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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel
Autoren: Francois Rabelais
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eben solche Bilder, und auch so frisch gemalt wie hier.« –
    »Wo?« frug Pantagruel, »was ist dies für eine erste Stadt, von der Ihr sprecht?« – »Herr«, sagte ich, »Chinon ist es, oder Caynon in der Touraine.« – »Ei«, antwortete mir Pantagruel, »wo Chinon liegt, das weiß ich wohl, und auch der Bildkeller, ich hab' da manch frisches Glas geleert und zweifl' auch keineswegs, daß Chinon eine sehr alte Stadt sei; schon ihr Wappen gibt's, darin man zwei bis dreimal liest: ›Chinon die Stadt, zwar klein, doch großen Namen hat: steht fest auf altem Steine, ob der Vienne am Haine.‹ Wie aber wär's die erste Stadt der Welt? Wo findet Ihr dies geschrieben? Woraus vermutet Ihr's?« – »Ich les'«, antwortete ich, »in heiliger Schrift, wie Kain der erste Städterbauer gewesen ist; sehr glaublich also, daß er die erste nach seinem Namen Kaynon getauft habe, wie seitdem nach seinem Beispiel alle andren Städterbauer und -Stifter ihnen ihre Namen erteilt haben: Athene Athen; Alexander Alexandrien; Konstantin Konstantinopel; Pompejus Pompejopolis in Cilizien; Hadrian Hadrianopel; Saba den Sabäern; Assur den Assyrern; Ptolomais, Cäsarea, Tiberium, Herodium in Judäa.« – Während wir diese Gesprächlein pflogen, da trat der Oberschenk oder Hausweise, wie ihn die Latern hieß, der göttlichen Flasche Hofmarschall, begleitet von den Tempelwächtern, herein. Da er uns Tyrsusstäblein schwenken und Efeukronen tragen sah, auch unsre hohe Latern erkannte, so ließ er uns frei passieren und befahl, uns geradeswegs zur Fürstin Bakbuk, dem Ehrenfräulein der Flasche und aller Mysterien Priesterin, zu führen. Dies geschah denn auch sofort.

Dreiunddreissigstes Kapitel
Wie wir die vierfachen Treppen hinabstiegen, und von Panurgs Todesangst
    Drauf stiegen wir eine Marmortreppe unter die Erde; da war ein Absatz; schlugen uns linkerhand und stiegen noch zwei, da war ein gleicher Absatz, dann seitwärts drei, und wieder ein Absatz; und dann vier. Jetzt frug Panurg: »Ist's hier?« – »Wie viele Stiegen«, sprach unsre vortreffliche Latern, »habt Ihr gezählt?« – »Eins, zwei, drei, vier«, antwortete Pantagruel. – »Wie viel sind das zusammen?« frug sie. – »Zehn«, antwortete Pantagruel. – »Wenn wir 108 Stufen hinabgestiegen sein werden«, sprach sie, »werden wir am End dieser Schicksalszahl des Tempels Pforten finden.«
    Beim Hinabsteigen dieser Treppen waren uns sehr vonnöten: erstlich unsre Beine, sonst wären wir wie Fässer in einen Keller gerollt; zweitens unsre erlauchte Latern; denn außerdem fiel nicht ein Lichtstrahl in diesen Grubenpaß, so wenig als in Sankt Patricks Loch in Irland oder in die Trophoniushöhl in Böotien. Wie wir etwa ein 78 Stiegen tief hinunter waren, schrie Panurg und sprach zu unsrer leuchtenden Latern: »Ach wunderreiche Dame! Ich fleh Euch aus zerknirschtem Herzen, laßt uns linksum! Potz Puff, ich sterb' vor Schrecken; will ja mein Lebtag gern ledig bleiben. Ihr habt meinthalben Euch viel Sorg' und Müh' gemacht: Gott wird's Euch lohnen in seinem großen Belohnium. Ich werd' auch nicht unerkenntlich sein, wenn ich dies Troglodytenloch nur einmal erst im Rücken hab'. Um Gottes willen, linksum! Ach, ich fürcht' sehr, hie ist der Eingang, wo man zur Hölle hinuntersteigt; ich mein', ich hör' den Cerberus schon bellen, horcht! Er ist es, oder die Ohren gellen mir; ich bin sein Freund durchaus nicht, denn 's ist kein ärger Zahnweh auf Erden, als wenn uns die Hunde an den Beinen haben. Wenn hier die Hölle ist, fressen uns die Lemuren und Kobolde noch lebendig auf; sie haben ja so nix hier zu beißen. Bist du da, Bruder Jahn? Ich bitt' dich, halt dich dicht zu mir, liebs Ränzel! Ach, ich sterb' vor Angst. Du hast doch deinen Säbel bei dir? Ich hab' auch nicht die kleinste Wehr zu Schutz noch Trutz. Linksum!«
    »Ich komm', ich komm' ja schon«, sprach Bruder Jahn, »sei außer Sorg'. Halt ich dich nicht am Kragen fest, daß achtzehn Teufel dich mir nicht nähmen und wenn du zehnmal ohn' Waffen wärst? Mit gutem Mut und guter Faust fehlt's keinem in der Not an Waffen. Eher müßt's vom Himmel ja Waffen schnei'n, wie's weiland auf dem Feld zu Crau in der Provinz am Mariusgraben die Kieselsteine geschneit hat (sie sind heut noch da)! Wetter aber! Wo geht's hier hin? Zu den kleinen Kindern? (Hui, die werden uns schön beklackern!) oder zu allen Teufeln der Hölle? Kreuz Gottes! Ich schlag' sie braun und blau, jetzt da ich Wein auf den Sohlen spür'. Heut will ich mal
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