Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Automat besorgen“, wandte ich ein.
    „Bei einem Ausflug tun wir das, weil es zuträglich für die Gesundheit ist, den Geist erfrischt, dem Menschen Freude bereitet und so weiter. Steuerst du aber eine Rakete, dann bringst du die Ladung und dich selbst in Gefahr…“ „Was liegt denn schon an einer Rakete!“ entfuhr es mir.
    Der Professor lachte befriedigt. „Siehst du, nun hast du selbst, ohne es zu wollen, eingestanden, daß du bei deinen Träumereien von der Astronautik nicht an die Verantwortung und die Arbeit denkst, die damit verbunden ist. Dir geht es also in Wirklichkeit nur um das kleine bißchen, das die Freude an dem Flug steigert, weil es sich um etwas Ernsthaftes handelt. Vor zweihundert Jahren war es eine große, schwere Kunst echter Männer, und sie forderte den Einsatz des Lebens derer, die sich ihr widmeten. Die Namen der berühmten Astrogatoren sind in die Geschichte der Menschheit eingegangen. Was damals unabdingbare Notwendigkeit war, das wäre heute im besten Falle eine Spielerei oder, noch schlimmer, glatter Unsinn.“
    Ich war wütend auf den Professor, der die Richtigkeit seiner Meinung so logisch bewies, auf den alten Kustos, auf meinen Bruder, auf die ganze Welt. Trotz allem stand mein Entschluß fest: Ich würde Astronaut werden. Gewiß fand sich ein Weg zu diesem Ziel. Ich schwieg, aber der Professor erkannte wohl an meinem bescheiden gesenkten Blick, was ich dachte. „Willst du wirklich Kapitän eines Weltraumschiffes werden?“ fragte er mich geradezu. Obwohl ich nicht gesonnen war, noch ein Wort darüber zu verlieren, stieß ich unwillkürlich aus: „Ja, das will ich!“
    Er riß verwundert die Augen auf, doch dann begann er zu lachen. Er lachte lange und herzlich. Schließlich wurde er wieder ernst. „Stimmt es, daß du kürzlich ein Bleikabel durchgebissen hast?“ verhörte er mich weiter.
    „Ja“, antwortete ich finster. Ich war noch immer ein wenig stolz auf diese Leistung, obgleich nicht einer der Erwachsenen auch nur eine Spur von Verständnis dafür aufgebracht oder gar Begeisterung gezeigt hatte. „Weshalb hast du das getan?“
    „Es ging um eine Wette“, sagte ich widerstrebend.
    „Du bist sehr eigensinnig und starrköpfig. Ich habe davon gehört, und nun bin ich überzeugt, daß es stimmt. Hm, hm… Na, vielleicht gibt sich das mit der Zeit… lies einstweilen das Buch von Rufus.“
    Murach sah mich streng und prüfend an. Aber seine beweglichen Brauen verrieten deutlich, daß er innerlich auf meiner Seite stand. Einige Tage nach der Unterredung mit Professor Murach begab ich mich in eines der Institute für Lichtgeschwindigkeiten.
    Damals war gerade die Zeit hitziger Diskussionen und der ausgedehnten Vorbereitungen, die durch die erste Expedition über unser Sonnensystem hinaus gekrönt werden sollten. Auf der ganzen Erde entstanden Institute, in denen sich Freiwillige für sehr schwierige und gefährliche Experimente zur Verfügung stellten. Die Auswirkungen einer Geschwindigkeit von mehr als zehntausend Kilometern in der Sekunde auf den menschlichen Organismus waren noch unbekannt, es stand aber bereits fest, daß das Weltraumschiff, um das nächste Sonnensystem in absehbarer Zeit zu erreichen, eine zumindest zehnmal höhere Geschwindigkeit entwickeln mußte.
    Ich begab mich also, wie gesagt, in eines der Zentren für die Erforschung der Lichtgeschwindigkeit und meldete mich dort freiwillig als Kandidat. In früheren Jahren hatte ich die weißgekleideten Mitarbeiter dieser Institute mit dem kleinen, silbernen Strahl am Ärmel einige Male gesehen. Wo sie auftauchten, dort begegnete man ihnen mit einer Hochachtung, die man sonst nur bedeutenden Gelehrten und Künstlern erweist.
    Im Institut wurde ich mit ausgesuchter Höflichkeit empfangen, die allerdings offensichtlich einer gewissen Routine entsprang. Ich nehme an, daß solche Bewerber wie ich dort täglich zu Dutzenden abgefertigt wurden.
    Außer gutem Willen besaß ich damals keinerlei Qualifizierung. Ich wurde also mit der Zusage entlassen, daß ich mich fünf Jahre später erneut zur Aufnahmeprüfung melden könne, natürlich nur dann, wenn ich entsprechend gute Zeugnisse vorzuweisen hätte.
    Enttäuscht verließ ich das Institut und wälzte die phantastischsten Pläne. Mein erster Gedanke war, allein, in einer Einmannrakete, in den Weltraum zu starten, wobei ich damit rechnete, einem Weltraumschiff zu begegnen, das sich meiner als Schiffbrüchigen des Weltraumes annahm, ehe meine Vorräte erschöpft
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher