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Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Titel: Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
Autoren: Granger Ann
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Knospen an.
    Bezeichnend war, daß die Bewohner hier, anders als in echten Cottagegärten, keine Gemüsebeete anlegten. Keine letzten, in Vergessenheit geratene Kohlstrünke faulten im Boden. Im Frühling drängten keine Rhabarberköpfe durch umgestülpte, durchlöcherte Eimer, und im Sommer standen keine Bohnenstangen wie indianische Tipis in einem fremden Land herum. Besonders zwei Cottages fielen mehr als nur ein wenig aus dem Rahmen. Bei dem einen »schmückte« ein augenfällig unechter Wunschbrunnen den Vorgarten, bei dem anderen stand neben der Veranda eine alte, handbetriebene Wäschemangel, die leuchtend blau gestrichen war und reichlich fehl am Platz wirkte. Pook’s Common hatte überlebt – um einen gewissen Preis. Der Preis war der, daß sich eine Reihe von »Zweitwohnsitzen« eingenistet hatte; sie gehörten Leuten, die die ganze Woche in der Stadt arbeiteten und an Wochenenden oder im Urlaub hierherkamen. Russells hingegen hatten – man mußte fair sein – das ganze Jahr über hier gelebt, bevor sie nach Dubai gegangen waren. Das kam daher, daß Peter Russell, ein Arzt, im Ärztezentrum von Bamford gearbeitet hatte und täglich vom Rose Cottage gependelt war. Meredith würde sogar bis London fahren müssen. Es würde, wie sie bedauernd feststellte, anstrengend werden. Die Arbeit zwang die meisten Leute, näher an der Stadt und nicht so abgelegen zu wohnen.
    Wahrscheinlich war Pook’s Common einen großen Teil des Tages verlassen wie ein Geisterdörfchen. Vielleicht kehrten die Kobolde zurück, wenn die Menschen in ihren Volvos und BMWs abfuhren, tanzten auf ihren winzigen Hufen um den falschen Wunschbrunnen herum und bemühten sich vergeblich, die H-Milch in den gewachsten Tüten gerinnen zu lassen.
    Meredith ging den schmalen Flur entlang und öffnete am anderen Ende eine Tür. Sie führte in eine Küche, makellos sauber und vom Licht der blassen Wintersonne überflutet. Die Kälte des noch originalbelassenen Steinfliesenbodens drang durch ihre Schuhsohlen. Auf dem gescheuerten Fichtenholztisch lehnte an einer Topfpflanze ein Zettel. Ich habe den Kühlschrank aufgefüllt, damit Sie vorerst mal über die Runden kommen. M. Brissett. Die Pflanze war eine Kalanchoe, und als Meredith die Erde mit dem Finger prüfte, stellte sie fest, daß sie staubtrocken und die fleischigen Blätter gummiartig waren. Sie trug sie zum Ausguß, drehte mühsam den Hahn auf, füllte den Untersetzer mit Wasser und stellte die Pflanze dann auf den Fenstersims ins Licht. Als das erledigt war, fühlte sie eine innere Wärme, als habe sie jemandem etwas Gutes getan.
    Als nächstes wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Kühlschrank zu. Er enthielt eine Vakuumpakkung mit durchwachsenem Speck, ein halbes Dutzend Eier, Butter und ein Glas hausgemachter Marmelade. Sie öffnete das Gefrierfach und entdeckte einen in Scheiben geschnittenen Laib Brot, den sie herausnahm und zum Auftauen auf den Tisch legte. Weiteres Nachforschen im Speiseschrank förderte einen bunten Vorrat von Büchsen und Flaschen zutage, vermutlich von den Russells zurückgelassen, und außerdem, wofür sie sehr dankbar war, ein Glas Instantkaffee und eine Büchse Kondensmilch. Meredith füllte den Kessel unter dem widerspenstigen Wasserhahn und machte sich, während das Wasser heiß wurde, auf die Suche nach dem gasbeheizten Boiler, der die Zentralheizung kontrollierte. Sie fand ihn in einer Nische unter der Wendeltreppe, zusammen mit einer handschriftlichen Gebrauchsanweisung. Durch das Belüftungsrohr in der Außenmauer strömte kalte Luft. Kein Wunder, daß das Cottage einem Eiskasten glich. Nachdem sie mit dem Kopf schmerzhaft gegen die Unterseite der Treppenstufen geprallt war und sich das Schienbein am Endpfosten der Geländerstange gestoßen hatte, neben dem der Boiler auf der anderen Seite eingekeilt war, gelang es ihr endlich, das Gas anzuzünden. Inzwischen pfiff in der Küche der Wasserkessel zum Steinerweichen, sie lief schleunigst zurück, nahm von einem hölzernen Geschirrbrett einen Becher und goß den Kaffee auf. Jetzt endlich konnte sie sich, noch immer fest in ihren Anorak gewickelt, hinsetzen und den an sie adressierten Brief öffnen.
    Der Umschlag enthielt eine hübsche Karte mit dem Foto einer Fuchsie auf dem Deckblatt. Auf der Innenseite stand: Herzlich willkommen. Alan. Sie hätte eigentlich darauf kommen können. Sherlock Holmes hätte nach fünf Sekunden und nach einem einzigen Blick auf den Umschlag auf den möglichen Inhalt geschlossen und
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