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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon
Autoren: Jules Verne
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seinen Herrn, das ihm durch nichts geraubt werden konnte.
    Der Anblick des vertrockneten Grases hatte den Doctor auf einen verwegenen Gedanken gebracht. Auf eine Weise konnte man sich vielleicht noch retten. Er führte schnell seine Begleiter zu der Hülle des Luftschiffes zurück.
    »Wir haben vor diesen Strolchen noch mindestens eine Stunde voraus, stellte er seinen Freunden vor; laßt uns jedoch keine Zeit verlieren und sammelt eine große Menge von dem trockenen Grase; ich brauche wenigstens hundert Pfund davon.
    – Was willst Du damit anfangen? fragte Kennedy.
    – Ich habe kein Gas mehr; darum bleibt mir nichts übrig, als den Fluß mit Hilfe erwärmter Luft zu überschreiten.
    – Ach, mein Samuel, Du bist wirklich ein großer Mann!«
    Joe und Kennedy machten sich sogleich an’s Werk, und bald war ein mächtiger Heuhaufen neben dem Baobab aufgethürmt.
    Unterdessen hatte der Doctor die Mündung des Luftschiffes vergrößert, indem er viel von seinem untern Theile abschnitt; vorher sorgte er dafür, den Rest des Wasserstoffgases, der sich etwa noch darin befand, durch Oeffnen der Klappe zu entfernen; dann schichtete er eine tüchtige Menge trockenes Gras unter der Hülle auf und zündete dasselbe an.
    Es ist nur kurze Zeit dazu erforderlich, einen Ballon mit erwärmter Luft aufzublähen; eine Hitze von hundertundachtzig Grad 1 genügt, um die Schwere der eingeschlossenen Luft durch Verdünnung um die Hälfte zu verringern. So begann der Victoria allmälig seine abgerundete Gestalt wieder anzunehmen; an Gras fehlte es nicht; das Feuer wurde lebhaft unterhalten, und das Luftschiff gestaltete sich zusehends runder.
    Es war jetzt dreiviertel auf ein Uhr.
    In diesem Augenblick erschien in einer Entfernung von zwei Meilen die Bande der Talibas in nördlicher Richtung; man hörte ihr Geschrei und den Galop der Pferde, die in aller Schnelligkeit daherstürmten.
    »In zwanzig Minuten sind sie hier, berechnete Kennedy.
    – Gras! Gras! Joe. In zehn Minuten sind wir hoch in der Luft!«
    Joe brachte eilig mehr Feuerungsmaterial herbei.
    Der Victoria war zu zwei Dritteln aufgebläht.
    »Nun klammern wir uns, wie vorher, an das Netz an.
    – Wir sind bereit!« antwortete der Jäger.
    Nach zehn Minuten kündigten einige Erschütterungen des Ballons sein Streben an, in die Lüfte zu steigen. Die Talibas nahten; sie waren kaum mehr fünfhundert Schritt entfernt.
    »Haltet Euch gut! rief Fergusson.
    – Fürchten Sie nichts, Herr Doctor.«
    Dieser stieß mit dem Fuß noch eine Menge Gras auf den Feuerherd.
    Der Ballon, welcher nun durch die Hitze vollständig ausgedehnt war, entfloh, indem er an den Zweigen des Baobab hinfuhr.
    »Fort!« schrie Joe.
    Ein Musketenfeuer antwortete ihm; eine Kugel streifte sogar seine Schulter; aber Kennedy bog sich vor, feuerte mit einer Hand seinen Carabiner ab und streckte noch einen Feind zu Boden.
    Ein Wuthgeschrei, das jeder Beschreibung spottet, folgte der Flucht des Luftschiffes, das beinahe achthundert Fuß hoch stieg. Ein schneller Wind erfaßte es, und der Ballon beschrieb angsterregende Schwankungen, während der unerschrockene Doctor und seine Gefährten sahen, wie sich der Schlund der Katarakten unter ihnen aufthat.
    Zehn Minuten später senkten sich die kühnen Reisenden, ohne ein Wort gewechselt zu haben, allmälig dem andern Ufer des Flusses zu.
    Dort stand überrascht, vor Verwunderung und Schrecken außer sich, eine Gruppe von zehn Männern, die französische Uniform trugen. Man denke sich ihr Erstaunen, als sie den Ballon an dem rechten Ufer des Flusses aufsteigen sahen. Sie waren nicht weit davon entfernt, an ein Himmelsphänomen zu glauben. Aber ihre Anführer, ein Lieutenant von der Marine und ein Fähnrich zur See, hatten durch europäische Zeitungen Kenntniß von dem verwegenen Unternehmen des Doctor Fergusson, und wußten sich sofort das Ereigniß zu erklären.
    Der Ballon, welcher allmälig wieder zusammenklappte, fiel mit den kühnen Luftschiffern, die sich an seinem Netze festhielten, immer tiefer, und es war zweifelhaft, ob er das jenseitige Ufer erreichen würde; deshalb stürzten sich die Franzosen in den Fluß und singen die drei Engländer in ihren Armen auf, als der Victoria einige Toisen von dem linken Ufer des Senegal herniederkam.
     

    »Doctor Fergusson? rief der Lieutenant aus.
    – Er und seine beiden Freunde«, antwortete ruhig der Doctor.
     

    Beim Militärposten von Guina. (S. 312.)
     
    Die Franzosen trugen die Reisenden aus dem Flusse, während der
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