Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gaelen Foley - Knight 03

Gaelen Foley - Knight 03

Titel: Gaelen Foley - Knight 03
Autoren: Der Graf und die schöne Waise
Vom Netzwerk:
Kleinmädchenbriefe zum Gaudium der Kameraden in der Offiziersmesse vorge- lesen, doch nachdem er den Arm verloren hatte, schien er sie vollkommen vergessen zu haben. Er hatte sich in sich selbst zurückgezogen und trank immer zügelloser.
    Ah ja, dachte er. Da stand es ja. Miranda.
    Wie das Mädchen aus Shakespeares Sturm. Ein ganz schön ausgefallener Name für ein englisches Schulmäd- chen, befand er streng. Zweifellos auf Betreiben der Schauspielerin. Das Kind dürfte jetzt vierzehn oder fünf- zehn Jahre alt sein – oder hatte sie dieses Alter schon hin- ter sich? Er verdrängte die plötzliche Unruhe und steckte

den Brief ein.
    Der Ruf der Pflicht hatte immer eine elektrisierende Wir- kung auf ihn. Als Mann der Tat hatte er sich orientierungs- los gefühlt, seit sein Regiment bei Kriegsende aufgelöst worden war. Nun hatte er zum ersten Mal seit Wochen wie- der eine Aufgabe. Seine Dämonen waren machtlos, wenn er sich ganz darauf konzentrierte, anderen zu helfen – sei- nen Männern, seinem neuen Mündel. Er würde nach Lon- don eilen, das Begräbnis für Jason ausrichten und seine Männer nach diesem schweren Schlag unterstützen. Lu- cien mit seiner Erfahrung als Spion des Außenministeri- ums und er würden Bow Street bei der Ermittlung des Tä- ters unterstützen, und dann würde Damien nach Warwick- shire reisen, um das Mädchen persönlich vom Tod ihres Onkels zu unterrichten.
    Verdammt, dachte er trübe. Das würde das Schwierigste werden. Lieber hätte er ein paar befestigte Feldschanzen der Franzosen gestürmt, als sich den Tränen eines weibli- chen Wesens auszusetzen, egal, wie alt es war, aber ihm blieb ja nichts anderes übrig.
    Trübsinnig schaute er zu Lucien, dem redegewandten, sprachkundigen spionierenden Diplomaten. „Wie sagt man einem kleinen Mädchen, das zusehen musste, wie die Eltern ertranken, dass der einzige andere Mensch, der sie auf dieser Welt geliebt hat, nun auch tot ist?“
    Lucien zuckte zusammen und schüttelte den Kopf. „Sanft, mein Lieber, sehr sanft.“
    „Himmel“, flüsterte Damien und fluchte dann leise. Um Sherbrookes willen schwor er, dem Mädchen von allem das Beste zu verschaffen, auch wenn er dann auf den Erwerb der Stuten verzichten müsste, mit denen er im Frühling seine Rennzucht hatte eröffnen wollen – sein einziger Traum.
    Vor allem aber musste er herausfinden, wer den Mord be- gangen hatte.
    „Ich begleite dich nach London, wenn du möchtest“, bot Lucien ihm an.
    „Danke“, murmelte sein Bruder und kratzte sich seuf- zend das Kinn. „Ich muss mich rasieren.“
    Ob er nun bereit dazu war oder nicht – es war an der Zeit, der Welt entgegenzutreten.

Warwickshire, eine Woche später
    „Das Essen ist einfach grässlich. Ich hasse Miss Brockle- hurst. Ich bin doch nicht dazu da, wie eine Sklavin zu ar- beiten! Wenn ich bloß tot wäre!“
    „Ach, Amy, nun hör schon auf zu nörgeln. Ich habe heu- te drei Mal so viel gearbeitet wie du, und jammere ich he- rum?“
    Diese strenge Antwort kam leise hallend aus dem kalten Kamin; von der Sprecherin sah man nur die dunkelrote wollene Schuluniform, ein paar hübsch geformte Unter- schenkel in schwarzen Wollstrümpfen und derbe Halbstie- fel.
    „Aber du musst ja auch die meiste Arbeit machen“, er- klärte Amy, deren blonde Locken ebenso schlaff herabhin- gen wie der Staubwedel in ihrer Hand. „Du bist die Ältes- te. Und die Kräftigste.“
    „Und du bist die Faulste“, erwiderte Miranda FitzHu- bert, während sie rückwärts aus dem Kamin kroch, einen Rußfleck auf der Nase. Sie stand auf, verzog das Gesicht und drückte das schmerzende Kreuz durch. Dann schob sie die schmollende Zwölfjährige aus dem Weg und wusch ih- ren Putzlappen in dem Eimer mit schwarzem Wasser aus. „Beeilt euch!“ wies sie die müden Mädchen an. „Um fünf muss ich hier verschwinden, und ich rate keiner von euch, mich aufzuhalten.“ Wieder einmal war der eine zauberhaf- te Abend im Monat herangerückt, der ihr Leben erträglich machte.
    „Ja, Miranda“, murmelten die anderen und beugten sich erneut über ihre Arbeit in dem kalten, zugigen Schulzim- mer.
    Der Großteil der dreißig Schülerinnen war über Weih- nachten nach Hause gefahren, doch die vier Mädchen, die im Augenblick das Schulzimmer putzten – Miranda, Amy, Sally und Jane –, besaßen keine Familie, zu der sie hätten fahren können, und mussten ein elendes Weihnachtsfest auf Yardley verbringen. Es handelte sich um Ausgestoßene – uneheliche
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher