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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898)
Autoren: Theodor Fontane
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Gang,
    Selbst Tom, der Schreiber vom Gericht,
    Über Tisch und Bänke sprang.
     
    Er führte die Anne Marie zum Tanz
    – Bei Gott, eine hübsche Dirn!
    Und richtig gezählt, jeden dritten Takt
    Da küßt' er sie auf die Stirn.
     
    Ich bin der Fiedler und hab' es gesehn
    Und gönn's ihm auch von Grund,
    Denn meine Nanny war auch dabei,
    Und die küßt' ich auf den Mund.
     
    Jung-Robin aber und Jenny schön,
    Die tanzten zum Vater ins Haus,
    Und als der Herr Pfarrer sein Sach' getan,
    Ging's tanzend wieder hinaus;
     
    Hinaus in den Wald; da waren die Tisch'
    Unterm Laubdach angericht't, –
    Ach, was ich da alles
gegessen
hab',
    Vor
Trinken
weiß ich's nicht.
     
    Nur in den Wabenhonig hinein
    Schnitt ich ein tiefes Loch,
    Und wenn ich daran denken tu,
    Schmeckt es mir immer noch.
     
    Jung-Robin und Jenny gingen zu Bett,
    Wir aber schliefen aus,
    Und als der nächste Morgen kam,
    Nahm jeder was mit nach Haus.
     
    Ich nahm einen Kuchen; er war nicht groß,
    Doch war er auch nicht klein,
    Ich lebt an die sieben Tage davon
    Und lud noch Gäste ein.
     
    Und halt! daß
eins
ich nicht vergess'
    Vor lauter Hast und Eil':
    Sie wurden getraut mit einem Ring;
    Und nun dem Könige Heil!
     
    Dem Könige Heil! und geb' ihm Gott
    Einen jungen Prinzen bald; –
    Ich aber will singen von Robin Hood
    Und dem lustigen Sherwood-Wald.
     

König Johann und der Bischof von Canterbury
     
    Nun heb' einen lustigen Schwank ich an,
    Ein Märchen von unsrem König Johann,
    Mutwillig hat er im Lande regiert,
    Ob's recht war, ob nicht – hat ihn wenig geschiert.
     
    Und erzählen auch will ich zur Stelle hie
    Von dem hochweisen Bischof von Canterbury –
    Die Küche voll Wildpret, der Keller voll Wein
    Und Früchte von London, so mußt' es sein.
     
    Und hundert Diener tagein, tagaus,
    Die warteten seiner in Hof und Haus,
    Sie trugen Kleider von Sammet schwer
    Und goldene Ketten darüber her.
     
    Das hörte der König. »He, Bischof, sprich,
    Du hältst ja glänzender Haus als ich,
    Ich wett', du betrügst mich um Steuer und Zins
    Und beraubst meinen Seckel seines Gewinns.«
     
    »Herr«, seufzte der Bischof, »vor Gott ich bekenn',
    Ich hab' nur vertafelt, was mein ich nenn',
    Und Ihr könnet und werdet mir krümmen kein Haar,
    Weil ich Wein getrunken, der meine war.«
     
    »Doch, Bischof, doch, dein Verbrechen wiegt schwer,
    Du stirbst, es kann dich nichts retten mehr,
    Es sei denn, du fändest die Antwort schnell
    Auf drei winzige Fragen, die ich dir stell'.
     
    Zum ersten: wenn ich auf Englands Thron,
    Das Zepter in Händen, zu Häupten die Kron',
    Rat halte mit meinen Grafen und Herrn,
    Wie viel ich dann wert bin, wüßt' ich gern?
     
    Und zum zweiten sollst du mir sagen dann,
    Wie rasch wohl die Welt ich umreiten kann?
    Und zum dritten will ich wissen geschwind,
    Was zur Stelle meine Gedanken sind?«
     
    »Herr, Eure Fragen sind viel zu schwer,
    Da find' ich nicht Lösung flugs hinterher,
    Gönnt mir drei Wochen vom heutigen Tag,
    Daß ich Frag' und Antwort ergründen mag.«
     
    »Wohlan, es sei! doch nutze die Frist,
    So lieb dir dein Land und dein Leben ist,
    Denn rätst du falsch oder bist du nicht hier,
    Sind dein Land und dein Leben verfallen mir.«
     
    Der Bischof hört' es in trübem Sinn,
    Gen Oxford und Cambridge ritt er hin,
    Da war kein Doktor, den er nicht frug,
    Doch die Klugen waren nicht klug genug.
     
    So ritt er denn heimwärts, das Kinn auf der Brust,
    Da kam sein Schäfer des Weges just,
    Der rief ihm zu: »Willkommen zu Haus!
    Was bringt Ihr? Wie sieht es in London aus?«
     
    »Schlecht«, seufzte der Bischof, »drei Tage nach hier
    Fällt mein armer Kopf vor die Füße mir,
    Es sei denn, daß er auf Antwort verfällt
    Auf drei Fragen, die mir der König gestellt.
     
    Zum ersten, wenn er auf Englands Thron,
    Das Zepter in Händen, zu Häupten die Kron',
    Rat hält mit seinen Grafen und Herrn,
    Wieviel er dann wert ist, wüßt' er gern.
     
    Und zum zweiten soll ich ihm sagen dann,
    Wie rasch er die Welt wohl umreiten kann;
    Und zum dritten will er wissen geschwind,
    Was zur Stelle seine Gedanken sind.«
     
    Da lachte der Schäfer: »Herr, denket daran,
    Daß ein Narr einen Weisen lehren kann;
    Gebt mir Euer Roß, Euren Stab, Euer Kleid,
    Und ich fecht' Euch aus Euren ganzen Streit.
     
    Sorgt nicht; in Kentshire weiß jedes Kind,
    Daß wir zwei wie von einem Vater sind,
    Und trag' ich nur erst Euer prächtig Gewand,
    Unterscheidet uns keiner im ganzen Land.«
     
    Da beschwor ihn der Bischof:
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