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Für immer, Dein Dad

Für immer, Dein Dad

Titel: Für immer, Dein Dad
Autoren: Lola Jaye
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Wand entlang und versuchte dabei, nicht wie ein «Feigling» auszusehen, aber auch nicht zu gelassen zu wirken.
    «Ich komme zu spät, also   … bis dann   …», presste ich hervor, und ich gebe zu, dass es jämmerlich klang.
    Sharlene kniff boshaft die Augen zusammen. «Genau, du kommst zu spät.»
     
    Am Morgen meines eigentlichen dreizehnten Geburtstags schlug ich den
Leitfaden
auf.
     
    Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Baby!
    Jetzt bist Du ein Teenager mit allem Drum und Dran. Von jetzt an denkst Du täglich ‹Ich bin endlich kein Kind mehr! Ich bin erwachsen!›, und gleichzeitig fürchtest Du Dich davor, wirklich erwachsen zu werden.
    Ich schätze, dass Du tatsächlich schon ziemlich groß bist. Und lass Dir versichern, die Jungs werden das auch spitzkriegen. Als Erstes werden sie Dir ständig auf die Brust schielen, wenn sie mit Dir reden. (Ich lasse Dir ein paar Sekunden, damit Du den Mund wieder zumachen kannst   …)
     
    Ja, das war mir tatsächlich ein bisschen peinlich, aber ich las weiter.
     
    Auf die Jungs komme ich später wieder zu sprechen. (Das fällt mir nämlich auch nicht so leicht, weißt Du.)
    Jetzt reden wir erst einmal über ein anderes Thema.
    Freunde.
    Deine Freunde werden jetzt immer wichtiger für Dich, während Du Deine Mutter vermutlich zum Abgewöhnen findest. Gib ihr trotzdem eine Chance. Bitte. Es war bestimmt unheimlich schwer für sie, Euer Leben neu zu organisieren, nachdem ich weg war. Sie war nie gerne allein. Es würde mich nicht erstaunen, wenn sie inzwischen einen anderen Mann gefunden hat, mit dem sie zusammen ist. Ich gehe sogar davon aus. Bitte sei ihr nicht böse deswegen, und versuche sie zu verstehen. Sie ist eine tolle Frau.
     
    Ich klappte den
Leitfaden
zu und dachte an den plötzlichen Grippeanfall, der Mum von meiner Geburtstagsparty ferngehalten hatte. Ich war immer noch ein bisschen beleidigt deswegen, und daran konnte Dad auch mit tausend Worten nichts ändern. Trotzdem war ich irgendwie erleichtert, weil er nichts dagegen hatte, dass sie Bingo-Mann abgeschleppt hatte. Vielleicht konnte ich ja unter diesen Umständen versuchen, ihn ein bisschen zu mögen   … auch wenn der Typ eindeutig ein Idiot war.
     
    In den nächsten Wochen bemühte ich mich, netter zu Bingo-Mann zu sein.
    «Danke, dass du es mit ihm versuchst», sagte Mum, der mein verändertes Benehmen aufgefallen war. Ein bisschen Höflichkeit, beim Autowaschen helfen, und schon war ich das ideale Stiefkind.
    «Danke, Lois», sagte er an einem Samstagnachmittag, nachdem ich ihm geholfen hatte, den Dachboden aufzuräumen – eine Arbeit, gegen die ich mich wochenlang gesträubt hatte.
    «Für was? Ist ja bloß ein Dachboden.»
    «Für die Mühe, die du dir gibst. Glaub nicht, dass ich das nicht bemerke.»
    Umarmen wollte ich ihn nicht, aber ich brachte ein leises «Danke» heraus.
    Doch wie zu erwarten ruinierte Mum an einem Sonntag die ganze Sache, als ich gerade einen von Dads Einträgen noch einmal las.
    Erstens: Sie kam in mein Zimmer, ohne vorher anzuklopfen.
    «Ich freue mich wirklich unheimlich, dass ihr beide jetzt so gut miteinander auskommt!», rief sie. Ich ließ den
Leitfaden
unter meinem Bett verschwinden.
    Zweitens: Sie setzte sich – natürlich ohne, dass ich sie darum gebeten hatte – auf mein Bett und zerquetschte dabei fast den einäugigen Teddy.
    «Ich möchte dich etwas fragen», sagte sie.
    Auf ihrem Gesicht lag ein versonnenes Lächeln, das mich an die Irren aus der Klapsmühle erinnerte, an der ich auf dem Weg zum Zahnarzt vorbeikam.
    «Also los», drängte ich.
    «Es läuft in unserer Familie jetzt viel besser   … oder?»
    «Es geht so», sagte ich, während ich in Gedanken schon wieder bei wichtigeren Fragen war, zum Beispiel der, ob Carla und Corey Lust hatten, mit mir zum Spielplatz zu gehen.
    «Siehst du. Also habe ich mich gefragt   …»
    «Was?»
    «…   ob du dir nicht überlegen willst, ihn Dad zu nennen.»
    Das war der dritte Schlag.
    «Lois?»
    Schweigen.
    «Lois?»
    «Ich habe dich gehört, Mum.»
    «Und was meinst du?»
    Ich konnte fast nicht glauben, dass ich sie richtig verstanden hatte, in mir kochte die Wut hoch. Trotzdem gab ich mit einer Ruhe zurück, die jedem Zen-Meister Ehre gemacht hätte: «Ich habe schon einen Dad.»
    «Ich weiß.»
    «Tja, dann   …» Ich sprang vom Bett, um jede weitere sinnlose Diskussion zu vermeiden.
    «Ich weiß, und   … daran wird sich auch niemals etwas ändern. Aber ich habe einfach gedacht, es wäre
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