahrheit herauszufinden. Die Klarheit und die Gefährlichkeit von Wissen hatten ihn immer schon fasziniert, selbst wenn sie ihn zwangen, Dingen ins Gesicht zu sehen, die wehtaten und Geheimnisse und Wunden offen legten. Sie waren eine Herausforderung seiner Fähigkeiten und seines Muts, und Runcorn gegenüberzutreten war ein Preis, den er dafür nicht zu hoch fand.
    Er schritt die Grafton Street hinunter bis zur Tottenham Court Road und nahm sich einen Hansom für die etwa anderthalb Kilometer zum Polizeirevier.
    Während der Fahrt dachte er über das nach, was Callandra ihm erzählt hatte. Er kannte Kristian Beck nur flüchtig, mochte ihn aber instinktiv. Er bewunderte seinen Mut und seine Zielstrebigkeit bei seinem Kreuzzug für die Verbesserung der medizinischen Versorgung der Armen. Er war freundlicher als Monk, war geduldig und tolerant und schien fast keinen persönlichen Ehrgeiz oder Hunger auf Lob zu besitzen. Das konnte Monk von sich nicht behaupten, und das wusste er.
    Beim Polizeirevier entlohnte er den Kutscher, straffte die Schultern, ging die Stufen hinauf und trat ein. Der Dienst habende Sergeant betrachtete ihn mit Interesse. Eine Welle der Erleichterung überkam Monk, als er sich in Erinnerung rief, wie anders das beim ersten Mal nach dem
    Unfall gewesen war. Damals hatte im Blick des Mannes Angst gelegen, ein spontaner Respekt, geboren aus der Erfahrung von Monks zutiefst verletzender Art und seiner Erwartung, dass alle seinen eigenen Maßstäben zu genügen hatten, auf exakt seine Art.
    »Tag, Mr. Monk. Was können wir heute für Sie tun?«, fragte der Sergeant fröhlich. Vielleicht war sein Zutrauen mit der Zeit gewachsen. Ein guter Vorgesetzter hätte darauf geachtet. Aber es war sinnlos, frühere Unzuläng- lichkeiten heute zu beklagen.
    »Guten Tag, Sergeant«, antwortete Monk. Er hatte darüber nachgedacht, wie er seinen Wunsch vorbringen sollte, um zu erreichen, was er wollte, ohne darum bitten zu müssen. »Vielleicht kann ich ein paar Informationen über ein Verbrechen haben, das sich gestern Abend in der Acton Street ereignet hat. Könnte ich mit demjenigen sprechen, der die Untersuchung leitet?« Wenn er Glück hatte, war das John Evan, ein Mann, dessen Freundschaft ihm sicher war.
    »Sie meinen natürlich die Morde.« Der Sergeant nickte verständig. »Das ist Mr. Runcorn selbst, Sir. Sehr ernst, die Angelegenheit. Sie haben Glück, dass er da ist. Ich sage
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