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Gefährliches Begehren

Gefährliches Begehren

Titel: Gefährliches Begehren
Autoren: Celeste Bradley
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er davonging, hörte er, wie ein zweiter Bursche dem
ersten zu Hilfe kam. Ihr Flüstern war leicht den Flur hinunter zu hören.
    »Der Herr ist in letzter Zeit einfach nur zum Fürchten, nicht?«
    Dobbins grunzte zustimmend. »Ich hab schon gedacht, es wär um mich geschehn.«
    »Wenn er mich fragen würde, würde ich ihm raten, sich’ne Frau zu suchen. Der muss’n bisschen Dampf ablassen, bevor er noch platzt.«
    »Wird nicht passieren. Der Herr wird schwerlich’ne Dame finden, die vor seinen kalten Augen nicht schreiend davonrennt. Keine Dame, die ich bisher gesehn hab, würde ihr Herz an so’nen harten Hund hängen!«
    Harter Hund? Das war neu. Einfallsreich und sogar ein bisschen alliterierend. Stanton fand es in jedem Fall anziehender als »Teufelsbrut« oder »eiskalter Teufel«. Er setzte seinen Weg kommentarlos fort. Was würde es ihm schon bringen, wenn er sie für ihre Respektlosigkeit tadelte, außer dass er damit die Angst unter seinen Angestellten noch schürte?
    Und doch, als er allein in seinem Studierzimmer saß und auf seinen Tee wartete, ließ ihm dieser letzte Kommentar keine Ruhe.
    »Keine Dame würde ihr Herz an so einen hängen.«
    Leider schien er damit den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben, wenn auch die Begründung, die der Bursche geliefert hatte, nicht zutraf. Wenn seine Anwesenheit bereits Angst unter seinen robusten Dienstboten aus dem Londoner East End hervorrief, so war das doch nichts im Vergleich zu seiner Wirkung auf die zarte Sensibilität reizender und infrage kommender junger Damen der feinen Gesellschaft.

    Gewiss war er nicht ganz unschuldig an der Situation. Er war weder glatt noch gefällig noch vermochte er die Damen mit humorvollen Anekdoten zu unterhalten – denn ihm fiel nie eine im passenden Moment ein. Sein Mangel an netter Konversation, auf die Damen so viel Wert legten, half nicht gerade, sie von seinem angeblich finsteren Wesen abzubringen.
    Aber was machte das schon? Stanton hatte die Frauen schon vor langer Zeit aufgegeben und fühlte sich seither besser. Das Allerletzte, was er in seinem komplizierten Leben gebrauchen konnte, war eine Frau.
    Der Türklopfer ertönte dreimal und schickte ein widerhallendes Geräusch durch das größtenteils stille Haus. Stanton erschrak, denn er war das Geräusch nicht gewöhnt. Stimmen drangen aus der Eingangshalle durch die halb geöffnete Tür seines Studierzimmers.
    »Ich wünsche, Lord Wyndham zu sprechen.« Die Stimme einer Frau, klar und fest. »Er wünscht es auch. Er weiß es nur noch nicht.«
    »Ich bedaure, Madam.« Der Tonfall seines Butlers war eisig. »Seine Lordschaft pflegt für unangemeldeten Besuch, nicht zu Hause zu sein.«
    Stantons Mundwinkel zuckten. Er empfing nur selten Besuch, ob nun geladen oder nicht, deshalb war das Geräusch seines Türklopfers auch so ein ungewöhnlicher Laut. Glücklicherweise gehörte Grimm nicht zu denen, die strikte Befehle missachteten. Binnen weniger Augenblicke war die Person verschwunden, und Stanton konnte sich wieder seiner Arbeit zuwenden.
    »Ich kann nicht erkennen, dass er allzu beschäftigt wäre. Er sitzt in seinem Studierzimmer und starrt an die Decke.
Das weiß ich, weil ich durchs Fenster gesehen habe, bevor ich anklopfte.«
    Grimm, der ruchloseste Butler, den man mit Geld bezahlen konnte, stotterte hilflos ob dieser ungeheuerlichen Bemerkung. Stantons kultivierte Neugier war geweckt. Er stand auf, gelenkt von seinem Wunsch, mehr zu erfahren. Wer war diese Person, die in seiner Eingangshalle ein solches Theater veranstaltete? Er streckte den Kopf durch die Tür seines Studierzimmers.
    Sie war nicht gerade groß und sehr merkwürdig gekleidet. Ihr sackartiges Kleid war zu lang und schleifte auf dem Boden, was er dem Straßendreck entnahm, der sich jetzt von ihrem Saum auf seinen Teppich verteilte. Auf ihrem Kopf thronte ein Hut, der seit einigen Jahrzehnten aus der Mode war und ihr Gesicht hinter einem dichten Schleier verbarg.
    Ein unwürdiger Bittsteller, daran bestand kein Zweifel. Grimm würde damit fertig werden.
    Er zog sich in sein Studierzimmer zurück. Sie warf den Kopf herum, und er konnte schier spüren, wie sich ihr Blick durch den dunklen Schleier bohrte.
    »Da seid Ihr ja«, fuhr sie ihn an. »Sagt Eurem Mann hier, er soll mich einlassen. Ich muss mit Euch sprechen.« Ihre Stimme wenigstens war kultiviert und melodisch, trotz der irritierenden Schärfe, die ihr innewohnte. Die Frau war absolut bemerkenswert mit ihrem herrischen Wesen und ihrer
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