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Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Titel: Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln
Autoren: W Gruber
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alles genau nachbilden, kommt man zu den sogenannten Weltmaschinen. Das bedeutet, man kann alles damit simulieren, wirklich alles, sogar den Untergang von Atlantis. Aber letztlich erklären solche Modelle nichts.
    Warum ist es so schwierig, unser Gehirn nachzubauen, unsere Intelligenz zu simulieren? Weil wir nicht einmal wissen, was Intelligenz ist. Dafür gibt es keine einheitliche, wissenschaftliche Definition, deshalb kommt es auch zu kuriosen Wortkombinationen wie Intelligent Design für Gott .
    Gesetzt den Fall, man würde trotzdem ein Gehirn nachbauen und es ginge ganz gut voran, wie wüsste man, dass man es geschafft hat, ein „intelligentes“ Gehirn zu erschaffen? Ganz einfach. Wenn es in der Lage ist, einen Witz zu verstehen.

Können vor lachen

    Wann ist ein Witz für uns ein Witz? Sie werden staunen, dafür gibt es Parameter. Ein Witz, aus neurowissenschaftlicher Sicht, muss einige Bedingungen erfüllen, um als solcher zu gelten. Nehmen wir einen älteren Witz, in dem zwei Physiker die Hauptrolle spielen. Achtung, gut festhalten, es geht los.
    „Ein Professor für theoretische Physik und ein Professor für Experimentalphysik befinden sich auf einem Kongress in einem politisch instabilen Land, früher auch gerne Bananenrepublik genannt. Genau zu diesem Zeitpunkt bricht eine Revolution aus, das neue Regime lässt beide verhaften und zum Tode verurteilen. Allerdings gewährt der Diktator beiden einen letzten Wunsch. Darauf sagt der Theoretiker: ‚Wissen Sie, ich habe mein ganzes Leben der Theorie geopfert, der String-, der Multiversen-Theorie und der Supersymmetrie und natürlich auch der Quantenkosmologie. Nur wurde es mir nie gedankt. Auf Kongressen schliefen meine Zuhörer ein und meine Vorlesungen waren immer leer. Darum wünsche ich mir, dass ich einmal in meinem Leben einen Bericht über meine Forschung vor einem rappelvollen Hörsaal halten darf. Das Publikum ist aufmerksam, interessiert und am Ende klatschen alle begeistert.‘ Der Diktator gewährt ihm seinen Wunsch und wendet sich an den Experimentalphysiker, um nach dessen Wunsch zu fragen. Der aber meint nur: ‚Ich möchte bitte gerne vor diesem Vortrag hingerichtet werden!‘“
    In unserem Gehirn gibt es verschiedene Bereiche, und um einen Witz als solchen identifizieren zu können, brauchen wir den präfrontalen Cortex. Er liegt im Gehirn vorne über den Augen hinter der Stirn und ist verantwortlich für Entscheidungen. Dort werden auch Vorausberechnungen für die Zukunft getroffen. Was hat das mit einem Witz zu tun? Bei einem Witz ist es notwendig, ihn gut, das heißt, eine Geschichte zu erzählen. Auch bei Geschichten berechnen wir voraus, was passieren kann. Es muss sich allerdings um eine sinnvolle Möglichkeit handeln, sonst berechnen wir nicht. Wenn ein Witz beginnt mit: „Hosen komma X mal drei, bummbumm“, dann werden wir keine sinnvolle Geschichte erwarten. Wenn wir aber etwa hören: „Rotkäppchen geht in den Wald und trifft ...“, dann entsteht in unserem Kopf eine Wahrnehmung dessen, was passieren wird. In diesem Fall erwarten wir aufgrund unserer Erfahrung beziehungsweise unseres erlernten Wissens, dass Rotkäppchen den bösen Wolf trifft.
    Unser Gehirn wählt automatisch die wahrscheinlichste Möglichkeit aus. Wenn diese Möglichkeit eintrifft, dann sind wir beruhigt. Wenn die Vorhersage nicht eintrifft, dann wird der Oje-Schaltkreis aktiviert und wir fühlen uns schlecht.
    Denn in unserem Alltag ist es wichtig, dass wir für die Zukunft immer ein paar Sekunden vorausberechnen, was am wahrscheinlichsten passieren wird. Aber es gibt immer mehrere Möglichkeiten. Das wird beim Witzeerzählen ausgenutzt. Bei einem guten Witz geht es darum, die Zuhörer dazu zu bringen, in eine bestimmte Richtung zu denken. Beim Beispielwitz mit den Physikern gäbe es folgende Möglichkeiten: Der Experimentalphysiker wünscht sich etwas, das sein Leben verlängert, etwa ein vollständiges, menschliches Gehirn auf einem Supercomputer zu simulieren, oder er reagiert mit Apathie angesichts der verzweifelten Situation oder er möchte sich zum Lebensende eine besondere Freude verschaffen, was im Falle des Experimentalphysikers Werner Gruber etwa ein knuspriger Schweinsbraten wäre. * An diese drei Möglichkeiten wird unser Gehirn vermutlich zuerst denken, aber es gibt noch eine vierte. Der Experimentalphysiker wünscht sich den Tod, das ist ungewöhnlich – aber verständlich, weil er sich den Vortrag des Theoretikers ersparen möchte.
    In dem
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