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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel
Autoren: Francois Rabelais
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preislich haun. Wo ist's? Wo sind sie? Ich fürcht' mich nur von ihren Hörnern. Doch davor wird mich Panurgs Geweih schon schützen, wenn er erst ein Weib hat. Ich seh ihn schon im prophetischen Geist, den neuen Aktäon, den Hornhahnrei und Hörnensiegfried.«
    Hier unterbrach unser Glanzlaternlein mit dem Ermahnen das Gespräch, daß dies der Ort wäre, wo wir nun durch Unterdrückung aller Worte und Zungenstummheit Achtung zu beweisen hätten. Übrigens beschied sie uns, daß wir ohn' das Flaschenwort keineswegs von hier gehen dürften, weil wir mit Weinlaub vorgeschuht wären.
    »Marsch also vorwärts!« rief Panurg, »und häuptlings durch dreitausend Teufel! Der Tod ist nur ein Hops: zwar hatt' ich mein Leben auf eine Schlacht verspart – marsch vorwärts! Immer zu! Courage hab' ich, soviel ihr wollt; zwar bubbert mir 's Herz im Leib, allein das macht dies kalte feuchte Kellerloch. Es ist nicht Furcht noch Fieber, nicht doch! Nur zu, nur vorwärts! Marsch, marsch, marsch! Mein Nam' ist Wilhelm sonder Furcht.«

Vierunddreissigstes Kapitel
Wie die Pforten des Tempels wunderbarerweise von selbst aufgingen
    Am End der Stiegen trafen wir auf ein Portal von feinem Jaspis, ganz nach dorischer Art und Kunst erbaut und abgeteilt. Vorn auf der Front desselben stund mit ionischen Lettern vom reinsten Gold der Spruch: ›Im Wein ist Wahrheit‹ geschrieben. Beide Türen waren massiv aus einer Art korinthischen Erzes, mit kleinem erhabenem Rankenwerk mit Schmelz verziert, und griffen und verfugten sich in ihrem Falz ohn' Schloß noch Riegel und sonst ein Band fest ineinander; nur ein indianischer Diamant hing dran, von der Größe einer Saubohne.
    Hier bat uns unsre edle Latern, sie für vollgültig entschuldigt zu halten, wenn sie Anstand nähm', uns weiter zu führen; bloß den Lehren der Priesterin Bakbuk sollten wir folgen, weil ihr dort selber einzuschreiten aus allerlei besonderen Gründen, die erdgeborenen Sterblichen ratsamer zu verschweigen seien, nicht verstattet sei. Doch befahl sie uns, jedenfalls munter zu bleiben, vor nichts zu zittern noch zu beben, und des Rückwegs halber nur auf sie zu bauen. Hierauf nahm sie den Diamant von der Türe ab und warf ihn rechts in ein dazu expreß befindliches silbernes Käpslein; nahm dann von der Angel jeder Tür ein anderthalb Klafter langes karmesinrotseidnes Band, band's an zwei Goldringe, die dazu ausdrücklich an den Seiten hingen, und trat zurück. Urplötzlich gingen beide Türen, ohne daß ein Mensch daran gerührt hätte, von selber auf und machten im Aufgehn nicht etwa ein knarrendes Getös und schrecklich Dröhnen, wie sonst schwere eherne Pforten zu machen pflegen, sondern ein liebliches Gemurmel, das durch die Tempelhalle erscholl. Pantagruel merkte auch bald die Ursache davon, denn unterm Rand von jeder Tür entdeckte er eine kleine Walze, die über die Angel in die Tür griff und, wie die Tür der Mauer zuflog, auf einem harten, völlig gleich und glatt polierten Ophitesstein umlief, wodurch dann durch solche Reibung dies liebliche Gemurmel entstand.
    An den Türflügeln sah ich zwei Tafeln aus indianischem Magnetstein, eine halbe Hand breit und dick, von Farbe bläulich, glatt und zart geschliffen.
    Auf dem einen der Täflein rechterhand stand sauber mit alten lateinischen Lettern:
Ducunt volentem fata nolentem trahunt.
     
›Das Schicksal führt den Willigen, es zieht den Widersetzlichen.‹
     
    Auf der andern linkerhand las ich zierlich skulpieret diesen Spruch:
›All Ding neigt sich zu seinem End.‹
     

Fünfunddreissigstes Kapitel
Wie des Tempels Pflaster herrlich mit Bildern verziert war
    Nachdem ich diese Inschrift gelesen, warf ich meine Augen auf die übrige Tempelpracht und sah die schier unglaubliche Struktur des Pflasters, dem mit Fug kein Werk unter der Sonnen zu vergleichen ist. Denn es war Mosaikarbeit in kleine Felder abgezirkt, alle von feinen polierten Steinen, jeder in seiner natürlichen Farbe.
    Im Portikus war des Pflasters Muster ein Bildwerk aus kleinen sortierten Steinen, all in ihren ursprünglichen Farben, wie sie zur Zeichnung der Bilder sich paßten; es war, als wenn man über dies Pflaster Weinlaub umher verstreuet hätte ohn' viele Wahl oder Einteilung; denn hier schien's dick gesät zu sein, dort spärlich. An einer Stelle erschienen im Halbschatten ein paar Schnecken, die an den Trauben krochen; an andern kleine Eidechslein, das Laub durchschlupfend; hier und da sah man halbreife Trauben, sah ganz reife, so geschickt und
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