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Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder

Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder

Titel: Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder
Autoren: Ariane Grundies
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Taxi- und Dienstleistungsunternehmen entlang der Ostseeküste. Aber dann endlich, 1990, dank der Sachsen und ihrer revolutionären Ader, die ganz besonders montags pulsierte, wuchs zusammen, was zusammengehört: Mecklenburg-Vorpommern.
Charakter und Erscheinungsbild
    Was ist das eigentlich für ein Mensch, der Küstenmensch, der auf sämtlichen Fotos in den Dünen steht und den Blick durchgeistigt auf den Horizont richtet, der seine Liebsten Schieter und Frostköttel nennt und in seinen Märchen die Frauen in einem Pisspott wohnen lässt? Das Märchen selbst, De Fischer un sin Fru , vom Wolgaster Otto Runge an die Grimms verhökert und 2007 von Doris Dörrie verbraten, gibt einen ersten Anhaltspunkt. Bescheiden ist der Meck-Pommer. Will er wie im Märchen gar Papst oder Gott werden, wird er auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Der Boden der Tatsache bleibt seine Herkunft.

… so trägt der Mecklenburger, auch wenn er zum Städter ward, noch ein Stück Ackerkrume mit sich herum , behauptete der Rostocker Schriftsteller und spätere Direktor des Wiener Burgtheaters Adolf Wilbrandt.
    Diese Ackerkrume klebt selten an einem hohen Absatz einer Meck-Pommerin. Absätze sind auf den Kopfsteinpflastern der hiesigen Hansestädte und dörflichen Marktplätze oder gar auf ländlichen Feldwegen viel zu unpraktisch. Praktisch dagegen sind Stirnbänder bei den Damen und tiefblaue Prinz-Heinrich-Mützen bei den Herren. Eine Art Kapitänsschirmmütze mit Kordelbandverzierung. Dazu trägt der Küstenmann Bart, meistens voll. Schnauzer, modische Linienführungen oder gezwirbelte Kunst finden Sie unter Einheimischen nicht. Der Mecklenburger lässt sich nicht leicht zu Extravaganzen hinreißen. Sein Charakter hat einmal nichts von einem revolutionären Elemente an sich (David Russa).
    Auch die Küstenfrau verzichtet auf gar zu viel Tüddelüt. Aufbrezeln hält sie für eine bayerische Art zu backen. Überladene Perlenketten, funkelnde Ohrringe und dicke Klunker liegen bei ihr gut aufgehoben in der Nachttischschublade. Der Unterschied zu anderen norddeutschen Damen besteht darin, dass die Meck-Pommerin niemals in schniekem Matrosenlook anzutreffen ist. Das wäre ihr irgendwie zu – dämlich. Von ihren Landsleuten bekäme sie dazu ein verächtliches Wat hest du dor antreckt ? (Was hast du denn da angezogen?) zu hören. Einer der Lieblingswitze der Meck-Pommer geht so: Treffen zwei Nullen am Ostseestrand eine Acht. Sagt die eine Null zur anderen: Schau mal dieses eitle Ding an. Trägt bei der Hitze noch einen Gürtel. Über die zweckmäßige Bekleidung der meck-pommerschen Damen beschwerte sich seinerzeit Walter Behrend wie folgt:
    Die Rostocker Frauen machen im Durchschnitt in ihrer ganzen biederen Haltung und Kleidung durchaus den unantastbaren Eindruck der tüchtigen deutschen Hausfrau. Fern von allem erotisch leichten, gefälligen Air geben die norddeutschen Damen in der Regel das absolute Exempel der unwiderruflichen Zweckmäßigkeit und Nüchternheit ihrer Weiblichkeit, nicht etwa das der planmäßigen Aufreizung und Eleganz, auf die es doch schließlich ankommt.
    Nüchtern und irgendwie zweckmäßig ist auch der Humor der Menschen dieser windigen Region. Im Allgemeinen werden Ihnen weder Frau noch Herr Meck-Pomm lächelnd auf der Straße begegnen. In ihren Gesichtsausdrücken liegt eher etwas wie Verwunderung oder Skepsis, auch wenn der Meck-Pommer selbst den Spruch: Dat Läwen is väl tau kort för een langet Gesicht (Das Leben ist viel zu kurz für ein langes Gesicht) zum Platt-Sprichwort des Jahres 2008 gewählt hat. Böse Zungen nennen den landestypischen Gesichtsausdruck Spott. Über seine Züge fliegt dem neugierigen Frager gegenüber oft ein flüchtiger Schein, der es verrät, wie sehr er sich innerlich über ihn lustig macht,

… (C. Beyer). Der Meck-Pommer amüsiert sich, ohne zu lachen. Treffen Sie tatsächlich mal auf eine größere Ansammlung von Meck-Pommer, um nicht zu sagen, auf eine kleine Gesellschaft, geraten Sie vielleicht in die Verlegenheit einen Witz nach dem anderen zu probieren, weil schon bald Ihr Ehrgeiz geweckt ist, diesen sturen ernsten Gesichtern ein Lächeln zu entlocken. Die lächeln aber allerhöchstens nur so ein bisschen, und dann auch noch in sich hinein, und doch könnte es passieren, dass Ihnen zum Abschied jemand die Hand auf die Schulter legt und sagt: Dat hest du oewer fien makt. So gaut häv ick mi lang nich amüsiert (Das hast du aber schön gemacht. So gut habe ich mich schon
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