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GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition)
Autoren: David Peace
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Es gab nichts mehr zu sagen –
    Am Morgen waren weitere 1114 Männer zur Arbeit gegangen. Damit waren es 50,74 Prozent
.
    Die Mehrheit war dahin. Der Großteil des Geldes aufgebraucht –
    Es war vorbei. Hier. Heute. Jetzt

    Nur Kent und Yorkshire wollten weitermachen, um noch zu einer Einigung zu kommen –
    South Wales, die Region mit den niedrigsten Streikbrecherzahlen, hatte andere Vorstellungen –
    »Wir sind gemeinsam in Streik getreten«, sagten sie, »also gehen wir auch gemeinsam wieder zur Arbeit.«
    »Es ist ja schon aus humanitären Gründen unvernünftig«, argumentierte Durham, »die Mitglieder und ihre Familien dazu aufzurufen, aus Loyalität zu dieser Gewerkschaft weiteres Leid und weitere Entbehrungen auf sich zu nehmen.«
    Doch es sollte noch weiteres Leid und weitere Entbehrungen geben

    Für die Männer, ihre Familien, ihre Gewerkschaft

    Wochenlang, monatelang, jahrelang

    »Es kann keine Aussöhnung geben«, so Schottland, »bis es auch eine Amnestie gibt.«
    »Das NCB«, wiederholte der Präsident, »ist auf Druck der Regierung nicht bereit, zu verhandeln. Ein reiner Abnutzungskrieg. Wir werden eine Entscheidung treffen müssen, die die Interessen unserer Mitglieder im Auge hat.«
    Vier Entscheidungen lagen auf dem Tisch. Vier letzte Wahlmöglichkeiten –
    Weiter streiken oder das Angebot des NCB akzeptieren

    Mit oder ohne Amnestie an die Arbeit zurückkehren
.
    Das Komitee berief für Sonntag, den 3. März, eine außerordentliche Delegiertenversammlung ein.
    Ein Mitglied des Exekutivkomitees nach dem anderen verließ den Konferenzraum und kehrte in seine Region, zu seinen Gremien und in seinen Bezirk zurück. Und zu seinem Lokalsender –
    Der Präsident saß allein am Tisch. Und wischte sich die Augen trocken –
    Er sah die leeren Stühle, den leeren Tisch, den leeren Raum, die schweren Vorhänge, die angeschlagenen Tassen, die Einwegspiegel, die versteckten Wanzen –
    »Gehörst du zum harten Kern, Genosse?« fragte er Terry.
    Terry nahm seine Akten, Notizen, seine Zahlen und seinen Taschenrechner –
    »Falls ich vor den Flammen zurückzucke«, fuhr der Präsident fort, »dann vergiss alles, was ich gesagt habe.«
    Terry ließ Tisch, Zimmer und Gebäude hinter sich, ließ den Präsidenten allein mit seinen Träumen vom Sieg in dieser Nacht der Niederlage –
    »Wir sind auf halbem Wege von Dünkirchen zum D-Day«, rief er ihnen allen hinterher. »Aber erst auf halbem Wege, Genossen! Auf dem größten Marsch, den die Welt je gesehen hat …«
    Selbst im Winter waren die Tage zu lang, die Nächte alt und bang

    Sie hockten in überhitzten Hütten, umstanden kalte Kohlenpfannen, klatschten in die Hände, stampften mit den Füßen, weckten die Toten. Ihre Abzeichen hatten sie gegen Zigaretten getauscht, ihre Banner gegen Bier

    Zwei Brüder, Teenager. Ihre Körper schwarz, die Gesichter blau. Abraum fiel ihnen aus den Mündern, als sie sprachen: »Du kennst uns doch, oder?«
    Malcolm schüttelte den Kopf. Blut tropfte ihm aus den Löchern, die ihre Schere hinterlassen hatte

    In den Schatten. Die Geister draußen. In der Stille. Der Geist drinnen

    Da nickte Malcolm, denn er wusste nun, so fühlt es sich an, tot und begraben zu sein

    Unter der Erde
.
    Als sich der Zug King’s Cross näherte, wechselte Terry die Wagenklasse. Hier in London würde es enden.
    Nicht in Sheffield, nicht in Mansfield, nicht in Schottland, nicht in Wales

    Terry schleppte die zwei Koffer und seine Aktentasche über den Bahnsteig zu den Schließfächern –
    Hier in London. Heute oder morgen. Samstagabend. Sonntagmorgen

    Terry stellte den Koffer 36 ins Schließfach 27 und steckte den Schlüssel in einen Umschlag –
    Es war ein Treffen der Linken angesetzt, um Entscheidungen für das Exekutivkomitee vorzubereiten

    Terry warf den Umschlag in einen Briefkasten in der Bahnhofshalle. Dann ging er zum Taxistand –
    Das Exekutivkomitee traf sich, um Entscheidungen für die Delegiertenkonferenz am Sonntag vorzubereiten

    Terry stieg aus, bezahlte das Taxi und ging auf sein Zimmer im County Hotel –
    Die außerordentliche Delegiertenkonferenz traf sich, um für die Mitglieder zu entscheiden

    Terry spuckte Blut ins Taschentuch. Er nahm noch eine Handvoll Aspirin –
    Die Mitglieder standen im Regen, sie waren aufgeschmissen
.
    Er wusch sich die Hände.
Wieder und wieder
. Er sah auf die Uhr.
Tick-tack
.
    Noch Tage, Stunden, Minuten

    Terry nahm das
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