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Gartengeschichten

Gartengeschichten

Titel: Gartengeschichten
Autoren: Eva Demski
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wunderbar rekonstruiert worden ist. Beide Künstler haben sich viele Gedanken um ihren Garten gemacht, der Gesamteindruck ist der einer unbändigen Schöpfungsfülle.
    Im Überfluß der Tropen, in denen Wachstum und Fäulnis schnell aufeinanderfolgen, gelten dagegen strenge und formalistische Gärten als schön. Ein Beispiel dafür ist derGarten des alten Railway Hotel in Hua Hin. In der fetten Erde würde auch ein in den Boden gesteckter Spazierstock Blätter und Blüten treiben, deswegen heißt das Gesetz dieses tropischen Gartens Zähmung, Ordnung, Niederhalten. Die gesamte Anlage ringt dem Chaos der Fruchtbarkeit strenge Formen ab, in diesem Fall Tierformen. Mächtige Mammuts und zierliche Vögel, Scharen von Hasen und Hirschen, ein aus Liguster und Bougainvilleen gezüchteter Zoo, dessen Tiere sich in der Dämmerung in Bewegung zu setzen scheinen. Den ganzen Tag über sind Gärtner mit Scheren unterwegs, um selbst das kleinste Zweiglein, das vom Tier wieder zur Pflanze zurückwill, zu kappen. Vielleicht muß ein Garten immer eine Art Gegenentwurf zur Umgebung sein.
    Die Gleichförmigkeit hat in der Architektur fast auf der ganzen Welt gesiegt. Lochfassaden und Reihenhauszeilen, von Nord bis Süd und Ost bis West. Auch wenn das eine oder andere Dekorationselement verwegen aus der Norm ausschert – der Schuhkarton als Gestaltungsprinzip hat sich durchgesetzt. Da bleiben die Gärten, um sich von anderen zu unterscheiden. Und es ist immer wieder zum Staunen, welche Vielfalt auf gleichem Boden gedeihen kann.
    Daß in jedem Boden ein Garten schläft, habe ich vor ein paar Jahren in Israel gesehen. Nach einem ziemlich nassen Winter fuhr ich mit dem Schriftsteller Meir Shalev in die Wüste. Es war inzwischen Frühling geworden, und Meir Shalev hatte ein neues Auto, mit Vierradantrieb. Er wollte sich in der Wüste auf die Lauer legen und warten, bis andere Autos im Sand feststeckten, um sie dann im Triumph rauszuziehen. Ganz nebenbei versprach er mir einen erstaunlichen Anblick, und er versprach nicht zuviel. Der Garten Eden, der lang im Wüstensand geschlafen hatte, war wach geworden, die Hügel hatten plötzlich einen dichten grünen Graspelz, und dieZiegen der Beduinen waren wie besoffen von all dem köstlichen Grün. Wo viele Jahre nur Felsbrocken gewesen waren, sprudelte eine Quelle, und um sie herum wuchsen wilde Tulpen und Narzissen. Mohnfelder und bauchhohe Margeriten bedeckten den Sand. Ich traute meinen Augen nicht. Sogar der Dornbusch aus der Bibel war da, und er brannte tatsächlich, mit tausend feuerroten Blüten. Menschen wälzten sich in den Blumen, rissen sie büschelweise aus, waren auf ihre Weise genauso verrückt wie die Ziegen. Ein Auto nach dem anderen fuhr sich im Sand fest, und Meir Shalev verbrachte mitsamt seinem neuen Jeep einen glücklichen Nachmittag. Gott oder die Götter, wer auch immer für diesen schwierigen Landstrich verantwortlich sein mag, sorgten in diesem Frühling dafür, daß sichtbar wurde, wie die Welt aussehen könnte. Das Ganze dauerte natürlich nicht lang, der Rausch verflog, die Wüste bekam ihre fahle Farbe zurück, aber die Erinnerung an diesen Garten Eden blieb seinen Besuchern, und den Ziegen vermutlich auch.
    Was für Erde gibt es auf Erden? Schwarze, braune, gelbe, rote und weiße, es ist wie bei den Menschen. In den bayrischen Gärten, schwarzerdig und fett, wächst fast alles. Neiderfüllt schauen die Touristen auf die unter Blumen versinkenden Zäune und die meterlangen Blütenwasserfälle, die sich von den Balkonen stürzen. Man schiebt die Fruchtbarkeit gern auf die Luft des Voralpenlandes oder das gute Wasser, aber es ist diese Erde, die den Gärtnern ihre Sache leichtmacht, wohlgenährte, gut gehaltene Gartenerde, die außer vielleicht ein paar Erbstreitigkeiten noch nicht viel hat durchmachen müssen.



Es gibt lehmige und tonige Erde, Erde, die das Wasser nicht aufnimmt, sondern in Pfützen stehenläßt und nur zögerlich trinkt. Es gibt die saure, braune Erde, auf der derRhododendron ganze Wälder bildet, den Gefallen tut er seinen Liebhabern anderswo nicht. Was in manchen Gegenden, im Norden oder in England, unaufhaltsam wuchert, wird auf anderen Böden mühsam mit großen Gruben, in die der saure Boden gefüllt worden ist, festgehalten und gehegt. Kann sein, daß er trotz aller Liebesmüh kümmert, der Rhododendron. Komischerweise mag er Aristokratengärten, auch wenn der Boden nicht ganz stimmt.
    Auf hellem Kalkboden gedeihen Skabiosen, Steinkraut,
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