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Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Titel: Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
Autoren: Granger Ann
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dazu noch eine komplette Beschreibung von Alan Markby parat gehabt. Die ganze Post dieser Gegend wurde auf dem Postamt in Oxford sortiert, und die Russells mußten ihm gesagt haben, daß sie ihr das Cottage vermietet hatten. Ein Bild von Alan erschien vor Merediths geistigem Auge. Sie stellte sich vor, wie er die Karte kaufte, die lange, hagere Gestalt in einem Laden verdächtig über den Ansichtskartenständer gebeugt, auf der Suche nach einer Karte, die ihm gefiel. Es war unweigerlich eine mit Blumen oder Pflanzen, aber keine dieser abstrakten Schöpfungen, auf denen mehrere Blüten in unnatürlichen Pastelltönen dargestellt waren. Nein, in dieser Karte spiegelte sich der Mann wider, der sie gekauft hatte. Es war eine spezielle, hochprofessionelle Fotografie, und auf der Innenseite stand in winzigen Druckbuchstaben der Name dieser besonderen Fuchsienart. Sie hieß Dollarprinzessin. Meredith erlaubte sich einen Moment wilder Spekulation, ob er vielleicht so etwas wie ein Kompliment beabsichtigt hatte, und lächelte dann über ihre Torheit. Dollarprinzessin. Sie konnte sich keine unzutreffendere Beschreibung für sich selbst vorstellen. Zu spät wurde ihr klar, daß sie die Karte liebevoll angelächelt hatte, sie runzelte streng die Stirn und ließ die Karte auf den Tisch fallen.
    Die klammen Finger an dem Kaffeebecher wärmend, sagte sie sich, daß es, da sie in diesen Teil der Welt zurückgekehrt war, wohl unvermeidlich sein würde, Alan eines Tages zu begegnen. Die Aussicht weckte gemischte Gefühle in ihr. Ihre frühere Beziehung war halboffiziell gewesen. Er war Chefinspektor bei der Kriminalpolizei in Bamford, und sie hatten sich durch einen Mordfall kennengelernt. Ein gewaltsamer Tod, in den man selbst verwickelt gewesen war, ließ sich nicht so leicht vergessen, und wenn sie nur daran dachte, fühlte sie ein Prickeln unter den Nackenhaaren. Sie fühlte auch einen dumpfen Schmerz im Herzen, als sie sich an den persönlichen Verlust erinnerte, den sie erlitten hatte. Aber all das hatte damals das Fundament für ihre Beziehung zu Alan geschaffen, war der Grund für ihre Treffen gewesen, der Grund für persönliche Fragen, für einen offenen Gedankenaustausch und die Nähe, die zwischen ihnen entstanden war. Ohne den Vorwand einer Morduntersuchung würde man jeden Kontakt nur auf die unbestreitbare gegenseitige Anziehung zurückführen können. Ein Umstand, dem Meredith sich nicht ganz gewachsen fühlte. Wenn sie Alan begegnen mußte, wäre es schön, einen Vorwand zu haben. Zu ihrer Bestürzung stellte sie fest, daß sie fast schon stillschweigend auf ein anderes Verbrechen hoffte. Sie schüttelte sich – sie hatte wirklich schon genug Schwierigkeiten gehabt. Ein Mord im Leben genügte. So etwas wollte sie nicht noch einmal erleben.
    Sie verdrängte die Gedanken an Mord, erlaubte sich, noch etwas an Alan zu denken, und kostete den Kaffee. Er war noch zu heiß, und sie verbrannte sich die Zungenspitze. Sie gab dem nicht zu leugnenden Hüpfen ihres Herzens die Schuld daran. Die Gedanken an Alan können nicht die Ursache gewesen sein, sagte sie sich streng. Aber sie hatte ihn gemocht, viel mehr gemocht, als sie ihm gezeigt hatte. Auch bei ihm hatte sie Anzeichen eines viel zu lebhaften Interesses bemerkt. Doch unter den Umständen, die der Kette furchtbarer Ereignisse in Westerfield im Zusammenhang mit dem Todesfall gefolgt waren, war an Romantik nicht zu denken gewesen. Sie hatte ihm eine Absage erteilt – taktvoll, wie sie hoffte. Damals hatte sie sich eingeredet, sie habe es getan, weil sie seine Gefühle nicht verletzen wollte. Wenn sie ehrlich war, hatte sie es aber auch getan, weil sie ihn nicht wirklich für immer vertreiben wollte.
    Diese Ungereimtheiten in ihrem eigenen Verhalten ärgerten sie. Angeblich verstand sie es, gut mit Problemen umzugehen; obwohl anderer Leute Probleme sich scheinbar immer leichter lösen ließen als die eigenen. Sie hatte ihren letzten Posten als Konsulin nach mehreren Jahren harter und effizienter Arbeit mit den Glückwünschen aller verlassen – Glückwünschen, die ihr sehr angenehm in den Ohren geklungen hatten. Sogar das Foreign Office war des Lobes voll gewesen. Dennoch hatte man ihr nicht den Posten gegeben, den sie sich gewünscht hätte. Man hatte sie an einen Schreibtisch in London verbannt, für sie ein Schicksal, schlimmer als der Tod. Was für eine dumme Redensart, sagte sie sich sofort. Eben noch hatte sie an eine Episode gewalttätigen, häßlichen Todes
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