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Gefaehrlich schoener Fremder

Gefaehrlich schoener Fremder

Titel: Gefaehrlich schoener Fremder
Autoren: Kate Carlton
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und deutete mit dem Kinn auf ihr Spiegelbild. „Weißt du, was ich dort sehe, Emily?" fuhr er weich fort. „Eine reizende junge Frau, die sich aus irgendeinem Grund weigert, das wahrzunehmen. Eine Frau, auf die man sich verlassen kann, wenn es hart auf hart kommt."
    Emily betrachtete sich im Spiegel, wobei sie versuchte, an den rotgeäderten Augen und dem stumpfen Haar vorbeizusehen...
    Vor acht Tagen noch war sie eine schüchterne Frau gewesen, für die aufregende Abwechslungen im Leben nur zwischen Buchseiten stattfanden. Dann war sie plötzlich gekidnappt und durch zwei Bundesstaaten geschleppt, in einen Mordfall verwickelt worden und wurde von der Polizei gesucht. In acht kurzen Tagen hatte sie Todesangst kennengelernt, hatte bereitwillig an Autodiebstählen teilgenommen. Es war auf sie geschossen worden, sie wurde gejagt und war auf der Flucht.
    Den Kopf auf die Seite gelegt, musterte Emily eindringlich ihr Spiegelbild. Trace hatte recht. Sie hatte sich verändert. Das lag nicht nur an der neuen Haarfarbe, und ihre Gesichtszüge waren sicher noch wie früher. Aber in ihrem Blick war etwas Neues, etwas, das sie älter, weiser, weniger unsicher erscheinen ließ.
    Trace hatte ihr dazu verhelfen, sich von einer Frau, die wenig Selbstvertrauen besaß, in eine zu verwandeln, die - zu ihrer eigenen Überraschung - tief in ihrem Innern Kraft und Mut gefunden hatte.
    Nie wieder würde Emily Osborn eine Frau sein, die demütig akzeptierte, was das Leben ihr austeilte. Das war ein Geschenk, das ihr zeitlebens zugute kommen würde.
    Sie lächelte Trace gelassen an. „Dann lass uns also gehen", sagte sie mit fester Stimme.
    Auf dem kurzen Gang zur Busstation zog Trace ein Busticket und einen Zettel aus der Tasche. „Hier, nimm, du musst bald einsteigen. Wenn nichts dazwischenkommt, treffen wir uns in Gortez. Sollte das nicht klappen, nimmst du einen Flieger nach Denver. Von dort bekommst du eine Verbindung nach San Francisco. Ich habe dir aufgeschrieben, wie du die Hütte findest."
    Emily blickte Trace tief in die Augen. Sie vertraute ihm, und sie wusste jetzt, im Notfall würde sie das alles auch allein bewältigen. Und irgendwie fühlte sie in ihrem Innern ganz stark, dass sie Trace wiedersehen würde.
    Entschlossen begann sie dann ihre neue Rolle zu spielen. Mit gebeugtem Kopf schlurfte sie die paar Schritte zum Bus, wobei sie dem Drang widerstand, sich umzudrehen, um Trace ein letztes Mal anzusehen. Dann stieg sie vorsichtig ein, reichte dem Fahrer das Ticket, suchte sich ganz hinten einen Platz und kauerte sich tief in den Sitz.
    Als der Bus mit den aufgeregten Senioren abfuhr, presste Emily die Hand an die Scheibe, als könne sie Trace damit irgendwie erreichen. Doch sofort ließ sie sie resigniert wieder in den Schoß sinken.
    Gleich außerhalb der Stadt verlangsamte der rumpelnde Bus seine Fahrt.
    Durchs Fenster sah Emily auf beiden Seiten neben der Straße Polizeiwagen stehen, dazwischen eine Sperre.
    Es handelte sich um eine Straßenkontrolle.
    Das Zischen der Bremsen hallte überlaut in Emilys Ohren. Ein Polizist, die Augen hinter einer Pilotenbrille verborgen, schritt auf dem Asphalt auf und ab.
    Emily hielt den Kopf gesenkt.
    „Ma'am?"
    Sie zuckte zusammen und tat, was sie nach Traces Anweisungen gerade nicht tun sollte: Sie hob den Kopf.
    „Sie müssen mit den anderen aussteigen", sagte der uniformierte Fahrer höflich.
    „Warum?" stammelte sie und merkte erst jetzt, dass nur noch sie und der Fahrer im Bus waren.
    „Routinekontrolle. Denken Sie daran, Ihren Ausweis bereitzuhalten."
    Ein hysterisches Lachen perlte in ihr hoch. Ausweis? Den konnte sie beim besten Willen nicht hervorzaubern!
    Mit zitternden Knien stand sie auf. Im selben Moment hörte sie das Aufbrüllen eines hochgepeitschten Motors. Ein PS-starkes Motorrad schoss an dem Bus vorbei.
    „Verdamm... Was..." stieß der Fahrer aus, während er sich über einen Sitz beugte, um einen besseren Blick aus dem getönten Fenster zu haben. Emily tat es ihm nach.
    Mit angehaltenem Atem beobachtete sie, wie das Motorrad schlingerte, um der Sperre auszuweichen. Staub wirbelte auf, als es am Straßenrand vom Asphalt abkam und hinten gefährlich wegrutschte. Jetzt würde sich die Maschine gleich überschlagen. Emily unterdrückte einen Aufschrei - und atmete auf, als sie sah, wie der Reifen im weichen Boden einen Ansatzpunkt fand und das Motorrad aufbrüllend um die Polizeiwagen herumscho ss.
    Während sie sich krampfhaft am Sitz festkrallte, sah sie dem
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