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Galaxis Science Fiction Bd. 07

Galaxis Science Fiction Bd. 07

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 07
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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Hilfe gebettelt hatten, und die man niedergeschossen hatte wie tolle Hunde.
    Aber noch während sie an diese längst vergangenen Schrekken dachte, fuhren ihre Finger schon liebkosend über die Riegel der bleiernen Fensterläden und schoben sie zurück. Mutig und furchtsam zugleich schwang sie endlich die schweren Läden zurück.
    Nein, da draußen konnte nichts sein, sagte sie sich bitter. Selbst ihre Furcht war grundlos.
    Aber kaum hatte sie die Läden geöffnet, als das Gesicht wieder vor dem Fenster auftauchte. Unwillkürlich fuhr sie zurück, dann schalt sie sich selber ob ihrer Ängstlichkeit.
    Denn das Gesicht war keineswegs abstoßend oder häßlich. Es war nur sehr schmal – mit vollen Lippen, übergroßen Augen und einer scharfrückigen stolzen Nase, die sich wie der Schnabel eines Vogels nach vorn wölbte. Und keine Narben verunstalteten seine Haut, die olivenfarbig in dem gedämpften Mondlicht schimmerte. Es sah eigentlich genauso aus wie vorhin.
    Einen Augenblick lang schienen sich die Augen des Fremden tief in ihr Gehirn einbohren zu wollen. Dann öffneten sich seine Lippen zu einem Lächeln, und eine halbgeschlossene fünffingrige Hand kam aus der grünen Dunkelheit und klopfte mit mageren Knöcheln zweimal gegen die Scheibe.
    Mit hämmernden Herzen drehte sie die kleine Kurbel, die das Fenster öffnete. Das Glas löste sich von dem Rahmen, an dem es festgeklebt war, unter einer kleinen Staubexplosion und einem sirrenden ›zing‹, ähnlich dem der Uhr vorhin, nur lauter. Einen Augenblick später stand das Fenster offen, und eine Brise von fast vergessener Frische liebkoste ihr Gesicht. Die ungewohnte Schärfe der Luft kitzelte in ihrer Nase, und Tränen stiegen ihr in die Augen.
    Der Mann draußen schwang sich auf das Fensterbrett, auf dem er einen Augenblick lang balancierte. Er kauerte vor ihr wie ein Faun, den Kopf emporgereckt, und schaute sie mit seinen großen Augen an.
    »Sind es Tränen, die mir zum Willkommen geboten werden?« spöttelte er leise mit einer musikalischen Stimme. »Oder kommen sie nur hervorgequollen, um Gottes eigenen Atem, die Luft, zu begrüßen?«
    ER richtete sich auf und sprang ins Zimmer. Sie sah, daß er schlank und hochgewachsen war. Er wandte sich noch einmal um, schnippte mit den Fingern und rief: »Komm, Pussie, komm!«
    Eine schwarze Katze mit einem seltsam gerollten Schwanzstummel, mit Füßen wie kleinen Boxhandschuhen und mit Ohren, die fast so groß wie die eines Kaninchens waren, sprang unbeholfen auf das Fensterbrett. Er hob sie herunter und strich ihr kurz über das Fell. Während er dann Effie freundlich zunickte, als wären sie alte Bekannte, nahm er den kleinen Rucksack ab, den er auf dem Rücken trug, und legte ihn auf den Tisch.
    Sie stand da wie gelähmt. Selbst das Atmen machte ihr Schwierigkeiten.
    »Das Fenster!« brachte sie endlich hervor.
    Er schaute sie fragend an, bemerkte die Richtung, die ihm ihr deutender Finger wies, und ging ohne besondere Hast zurück, um es zu schließen.
    »Ein gemütliches Plätzchen haben Sie hier, Sie und Ihr Mann«, sagte er dann. »Oder ist das vielleicht eine Stadt, die die freie Liebe propagiert, oder ein Harem, oder vielleicht nur ein militärischer Stützpunkt?«
    Bevor sie antworten konnte, fuhr er fort: »Aber über solche Dinge wollen wir lieber nicht reden.« Er lächelte sie fast schüchtern an. »Haben Sie vielleicht etwas zu essen? Ja? Dann bringen Sie es doch bitte!«
    Sie stellte einen Teller mit kaltem Fleisch und etwas von dem kostbaren Dosenbrot vor ihn hin und setzte Kaffeewasser auf. Bevor er zu essen anfing, zerteilte er ein Stück des Fleisches und legte die Stücke auf den Boden für die Katze, die ihre schnüffelnde Untersuchung des Raumes abbrach und miauend angerannt kam. Dann begann auch der Mann zu essen, wobei er jeden Bissen langsam und genießerisch kaute.
    Effie stand auf der anderen Seite des Tisches und sah ihm zu. Sie nahm jede seiner Bewegungen in sich auf, jede Zuckung seines Gesichts, so, als hätte sie jahrelang die Gesellschaft eines anderen Menschen entbehren müssen. Als das Wasser endlich kochte, verließ sie ihren Platz, um den Kaffee zuzubereiten. Aber das dauerte nur einen Augenblick. Schließlich konnte sie nicht länger an sich halten.
    »Wie sieht es draußen aus?« fragte sie atemlos. »An der Oberfläche, meine ich.«
    Einen Augenblick lang schaute er sie mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an, dann sagte er leichthin: »Oh, es ist ein Wunderland.
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