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Gefaehrliche Liebe

Gefaehrliche Liebe

Titel: Gefaehrliche Liebe
Autoren: Suzanne Collins
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denken, das Kapitol würde mich nicht mehr beachten, wenn ich erst einmal zu Hause wäre! Ich hatte zwar keine Ahnung von möglichen Aufständen. Aber ich wusste, dass sie im Kapitol wütend auf mich waren. Anstatt die gebührende Vorsicht walten zu lassen, was tat ich da? Aus der Sicht des Präsidenten habe ich Peeta ignoriert und vor dem ganzen Distrikt demonstriert, dass ich Gale vorziehe. Und damit kundgetan, dass ich das Kapitol wirklich verspottet habe. Mit meinem unbedachten Verhalten habe ich Gale und seine Familie, meine Familie und auch Peeta in Gefahr gebracht.
    »Bitte tun Sie Gale nichts«, flüstere ich. »Er ist nur ein Freund. Wir sind schon seit Jahren befreundet. Mehr ist nicht zwischen uns. Außerdem halten uns jetzt sowieso alle für Cousin und Cousine.«
    »Mich interessiert nur, wie das dein Verhältnis zu Peeta beeinflusst und damit die Stimmung in den Distrikten«, sagt er.
    »Bei der Tour der Sieger wird es so sein wie immer. Ich werde genauso in ihn verliebt sein wie vorher«, sage ich. »Wie jetzt«, verbessert Präsident Snow mich. »Wie jetzt«, bestätige ich.
    »Aber wenn die Aufstände abgewendet werden sollen, wirst du noch überzeugender sein müssen«, sagt er. »Diese Tour ist deine letzte Chance, das Blatt zu wenden.«
    »Ich weiß. Und es wird mir gelingen. Ich werde alle in den Distrikten davon überzeugen, dass ich nicht das Kapitol herausfordern wollte, sondern verrückt vor Liebe war«, sage ich.
    Präsident Snow erhebt sich und tupft die Wulstlippen mit einer Serviette ab. »Du musst dir ein höheres Ziel stecken, für den Fall, dass du es nicht erreichst.«
    »Wie meinen Sie das? Was für ein höheres Ziel soll ich mir stecken?«, frage ich.
    »Überzeuge
mich«,
sagt er. Er lässt die Serviette sinken und nimmt wieder sein Buch. Ich schaue ihn nicht an, als er zur Tür geht, deshalb zucke ich zusammen, als er mir ins Ohr flüstert: »Übrigens, ich weiß von dem Kuss.« Dann fällt die Tür hinter ihm ins Schloss.
     

3
    Der Geruch von Blut ... er lag in seinem Atem.
Was macht er bloß?,
denke ich.
Trinkt er es?
Ich stelle mir vor, wie er Blut aus einer Teetasse trinkt. Wie er einen Keks hineintunkt und ihn rot triefend herauszieht.
    Draußen vorm Fenster kommt ein Auto in Gang, sanft und leise wie das Schnurren einer Katze, dann verschwindet es in der Ferne. Es stiehlt sich davon, wie es gekommen ist, unbemerkt.
    Das Zimmer scheint sich in langsamen, schiefen Kreisen zu drehen, ich frage mich, ob ich womöglich ohnmächtig werde. Ich beuge mich vor und stütze mich mit einer Hand am Schreibtisch ab. In der anderen halte ich noch immer Peetas wunderhübschen Keks. Ich glaube, es war eine orangefarbene Lilie darauf, doch jetzt sind nur noch Krümel in meiner Faust. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich ihn zerdrückt habe, aber ich musste mich wohl an irgendetwas festhalten, während meine Welt aus den Fugen geriet.
    Ein Besuch von Präsident Snow. Distrikte kurz vor dem Aufstand. Eine direkte Morddrohung gegen Gale, auf die weitere folgen werden. Alle, die ich liebe, todgeweiht. Und wer weiß, wer noch für meine Taten bezahlen muss? Wenn ich bei der Tour der Sieger das Blatt nicht wende. Die Unzufriedenen besänftige und den Präsidenten beruhige. Und wie? Indem ich überall im Land jeden Zweifel daran ausräume, dass ich Peeta Mellark liebe.
    Das schaffe ich nicht,
denke ich.
So gut bin ich nicht.
Peeta ist der Gute, der Liebenswürdige. Er kann die Leute von allem überzeugen. Ich schweige lieber, halte mich zurück, überlasse das Reden so weit wie möglich ihm. Aber nicht Peeta soll seine Zuneigung unter Beweis stellen, sondern ich.
    Ich höre den leichten, schnellen Schritt meiner Mutter im Flur.
Sie darf das nicht erfahren,
denke ich.
Nichts von alldem.
Ich halte die Hände über das Tablett und wische mir schnell die Kekskrümel von den Fingern. Zittrig trinke ich einen Schluck Tee.
    »Ist alles in Ordnung, Katniss?«, fragt sie.
    »Alles gut. Wir haben es im Fernsehen nie gesehen, aber der Präsident besucht die Sieger immer vor der Tour, um ihnen Glück zu wünschen«, sage ich fröhlich.
    Ich sehe ihr an, wie erleichtert sie ist. »Ach so. Ich dachte schon, es gäbe irgendwelche Schwierigkeiten.«
    »Nein, gar nicht«, sage ich. »Aber ich kriege Schwierigkeiten, wenn das Vorbereitungsteam sieht, wie meine Augenbrauen schon wieder zugewachsen sind.« Meine Mutter lacht, und ich denke daran, dass ich damals, als ich mit elf Jahren die Sorge für die Familie
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