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Furchtbar lieb

Furchtbar lieb

Titel: Furchtbar lieb
Autoren: Helen FitzGerald
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arbeiten. Und Chas hatte sein Medizinstudium nach einem Jahr abgebrochen, sich ganz seiner schlechten Laune hingegeben und angefangen, Unmengen von Dope zu rauchen – offensichtlich mit dem langfristigen Ziel, nach seinem Studium der Depression auch einen Abschluss in Schizophrenie zu machen.
    Ich sah Kyle nach all den Jahren an und dachte mir: Warum kannst du nicht einfach sagen, was du fühlst? »Meine Frau treibt mich in den Wahnsinn, und es wäre mir lieber, wenn du sie nicht aus der Fassung gebracht hättest.« Stattdessen stand er da wie immer, wenn er Kummer hatte. Ein Tornado von Emotionen tobte in ihm, und er hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte.
    Er winkte mich in die Küche, und es gab einen peinlichen Moment, als wir dort standen und zu plaudern versuchten, als ob nichts Schlimmes passiert wäre.
    »Was macht die Arbeit?«, fragte er mich.
    »Viel los! Schrecklich!«, antwortete ich.
    Auf einmal kam mir in den Sinn, dass Kyle und ich vermutlich das erste Mal allein waren, seit er und Sarah sich kennengelernt hatten.
    Wir waren alle einundzwanzig gewesen, als die beiden sich zum ersten Mal trafen. Sarah war eines Tages nach der Arbeit auf einen Sprung bei mir vorbeigekommen, und Kyle hatte die Tür geöffnet. Er hatte gerade geduscht, und sein Oberkörper war nackt. Chas und ich spürten auf der Stelle die sexuelle Spannung zwischen den beiden, und so brachten wir unsere Entschuldigungen vor und gingen ins Pub. Wir waren aufgekratzt und kichrig bei dem Gedanken, dass unsere zwei Freunde ein Paar sein würden.
    Später an diesem Abend, und während des ganzen folgenden Liebesfrühlings, versorgten unsere jeweiligen Kumpel unsmit prachtvollen Details, die wir austauschten und analysierten.
    Wenn es nach Sarah ging, dann hatten sie an jenem ersten Abend vier Tassen Kaffee getrunken und sich drei Stunden lang über Krankenhäuser unterhalten.
    Wenn es nach Kyle ging, dann hatte sich Sarah nach vorn gebeugt und ihm einen unzweideutigen Blick in ihren Ausschnitt gewährt.
    Wenn es nach Sarah ging, dann war Kyle alles, was sie jemals gewollt hatte – ein anständiger, fleißiger, ehrlicher Mann.
    Wenn es nach Kyle ging, dann war Sarah die schönste Frau, die er je gesehen hatte.
    Sarah gefiel es, dass Kyle so geduldig und respektvoll war.
    Kyle sagte, dass er zu dem Zeitpunkt, als Sarah zustimmte, es mit ihm zu tun, einen Wichskrampf hatte.
    Kyles Heiratsantrag war alles, wovon Sarah jemals geträumt hatte …
    Und, Scheiße noch mal, hatte der Ring ein Vermögen gekostet.
    Sarah gab eine fantastische Braut ab. Ihr Haar war so blond gelockt und glänzend wie in Kindheitstagen, und sie strahlte vor Glück über das ganze Gesicht. Kyle konnte seinen Blick nicht von ihr wenden. Die perfekte Hochzeit für das perfekte Paar. Die Hochzeitsfeier war ein Meer von großen Hüten, Kilts und steifen Kostümen. Ich trug ein leuchtend malvenfarbenes Kleid und kam mir vor wie ein Teletubby. Sarahs Mutter brachte all ihre Schauspielkunst auf, um mit dem Vortrag eines Shakespeare-Sonetts in der Universitätskapelle Gefühle hervorzukitzeln. Kyles bester Freund Derek hielt eine Ansprache voller derber sexueller Anspielungen.
    »Sarah wird die perfekte Arztfrau abgeben«, sagte er. »Große, Sie wissen schon, Ideen, und ein echter Feger, wenn man den Patienten im Royal glauben darf! Aber Spaß beiseite …«, sagte er in Richtung eines zur Hälfte schweigenden, zur Hälfte glucksenden Publikums, »also mal im Ernst, sie sind wirklich ein wunderschönes Paar … und sie geht ab wie ein Häschen.«
    Sarahs Vater, den sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, trank zuviel und betatschte mehrere weibliche Gäste auf der Tanzfläche.
    Nach den Flitterwochen verkauften sie Sarahs Wohnung in Southside und erwarben eine Vierzimmer-Wohnung im schicken West End, die Sarah herrichtete. Zwei Jahre später verkauften sie die Wohnung für einen horrenden Preis, kauften sich ein Haus mit fünf Zimmern etwas weiter draußen (»wo die guten Schulen sind«) und begannen mit ihren Versuchen, Babys zu machen.
    Da Sarah außerstande war, ihr Fortpflanzungssystem zu kontrollieren, konzentrierte sie sich auf Dinge, die sie kontrollieren konnte. Für Außenstehende sah es so aus, als ob sie ihren Mann zur selben Zeit renovierte wie das Haus. Sie verschönerte die alten Fenster mit sorgfältig ausgewählten Stoffen, verweiblichte die Bettwäsche und das Badezimmerzubehör, riss Küchen heraus und baufällige Anbauten ab, ließ das Dach neu
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