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Ganoven im Schlosspark

Ganoven im Schlosspark

Titel: Ganoven im Schlosspark
Autoren: Alexandra Fischer-Hunold
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Ohnmacht fallen soll, dann brauche ich jetzt eine schöne Dusche und frische Klamotten.“
    Paula wirbelte herum. „Du gehst mit Frau Hagedorn ins Kino?“
    „Na ja, eigentlich wollte ich mir so einen richtig schaurigen Gruselfilm ansehen. Aber dann hat Frau Hagedorn irgendwie mitbekommen, dass ich ins Kino will.“ Benny seufzte und hob die Schultern. „Und im nächsten Moment hat sie beschlossen, dass ich sie in ‚Vom Winde verweht‘ begleiten soll. Ich konnte einfach nicht Nein sagen. Nicht bei diesem sehnsüchtigen Blick! Seit fünfundzwanzig Jahren war sie nicht mehr im Kino, hat sie gesagt.“ Benny zuckte wieder mit den Achseln. „Na ja, auch ‚Vom Winde verweht‘ ist irgendwann zu Ende!“

    „Dann nimm genug Taschentücher mit. Gegen Frau Hagedorns Tränenproduktion bei einem Schmachtfetzen sind die Niagarafälle ein Rinnsal“, sagte Max grinsend.

    In diesem Moment hallte ein furchterregendes Fauchen zum Baumhaus herüber. Es klang nach einem erbitterten Kampf auf Leben und Tod. Und der Tumult schien aus dem Dienstbotentrakt zu kommen.
    „Was ist da los?“ Erschrocken starrte Benny Paula an.
    Paula zuckte mit den Schultern, spähte aus der Fensterluke und entdeckte zu ihrem Entsetzen einen fauchenden Long John Silver, der hinter Sherlock herjagte, der wiederum mit fliegenden Rockschößen, schiefer Perücke und angstverzerrtem Gesicht hinter Lilly herjagte. In Sherlocks Hand flatterte ein Blatt Papier.
    „Long John Silver!“, rief Benny und wollte schon die Leiter hinunterklettern, als Paula ihm den Weg versperrte.
    „Was soll das?“, rief er aufgebracht.
    „Oh, tut mir leid!“, sagte Paula mit Unschuldsmiene. „Ich glaube, die Tür hat sich verklemmt.“ Sie ging in die Knie und machte sich am Türriegel zu schaffen.
    Egal wie, Max und sie mussten Benny so lange aufhalten, wie der durchsichtige Sherlock mit dem sehr sichtbaren Papier durch den Park schwebte!
    „Lass mich mal!“, sagte Benny. „Oder besser noch, ich nehm das Tau!“ Mit drei Schritten war Benny an dem Fenster, aus dem das Seil in die Tiefe baumelte. Durch ein Kopfnicken gab Max Paula grünes Licht. Sherlock war außer Sichtweite.
    „Ah, jetzt geht es ja!“, sagte Paula lächelnd und öffnete die Tür. Doch Benny hatte schon das Seil in den Händen und glitt daran herunter.
    „Jetzt knöpf ich mir aber mal dieses irre gewordene Gespenst vor!“, schimpfte Paula. „Was denkt der sich eigentlich?“

Ein Schatz?
    Kaum hatte Benny seinen Kater wieder eingefangen und war im Schloss verschwunden, kletterten Max und Paula die Leiter hinunter, rannten über die Wiese und zu den bodentiefen Fenstern, hinter denen sich das Musikzimmer befand. Durch die Scheiben sahen sie Sherlock. Sichtlich aufgeregt schwebte er hektisch hin und her. Als er Max und Paula entdeckte, verfiel er augenblicklich in ein würdiges, langsames Schweben. Gerade als Max die Fenstertür zum Musikzimmer öffnen wollte, hielt ihn eine Stimme auf: „Was macht ihr euch denn an der Tür zum Musikzimmer zu schaffen?“
    Max ließ die Hand von der Klinke gleiten und drehte sich um. Hinter ihm und Paula war wie aus dem Nichts Frau Hagedorn aufgetaucht. Sie trug ein blassrosa Kostüm, dessen Jäckchen sich gefährlich über ihrem Bauch spannte, und eine ausgebeulte Handtasche baumelte von ihrem rechten Arm. Ohne jeden Zweifel: Die Handtasche war vollgestopft mit Taschentüchern, Schokolade, Pralinen und Trüffeln – Frau Hagedorns Grundausrüstung für einen schönen Liebesfilm.
    Max öffnete gerade den Mund, um etwas zu erwidern, als Frau Hagedorn eine Hand hob und entschieden den Kopf schüttelte: „Nein, ich möchte es gar nicht wissen. Sonst verderbt ihr mir noch meinen wohlverdienten Kinoabend mit Rhett Butler und Scarlett O’Hara.“
    „Wer sind die denn?“, wunderte sich Paula. „Gehen die etwa auch mit ins Kino?“
    „Red doch keinen Unsinn! Das sind die Hauptpersonen in ‚Vom Winde verweht‘, einem der schönsten Filme, die jemals gedreht worden sind“, schwärmte Frau Hagedorn mit entrücktem Blick. Dann räusperte sie sich beschämt. „Also, euer Vater ist heute Abend bei Kommissar Welkenrath zum Kartenspielen. Ich komme so gegen zehn zurück. Es kann aber auch später werden. Der Film hat Überlänge. Essen steht im Kühlschrank. Und ich verlasse mich darauf, dass ihr pünktlich um acht Uhr im Bett seid. Haben wir uns verstanden?“
    Paula und Max nickten.
    „Ich habe gar kein gutes Gefühl dabei, euch beide allein zu Hause zu lassen.
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