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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel
Autoren: Francois Rabelais
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Kehl-Schlotfeger mehr; da aßen wir auf ihr Gebot so lang, bis wir bekennen mußten, daß unsre Mägen trefflich wohl gestriegelt wären, bis auf den Durst, der uns äußerst beschwerlich fiel. Da sprach sie zu uns: »Einst erhielt ein weiser, tapfrer Juden-Feldherr, als er sein ausgehungertes Volk durch die Wüsten führte, das Manna vom Himmel, welches ihnen in ihren Gedanken so wie ihr voriges Futter in Wahrheit schmeckte. So werdet nun auch ihr, wenn ihr den Wundertrank hier schlürft, den Schmack desselben Weins verspüren, den ihr euch eben denkt. Wohlan! So denkt und trinkt!« – Gesagt, getan. Worauf Panurg laut rief: »Bei Gott! Dies ist der allerbeste Beaune, den ich noch je getrunken hab', oder ich laß mich von neun Dutzend Teufeln holen; oh, wer doch, um ihn nur recht lang zu schmecken, gleich einen Hals von drei Ellen hätte, oder wenigstens einen Kranichhals!«
    »Auf Laternenehr!« schrie Bruder Jahn, »'s ist griech'scher Wein; das saust und braust! Um Gottes willen, Freundin, lehrt mich die Kunst, wie Ihr den macht.« – »Mir«, sprach Pantagruel, »schmeckt er wie Mireveauer; denn vor dem Trinken dachte ich an den. Es fehlt ihm nichts, als daß er kühl ist, kühler wahrlich als eiskühl.« – »Trinkt nur«, sprach Bakbuk, »immer wieder, ein-, zwei-, dreimal und denkt euch immer dabei was anders; immer wird es derselbe Trank und Saft sein, den ihr gedacht habt; und nun sagt mir hinfür nur noch, daß bei Gott ein Ding unmöglich sei.« – »Ei«, sprach ich, »das haben wir auch noch nicht gesagt, denn wir behaupten, er ist allmächtig.«

Neununddreissigstes Kapitel
Wie Bakbuk Panurg ausstaffierte zur Einholung des Flaschen-Wortes
    Nach diesem Reden und Schlürfen frug Bakbuk: »Wer will unter euch das Wort der göttlichen Flasche erforschen?« – »Ich«, antwortete Panurg, »mit Ehren zu melden, Euer armes kleines Trichterlein.« – »So geb ich Euch, mein Freund«, sprach sie, »nur diese einzige Weisung mit, daß, wenn Ihr zum Orakel kommt, Ihr mit nicht mehr denn einem Ohr das Wort zu hören Euch bemüht.« – (»Es ist ein einöhriges Gewächs«! sprach Bruder Jahn.) – Dann hing sie ihm einen Reitrock um, setzt' ihm ein schönes, weißes Kindermützlein auf, mummte ihn in einen Seihsack, an dessen Spitze sie statt der Quaste drei Spießlein hing, behandschuhte ihn mit zwei altfränkischen Hosenlätzen, umgürtete ihn mit drei verbundenen Bockshörnern, wusch ihm das Gesicht dreimal in dem genannten Brunnen, warf ihm zuletzt eine Handvoll Mehl in die Augen, steckte ihm rechts auf seinen Hippokras-Sack drei Hahnenfedern, ließ ihn neunmal um den Brunnen traben, drei kleine muntere Bockssprüng tun und siebenmal mit dem Hintersten den Boden betupfen. Dabei sprach sie in einem fort ich weiß nicht was für Beschwörungsformeln in etruskischer Sprache und las zuweilen etwas aus einem Ritualbuch.
    So ausstaffiert, nahm sie ihn fort aus unsrer Mitte und führte ihn durch eine güldne Tür rechts aus dem Tempel in eine runde Kapelle aus Spekularstein, deren feste Klarheit ohn alle Fenster oder andre Öffnung den Sonnenschein, der durch die Kluft des Felsens fiel, worunter der große Tempel stand, so leicht und reichlich einließ, daß das Licht vielmehr drin zu entstehen, als von außen zu kommen schien.
    Mitten darinnen war ein siebeneckiger Brunnen aus feinem Alabasterstein von sonderbarer Arbeit und Bekleidung, voll so klaren Wassers, als nur ein einfaches Element in seiner Lauterkeit zu finden ist. Halb in demselben stand die hochgebenedeite Flasche, in lauter schönen spiegelhellen Kristall gekleidet, eirund von Gestalt, nur daß die Mündung dran ein klein wenig offener war, als sonst zu dieser Form sich schickt.

Vierzigstes Kapitel
Wie die Priesterin Bakbuk Panurg der göttlichen Flasche vorstellte
    Da ließ die edle Priesterin Bakbuk Panurg bücken, den Brunnenrand küssen, dann wieder aufstehn, und ihn um den Brunnen drei Schleifer tanzen. Als dies vollbracht war, befahl sie ihm, sich mit dem Hintern auf die Erde zwischen zwei Stühle sanft niederzusetzen, die schon in Bereitschaft stunden. Schlug dann ihr Ritualbuch auf, blies ihm ins linke Ohr und ließ ihn folgendes Weinlied singen:
    Heilge Flasche
Die verborgen
Hegt Geheimnis,
Du, auf welche
Ich mit Einem Ohr muß horchen,
Ohne Säumnis
Sag uns, wie der Reim hieß,
Der das Herz erhebt.
In Dein himmlisch
Naß begräbt Bacchus,
welchem Indien bebt,
Alle Wahrheit.
Weit entweichet, Götter-Saft,
von Dir verscheuchet,
Alles
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