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Ganoven im Schlosspark

Ganoven im Schlosspark

Titel: Ganoven im Schlosspark
Autoren: Alexandra Fischer-Hunold
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Edgar Allan Poe!“, raunte der elegante Herr und angelte sich eines der Bücher. „Eine ganz vortreffliche Wahl, nur leider …“, eine Augenbraue schoss in die Höhe, „keine angemessene Bettlektüre für zwei Grünschnäbel wie euch!“ Er schüttelte bekräftigend den Kopf, dass seine langen, weißen Perückenlocken wackelten. „Viel zu schaurig!“
    „Ach was, Freiherr von Schlotterfels, bestimmt nicht so schaurig wie meine Mathebücher“, entgegnete Paula und nahm ihm das Buch aus der Hand.
    Freiherr von Schlotterfels räusperte sich, zupfte seine langen, weißen Spitzenmanschetten in Form und fragte: „Übrigens, habt ihr eure fette Dienstmagd vor die Tür gesetzt und eine neue hübsche eingestellt?“
    „Sie müssen Frau Porz meinen“, meldete sich Paula zu Wort. „Wegen der hat es heute richtig Krach gegeben, das kann ich Ihnen sagen! Huihuihui!“
    „Klatsch und Tratsch! Lasst hören!“, freute sich Freiherr von Schlotterfels und wippte vergnügt mit seinen Schnallenschuhen. „Das ist doch viel aufregender als eine Gruselgeschichte. Wer in seinem Gespensterleben schon so viel erlebt hat wie ich, den gruselt sowieso nichts mehr!“
    Auch wenn Sherlock Freiherr von Schlotterfels ab und zu gerne angab – ein Gespenst war er in der Tat, genau wie sein Hündchen Lilly.
    Die Geschwister waren ihren Gespensterfreunden zum ersten Mal in einer mondhellen Nacht in der Schlossbibliothek begegnet. Dass Max und Paula die beiden Gespenster überhaupt sehen konnten, verdankten sie einem schicksalhaften Zusammentreffen der Ereignisse: Dabei spielten ein schwankender Kerzenleuchter, der Mondschein und ein besonderes Gespenstergesetz eine entscheidende Rolle. Dieses besondere Gespenstergesetz besagt nämlich, dass ein Gespenst für denjenigen sichtbar wird, mit dem es in genau derselben Sekunde, beschienen vom Mondlicht, denselben Gegenstand berührt. Dieser Gegenstand war der schwankende Kerzenleuchter gewesen.
    Am Anfang hatten es Max und Paula mit dem launischen Gespenst gar nicht so leicht gehabt, aber mittlerweile waren sie die besten Freunde geworden.
    „Da gibt es nicht viel zu tratschen“, sagte Max und streckte sich. „Das Schloss wird doch dieses Jahr vierhundert Jahre alt.“
    „Wem sagst du das?“, näselte das Gespenst. „Du sprichst vom Schloss meiner Väter!“
    „Weil Frau Hagedorn die ganze Arbeit nicht alleine schaffen kann, hat Papa Frau Porz eingestellt. Und Frau Hagedorn war deswegen supersauer“, erklärte Max. „Aber jetzt hat sich die Sache wieder eingerenkt. Ende der Geschichte.“
    Sherlock war sichtlich enttäuscht von Max’ sachlicher Darstellung und zupfte gelangweilt an seinem weißen Krawattentuch herum. Doch dann breitete sich ein hämisches Grinsen über sein Gesicht aus. „Diese Frau Hagedorn ist bestimmt eifersüchtig“, verkündete er. „Aber wer könnte es ihr verdenken! Das Fräulein Porz ist eine wahre Schönheit. Das ist eurem Vater sicherlich auch nicht entgangen.“
    „Unserem Papa?“, rief Paula ungläubig. „Was für ein Quatsch!“
    „Dann habt ihr sie wohl noch nicht gesehen!“, entgegnete Sherlock.
    Paula und Max schüttelten den Kopf.
    „Dachte ich mir“, sagte Sherlock schnippisch.
    Bevor Paula etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür und Dr. Kuckelkorn steckte den Kopf ins Zimmer. „Schlafenszeit!“, sagte er, und natürlich konnte er nicht sehen, dass Sherlock und sein Hund wie auf Kommando vom Bett schwebten.
    Mit geübten Handgriffen zog Sherlock seine Weste stramm und das aufwendig bestickte Jackett mit den riesigen Manschetten in Form.
    „Oh, Edgar Allen Poe!“, sagte Dr. Kuckelkorn und nahm Paula das Buch aus der Hand. „Den habe ich als Kind geliebt.“
    „Echt?“, rief Paula begeistert und zwinkerte Max zu. Da bot sich doch vielleicht eine tolle Gelegenheit, das Zubettgehen ein klein wenig hinauszuzögern. „Erinnerst du dich noch an deine Lieblingsgeschichte?“, fragte sie. „Liest du sie uns vor?“
    „An die erinnere ich mich sogar sehr gut. Denn sie hat mir so manche schlaflose Nacht beschert!“ Dr. Kuckelkorn schaute seine Tochter mit einem amüsierten Lächeln an. „Aber da ihr schlafen und nicht vor Angst mit den Zähnen klappern sollt, verschieben wir das Vorlesen wohl besser auf ein anderes Mal. Morgen ist Schule.“
    Paula schmollte, rutschte murrend vom Bett ihres Bruders und sammelte die restlichen Bücher ein. In der Zwischenzeit hatte Sherlock auch seine Kniebundhosen glatt gestrichen. Er war ein
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