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Gebrauchsanweisung fuer Oesterreich

Gebrauchsanweisung fuer Oesterreich

Titel: Gebrauchsanweisung fuer Oesterreich
Autoren: Heinrich Steinfest
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Haiderianern und verwandten Gruppen mit guter Laune und kecken Sprüchen instrumentalisiert wurde und wird. Aber in letzter Konsequenz halten sich die Österreicher für unregierbar, gleich, wer da im Parlament oder auf sonstigen Bänken sitzt. Mit dem Aussterben der großen Alten, eines Bruno Kreisky oder schwarzer Landesfürsten wie Josef Krainer und Eduard Wallnöfer, denen man noch eine gewisse Volksnähe und Rechtschaffenheit zugestanden oder auch nur angedichtet hatte, mit deren Ende jedenfalls hat eine gewisse Mißachtung der politischen Größen eingesetzt. Sie sind da, weil sie da sind und weil dies Teil eines Spiel ist, welches Demokratie heißt und welches in ganz Europa gespielt wird. Die Politiker gehören dazu wie die Figürchen auf einem Mensch-ärgere-dich-nicht-Brett. Die Freude darüber, daß jemand rausfliegt, ist ungleich größer als darüber, daß einer oder eine ins Ziel kommt. Wahlen spielen sich bloß noch in der Kategorie der Gegenstimme ab, was also bedeutet, jemanden zu wählen, um jemand anderen nicht zu wählen. Ein purer Ätsch!-Faktor.
    Die in den vergangenen drei Jahrzehnten losgebrochenen Begeisterungen für Personen wie Kurt Waldheim oder Jörg Haider hatten nur wenig mit deren Leuchtkraft und charismatischer Einmaligkeit zu tun. Die Begeisterung des einzelnen galt sich selbst. Ja, man war von der eigenen »Unbestechlichkeit« und »Originalität« entzückt. Und für den Fall, daß dies die einzige Möglichkeit gewesen wäre, um der Welt die kakanische Autonomie und souveräne Andersartigkeit zu beweisen, hätte man zur Not auch einen Thomas Bernhard zum Bundespräsidenten gewählt.
    Das klingt, als seien die Österreicher unpolitisch. Nun, ich glaube, das sind sie. Ein Volk, das derart in sich selbst vergraben ist, in sich selbst verwurschtelt (oder kunstvoll in sich verstrickt, ein textiles Universum), erlebt die Politik als bloße Blockade und Einschränkung seiner Entwicklung. Die Politik ist das Hindernis, das die Österreicher einmal mit mehr, dann mit weniger Geschick überwinden.
    Zum Tod gehört nicht zuletzt das Töten. Und nach allem, was in diesem Büchlein gesagt wurde, stellt sich die Frage, ob Österreicher auch anders töten. Liebevoller? Gehässiger? Brutaler?
    Ich denke vor allem: raffinierter. Was ja auch zum übrigen Wesen gut passen würde. Ich möchte von einer schönen Hinterlist sprechen. Dies führt freilich dazu, daß viele Kapitalverbrechen unerkannt bleiben, quasi eingehüllt in ein Bild des Alltäglichen und Schleppenden. Ich rede also nicht von Bluttaten, von Affekthandlungen, von zeitungswürdigen Brutalitäten, sondern von geschickten Manövern, von medikamentösen Eingriffen, scheinbaren Unfällen, vor allem aber von psychologischen Winkelzügen. Nichts ist schwerer nachzuweisen, als wenn ein Mensch einen anderen in den Wahnsinn und letztendlich in den Tod treibt. Wie soll man jemandem vorwerfen, durch pure Mimik und Gestik, durch simple Mißachtung oder ein Übermaß an Fürsorge einen Partner oder Verwandten, einen Nachbarn oder Kollegen in einen seelischen Abgrund gestoßen und dort unten – fern polizeilicher Intervention – die Vernichtung abgeschlossen zu haben? Das ist mehr als ein scheinbarer Witz. Psychoterror ist keine Kleinigkeit und in Österreich eine besondere Kunst.

 
    Die Steiermark  verfügt über die weitbeste Notfallchirurgie. Das scheint mit einem aggressionsfördernden Getränk namens Schilcher zusammenzuhängen.
    Es heißt, die Tiroler seien lustig. Das stimmt. Jedoch hat diese Lustigkeit etwas von einem Donnergrollen. Es ist eine meteorologische und tektonische Lustigkeit. Wenn in Tirol einer lacht, wundert sich in Wien jemand, warum sein Tisch so wackelt.
    Vorarlberg war ein virtueller Ort, lange bevor dieser Begriff überhaupt existierte. Man könnte Vorarlberg als eine prähistorische Version von Second Life bezeichnen. Leute, die sich irgendwo auf der Welt für Vorarlberger ausgeben, sind entweder Scharlatane oder fiktiv.
    Die Burgenländer werden vom Rest des Landes angepinkelt. Man versucht sie kleinzumachen und kleinzuhalten, als wären sie nicht schon »klein« genug. Aber auch Pygmäen sind klein, allerdings auf eine perfekte Art, und vermitteln dabei eine große Erhabenheit. Wie die Burgenländer. Die Burgenländer sind die erhabensten Menschen unter den Österreichern. Sie haben das richtige Verhältnis zum Ornament, zum Wein, zur Natur und zu Gott. Das Burgenland ist ein einziges Gottschutzgebiet.
    Kärnten
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