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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis
Autoren: Anne Perry
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dünnen Frau mittleren Alters vor sich, allein und aufgeregt, die von einem Dieb auf der Straße angegriffen wurde.
    »Weiß Callandra es schon?« Sie fragte nach dem Men- schen, der ihr am wichtigsten war, noch vor Kristian selbst.
    »Ja. Sie ist gekommen, um es uns zu sagen.«
    »Oh.« Hester legte das Handtuch weg, ihre Gedanken überschlugen sich. Es tat ihr Leid, dass jemand tot war, aber ihre Phantasie machte einen Satz in eine Zeit, in der Kristian sich frei fühlen würde, Callandra zu heiraten, so sehr sie sich dieses Gedankens auch schämte. Er war ungebührlich, aber er war da.
    »Sie möchte dich sehen«, sagte Monk leise.
    »Ja, natürlich.« Sie ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer, wo sie auf Callandra traf, die mitten im Raum stand, hilflos, als sei etwas passiert, was sie einfach nicht begreife. Sie lächelte, als sie Hester sah, aber es war ein freundschaftliches Lächeln ohne jegliche Freude. In ihren glänzenden Augen stand die Furcht.
    »Hester, meine Liebe«, sagte sie zitternd. »Es tut mir Leid, dass ich zu so einer unsinnigen Zeit am Nachmittag hereinschaue, aber ich habe die schreckliche Nachricht soeben erfahren, wie William Ihnen sicher gesagt hat.«
    Hester trat zu ihr, griff nach ihren Händen und hielt sie fest. »Ja. Kristians Frau ist umgebracht worden. Wie ist das passiert?«
    Callandras Finger schlossen sich um ihre Hände und hiel- ten sie überraschend fest. »Das weiß man noch nicht. Sie wurde heute Morgen im Atelier des Malers Argo Allardyce gefunden. Er hat ein Porträt von ihr gemalt.« Sie zog leicht die Augenbrauen zusammen, als könnte sie es kaum glauben. »Die Putzfrau kam und fand sie … beide …«
    »Beide?«, fragte Hester mit stockendem Atem. »Sie meinen, auch den Künstler?« Das war unglaublich.
    »Nein, nein«, sagte Callandra schnell. »Mrs. Beck und das Modell des Künstlers, Sarah Mackeson.«
    »Sie meinen, Allardyce hat die beiden umgebracht?«
    Hester gab sich alle Mühe, die Sache zu begreifen.
    »Gestern Nachmittag? Warum?«
    Callandra sah völlig verwirrt aus. »Das weiß niemand. Von gestern Mittag bis heute Morgen war niemand dort. Es kann jederzeit passiert sein.«
    »Am Abend hatten sie doch bestimmt keine Sitzung«, meinte Hester. »Er hat doch sicher nicht ohne Tageslicht gemalt.«
    Callandra wurde ein wenig rot. »Oh, nein, natürlich nicht. Tut mir Leid. Es ist lächerlich, welchen Schock es einem versetzt, wenn es um jemanden geht, mit dem man verbunden ist, wenn auch …«
    Monk kam aus der Küche herein. »Das Teewasser kocht«, sagte er zu Hester.
    »Oh, um Himmels willen!«, sagte Callandra mit einem kleinen Lachen. »Sie können doch wohl eine Tasse Tee aufgießen, William!«
    Er hielt inne. Offensichtlich wurde ihm erst jetzt bewusst, wie nah sie einem hysterischen Anfall war.
    Hester drehte sich zu ihm um, um zu sehen, ob er begriff. Sie sah das Flackern des Verstehens in seinen Augen und überließ es ihm, sich um den Tee zu kümmern. Sie sah Callandra an. »Setzen Sie sich«, forderte sie sie auf und führte sie zum Sessel. »Haben Sie eine Ahnung, warum Allardyce das getan hat?« Jetzt, wo sie gezwungen war, darüber nachzudenken, wurde ihr klar, dass sie überhaupt nichts über Mrs. Beck wusste.
    Callandra hatte alle Mühe, nicht die Fassung zu verlieren. »Ich weiß nicht mit Sicherheit, dass es Allardyce war«, meinte sie. »Die beiden wurden in seinem Atelier gefunden. Allardyce selbst war nicht dort.« Sie sah Hester an, und ihr Blick flehte um eine Antwort, die aus der Sache etwas Trauriges machte, was nichts mit ihnen zu
    tun hatte, wie einen Unfall auf der Straße, tragisch, aber nicht persönlich. Doch das war unmöglich. Was auch immer passiert war, es würde ihr Leben unwiderruflich verändern, allein durch die Gewalttätigkeit der Sache.
    Hester suchte nach Worten, aber noch bevor sie etwas sagen konnte, kam Monk mit dem Tee auf einem Tablett herein. Er schenkte ein, und sie setzten sich und schwiegen einige Augenblicke, während sie an dem heißen Getränk nippten und sich ein wenig entspannten.
    Callandra sah Monk an. »William, Mrs. Beck und diese andere Frau wurden ermordet. Es ist auf jeden Fall hässlich und betrüblich, egal, wie es geschah. Dr. Beck wird darin verwickelt sein, weil er … ihr Mann war.« Ihre Hand zitterte leicht, und so stellte sie die Tasse ab, um nichts zu verschütten. »Es wird unzählige Fragen geben, und sie werden nicht alle freundlich sein.« Ihr Gesicht sah ungewöhnlich verletzlich aus,
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