Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
beinahe so, als wäre sie geschlagen worden. »Bitte … würden Sie alles in Ihrer Macht Stehende tun, um ihn zu schützen?«
    Auch Hester wandte sich Monk zu. Er hatte die Polizei mit großem Groll zwischen ihm und seinem Vorgesetzten verlassen. Man konnte darüber streiten, ob er gekündigt hatte oder entlassen worden war. Ihn zu bitten, sich in die Angelegenheit der Polizei einzumischen, hieß, eine Menge von ihm zu verlangen. Doch er und Hester verdankten Callandra unermesslich viel, abgesehen von der Loyalität und der Zuneigung, die an sich schon genügt hätten, auch in ganz praktischer Hinsicht, Callandra hatte ihnen, ungeachtet ihres eigenen guten Rufes, bedingungslose Freundschaft entgegengebracht. In mageren Zeiten hatte sie diskrete finanzielle Hilfe geleistet, ohne es je zu erwähnen oder mehr dafür zu verlangen, als einbezogen zu werden.
    Hester sah das Zögern in Monks Miene. Sie holte Luft, um etwas zu sagen, wollte ihn drängen, Callandras Bitte
    nachzukommen. Dann sah sie, dass er es tun würde, und schämte sich, dass sie an ihm gezweifelt hatte.
    »Ich gehe zu der betreffenden Dienststelle«, meinte er.
    »Wo wurden sie gefunden?«
    »In der Acton Street«, antwortete Callandra erleichtert.
    »Nummer zwölf. Es ist ein Haus mit einem Atelier in der obersten Etage.«
    »Acton Street?« Monk runzelte die Stirn und überlegte.
    »Eine Seitenstraße der Gray’s Inn Road«, erklärte Cal- landra ihm. »Direkt gegenüber dem Royal Free Hospital.«
    Hester spürte, dass ihr Mund trocken wurde, und sie versuchte zu schlucken. Monk blickte Callandra an. Sein Gesicht war ausdruckslos, aber seine Nackenmuskeln waren angespannt. Hester wusste, dass das in Runcorns Gebiet lag und dass Monk an ihn herantreten musste, wenn er sich um die Sache kümmern wollte. Es bestand eine alte Feindschaft, die bis zu Monks erstem Tag bei der Polizei zurückzudatieren war. Aber was auch immer Monk empfand, er verbarg es gut und stellte sich gedanklich bereits auf seine neue Aufgabe ein.
    »Wie haben Sie es so früh erfahren?«, fragte er Callandra.
    »Kristian hat es mir erzählt«, antwortete sie. »Wir hatten heute Nachmittag ein Treffen im Krankenhaus, das er absagen musste. Er bat mich, ihn zu entschuldigen.« Sie schluckte, der Tee stand unbeachtet auf dem Tisch.
    »Sie kann die ganze Nacht nicht zu Hause gewesen sein«, fuhr er fort. »Hat er sich keine Sorgen um sie gemacht?«
    Sie wich seinem Blick unauffällig aus. »Ich habe ihn nicht danach gefragt. Ich … ich glaube, sie haben jeder sein eigenes Leben geführt.«
    Als Freund hätte er das Thema nicht weiter verfolgt – es war heikel –, aber wenn er der Wahrheit hinterher jagte,
    akzeptierten weder seine Zunge noch sein Geist irgendwelche Grenzen. Selbst wenn er nicht erpicht darauf war, ein Gebiet zu erforschen, das Schmerz bereiten konnte, hielt ihn das doch nicht davon ab, Fragen zu stellen. Ebenso unbarmherzig ging er mit den dunklen Nebeln der Erinnerung in sich selbst um. Er wusste, wie sehr es schmerzte, denn er hatte die Scherben seines Lebens vor dem Unfall zusammensetzen müssen. Einige waren voller Farben, andere waren dunkel, und sie anzuschauen erforderte seinen ganzen Mut.
    »Wo war er gestern Abend?«, fuhr er fort und sah
    Callandra an.
    Deren Augen weiteten sich, und Hester sah die Angst darin. Auch Monk musste sie gesehen haben. Callandra sah aus, als wollte sie etwas Bestimmtes sagen, dann räusperte sie sich und sagte etwas anderes. »Bitte, schützen Sie seinen guten Ruf, William«, bat sie ihn. »Er ist Österreicher, und obwohl sein Englisch perfekt ist, ist und bleibt er ein Fremder. Und … sie haben nicht die glücklichste Ehe geführt. Lassen Sie nicht zu, dass die Polizei ihn schikaniert oder ihm eine Schuld unterstellt.«
    Monk machte ihr keine falschen Versprechungen.
    »Erzählen Sie mir etwas über Mrs. Beck«, sagte er stattdessen. »Was für eine Frau war sie?«
    Callandra zögerte; in ihren Augen war ein überraschtes Flackern, das schnell wieder verschwand. »Ich fürchte, ich weiß kaum etwas über sie«, gestand sie unangenehm berührt. »Ich habe sie nie kennen gelernt. Sie hatte nichts mit dem Krankenhaus zu tun und …« Sie wurde rot.
    »Gesellschaftlich pflege ich keinen Umgang mit Dr. Beck.« Hester blickte Monk an. Falls er Callandras Antwort
    merkwürdig fand, ließen seine Gesichtszüge das nicht
    erkennen. Sein Gesicht war angespannt, seine Augen
    konzentriert auf Callandra gerichtet. »Was ist mit ihrem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher