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Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder

Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder

Titel: Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder
Autoren: Ariane Grundies
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aufdringlichen Captain-Hook-Typen gegeben. Um sich gegen die Seeräuber zu wehren, schlossen sich entlang der Ostseeküste ein paar Städte zusammen. Rostock, Stralsund und Wismar gehörten zu den Gründungsmitgliedern der sogenannten Städtehanse. Die Hanse ließ Köpfe rollen, machte Dörfer zu Städten und ihre Bewohner zu Millionären. Schon bald hatte sie so viel Kohle, dass die Kirchtürme in ihren Städten höher und höher in den Himmel wuchsen und die Fassaden der Gebäude in wunderschön rotem Backstein leuchteten, kurz: Die Hanse mauserte sich zu einem ungemein erfolgreichen Städtebund. Auf dem Höhepunkt der Hanse zählten hundertachtzig Städte in ganz Nordeuropa zu ihren Mitgliedern. Gehandelt wurde mit Getreide, Pelzen, Wachs und Honig, mit Fisch aus Skandinavien, Tuch und Wolle aus England, Wein aus dem Rheinland, Salz aus Lüneburg. Niederdeutsch wurde zur Handelssprache. Aber nicht nur der Handel ließ die Taler in den ledernen Säckchen der Ratsherren klingeln, auch der Schiffbau florierte. Die Kogge, ein neuer Schiffstyp, zeigte auf den Weltmeeren Flagge. Es war die große Zeit der Segelschifffahrt.
    Die Hanse verfolgte ihre rein wirtschaftlichen Interessen und hielt sich weitestgehend aus machtpolitischen Fragen heraus. Das, im Übrigen, entspricht unbedingt der meck-pommerschen Mentalität, denn es gilt der Spruch, der selbst in der Hochzeitszeitung meiner Eltern seinen Platz gefunden hat: Sup di full und frät di dick und hol din Mul von Politik (Sauf dich voll und friss dich dick und halt dein Maul von Politik).
    1419 eröffnete in Rostock die erste Universität Nordeuropas mit dem klangvollen Namen Leuchte des Nordens . Offensichtlich studierten aber nicht genügend Meck-Pommer an der neu gegründeten juristischen Fakultät, und so waren sie auch nicht in der Lage, sich den Interessen ihrer regierenden Fürsten juristisch zu widersetzen. Die zunehmende Territorialgewalt sollte schließlich einer der Faktoren sein, die im 15. Jahrhundert zum Machtverlust der Hanse führten.
    Knapp zweihundert Jahre zogen ins Land. Es war mitten im Dreißigjährigen Krieg, dem schon zwei Drittel der Einwohner des Landes zum Opfer gefallen waren. Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein hatte große Teile Deutschlands und Mecklenburgs erobert und tauchte nun vor den Toren Stralsunds auf. Der Legende nach soll Wallenstein über mich und die anderen Einwohner meiner Stadt gesagt haben:
    Sie sind schlimme Kerls, widerwärtig und rebellisch, lose Buben, denen nicht zu trauen ist, Schelme, Bösewichte und Bestien. Ich werde nach Stralsund kommen und nicht eher abziehen, bis die Stadt eine katholisch-kaiserliche Garnison aufgenommen hat, oder ich werde es so machen, dass nichts von ihr übrig bleibt. Und wenn sie mit Ketten an den Himmel gebunden, die Stadt muss herunter .
    Wallenstein belagerte die Stadt, doch herunter bekam er sie letztendlich nicht, denn den losen Buben eilten dänische und schwedische Buben zu Hilfe.
    Für Pommern begann anschließend die Schwedenzeit, die sich dadurch auszeichnete, dass Schweden regierte. Später übernahmen peu à peu die Preußen. Das war dann die Preußenzeit.
    In Mecklenburg regierten die zwei Großherzogtümer Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin. Die Unzufriedenheit über die politischen Verhältnisse löste eine Auswanderungswelle aus. Zweihundertfünfzigtausend Mecklenburger verließen zwischen 1850 und 1900 ihre Heimat. Die meisten von ihnen nach Übersee.
    Schweden ließ es erst 1903 endgültig gut sein, indem es vertraglich auf die Einlösung ihres Pfandes (Hansestadt Wismar) verzichtete. Die Skandinavier gehören bekanntlich zu den fortschrittlichen, modernen Nationen, so war ihnen das Terrain Mecklenburg-Vorpommerns am Ende wohl nicht geheuer, denn dort scheiterte die bürgerliche Revolution, und als einziges Gebiet blieb es bis Anfang des 20. Jahrhunderts ohne moderne Verfassung. Und sogar bis Ende 2007 ohne ein schwedisches Möbelhaus.
    Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Mecklenburg und Pommern das erste Mal zu dem, was sie heute sind: Mecklenburg-Vorpommern. Mecklenburg-Vorpommern als solches existierte jedoch nur zwei Jahre, 1947 wurde die Bezeichnung (Vor)Pommern verboten.
    Die
DDR
tat ein Übriges; sie teilte unter anderem Mecklenburg-Vorpommern in fünf Regierungsbezirke, ließ ergrauen, was ergraute, legte den Bauern und Bäuerinnen nahe, sich einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (
LPG
) anzuschließen, und verstaatlichte Hotels,
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