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Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Titel: Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
Autoren: Granger Ann
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Morgenpost lag noch auf dem Teppich. Sie hob sie auf, blätterte sie durch. Drei Postwurfsendungen, ein Anzeigenblättchen, ein Brief für die Russells, die Besitzer von Rose Cottage, den sie nachsenden mußte, und ein weißer Briefumschlag, adressiert an Miss Meredith Mitchell, Rose Cottage, Pook’s Common bei Bamford ; gestempelt war er in Oxford.
    »Der ist ja für mich«, sagte sie, und ihre Stimme hallte laut durch den leeren Flur. Sie drehte den Umschlag hin und her und fragte sich, wer davon wußte, daß sie hier erwartet wurde. Sie war bis vor kurzem als britische Konsulin in Ungarn akkreditiert gewesen und hatte bekommen, was alle Angehörigen des Auswärtigen Dienstes eines Tages erwartet: eine Berufung nach Hause. Es hatte sie nicht überrascht. Sie war viele Jahre im Ausland gewesen. Doch es bedeutete ein ganz neues Leben. Jetzt würde sie sich jeden Morgen mit anderen Pendlern in überfüllten Zügen nach London drängen und den Tag am Schreibtisch verbringen müssen, bevor sie sich abends wieder heimwärts kämpfte. Auch hatte sie sich eine angemessene und bezahlbare Unterkunft suchen müssen.
    Aber sie hatte Glück gehabt. Die Russells – mit der weiblichen Hälfte des Paares war sie verwandt – waren zur Zeit in Dubai, wo Peter als Arzt arbeitete. Sie freuten sich, Meredith ihr Heim für eine eher symbolische Miete zu überlassen, auch wenn das für sie bedeutete, daß sie jeden Morgen Punkt sechs aufstehen mußte, um den Bahnhof in Bamford zu erreichen, der an der Hauptstrecke nach London lag, war die Strecke von hier aus zu bewältigen. Wenn sie sparsam lebte – so hatte sie sich grimmig ausgerechnet –, würde sie sich eine Monatskarte der British Rail leisten können.
    War auch die Tatsache, daß Rose Cottage zu haben, gemütlich und billig war, der Hauptgrund dafür gewesen, das Angebot der Russells anzunehmen, mußte Meredith dennoch zugeben, daß der Name »Pook’s Common« darüber hinaus eine Verlockung für sie darstellte. »Pook« kam landauf und landab auch in anderen Namen vor und hatte, wie sie vermutete, die gleiche Bedeutung wie Puck – Kobold – oder koboldhaft wie die Figur bei Shakespeare. Sie hatte in einem Wörterbuch nachgesehen und festgestellt, daß es auch das Wort Pooka gab. Es stand für einen Spuk, der im allgemeinen in Gestalt eines Pferdes erschien oder dargestellt wurde. Die Gelegenheit, eine Weile an einem Ort zu wohnen, der vom Geist eines Zauberpferdes heimgesucht wurde, konnte man nicht so einfach ausschlagen.
    Sogar heute noch hatte Pook’s Common etwas Unberechenbares und Unwirkliches. Es war einer jener merkwürdigen Orte ohne offensichtliche Raison d’être, kaum wert, einen eigenen Namen zu tragen, da er nur aus ein paar Häusern bestand. Offensichtlich mittelalterlichen Ursprungs, hatte er bis ins zwanzigste Jahrhundert überlebt, ohne verlassen oder unterpflügt oder von größeren Gemeinden geschluckt worden zu sein. Er lag an der Landstraße zwischen dem Dorf Westerfield und der Marktstadt Bamford. Bei einem früheren Besuch in dieser Gegend – in Westerfield, um genau zu sein – war sie sogar ein paarmal durchgefahren und hatte den Weiler kaum bemerkt. Wenn man die Straße entlangfuhr, existierte Pook’s Common nur als Wegweiser – eine Reihe von sechs Gemeindehäusern aus der Vorkriegszeit und eine Autowerkstatt. Die Werkstattgebäude waren überraschend modern, und eine hell gestrichene Tafel verkündete: J. Fenniwick. Reparaturen. Schätzungen. Auspuffanlagen. Reifen. Taxis . Letzteres wahrscheinlich für den Fall, daß alle Reparaturversuche gescheitert oder die Kostenvoranschläge zu teuer waren.
    Doch das war das falsche Pook’s Common, ein Ableger. Das »echte« Pook’s Common lag hinter einer Abzweigung, an einem schmalen Sträßchen, nur eine Fahrspur breit und in schlechtem Zustand (vermutlich mit der Einwilligung der Einwohner, um unerwünschte Besucher abzuschrecken) und an beiden Seiten von Hecken gesäumt. Das Dörfchen selbst bestand aus einer Ansammlung unregelmäßig verstreuter Cottages aus solidem Stein. Sie waren alle gut erhalten und gepflegt und lagen in hübschen, ordentlichen Gärten. Um diese Jahreszeit war in den Gärten wenig zu sehen, aber im Frühling hingen purpur- und malvenfarbene Aubretien über die Backsteinmauern, die an die Straße grenzten, orangefarbene Ringelblumen sprossen überall, Rittersporn prunkte mit seinem Königsblau, Wisterien und Klematis blühten verschwenderisch, und Rosensträucher setzten
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