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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut
Autoren: Jennifer Estep
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Bühne des Amphitheaters standen. Morgan zwinkerte mir zu, während Alexei nur nickte.
    »… daher schulden wir ihr alle tiefe Dankbarkeit«, beendete Linus seine Ansprache.
    Für einen Moment schwiegen alle. Ein paar der Schüler begannen höflich zu klatschen, aber Daphne beschloss, die Angelegenheit in die eigenen Hände zu nehmen. Die Walküre stand auf, steckte zwei Finger in den Mund und produzierte ein scharfes Pfeifen.
    »Ein Hoch auf Gwen!«, jubelte die Walküre. »Juhu!«
    Danach wurde der Applaus ein wenig lauter und enthusiastischer, hauptsächlich weil Daphne sich umdrehte und alle Schüler in ihrer Nähe böse anstarrte. Trotzdem machten sich einige nicht einmal die Mühe zu klatschen, wie zum Beispiel Helena Paxton. Sie saß ungefähr auf halber Höhe der Stufen, trotzdem konnte ich erkennen, wie sie die Augen verdrehte und ihren bösartigen Freundinnen etwas zuflüsterte. Zweifellos regte die Amazone sich auf, weil sie jetzt keine weitere Chance erhalten würde, mich fertigzumachen, wie sie es im Speisesaal vorgehabt hatte.
    Linus trat vom Podium zurück und wandte sich an mich. »Gibt es etwas, das Sie sagen möchten, Miss Frost?«
    Ich zögerte. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Im Moment wusste ich kaum, was ich denken sollte. Vor gerade einmal achtundvierzig Stunden hatte ich auf der Bühne des Auditoriums um mein Leben gekämpft. Jetzt stand ich hier, wieder auf der Akademie, als wäre es ein ganz gewöhnlicher Montag.
    Doch am meisten beschäftigte mich, wie ich verarbeiten sollte, dass Logan weg war. Dass er die Akademie verlassen hatte, dass er mich verlassen hatte. Ich wusste, der Spartaner hatte Gründe dafür – ich hatte sie selbst gesehen und gefühlt –, trotzdem wünschte ich mir, er hätte sich wenigstens persönlich verabschiedet. Dann hätte ich ihm versichern können, dass alles in Ordnung war, dass ich ihm das, was geschehen war, nicht vorwarf, dass ich gesehen hatte, wie mutig und heftig er sich gegen Loki gewehrt hatte. Ich hätte ihm sagen können, dass niemand gegen den bösen Gott hätte bestehen können – nicht einmal ein Spartaner.
    »Miss Frost?«, fragte Linus wieder.
    Allein der Gedanke an Logan sorgte dafür, dass mein Herz sich vor Schmerz und Sehnsucht verkrampfte, aber ich holte tief Luft und verdrängte diese Gefühle. Der Spartaner mochte nicht hier sein, alle anderen schon.
    »Ja«, antwortete ich. »Es gibt etwas, das ich sagen möchte.«
    Ich trat ans Mikrofon. Inzwischen war der Applaus verklungen, trotz Daphnes Enthusiasmus, und die Menge war wieder still. Mein Blick wanderte von einem Gesicht zum anderen. Diesmal glühte in den Augen der Schüler keine Wut auf mich. Zumindest nicht so viel. Stattdessen wirkten sie neugierig, wachsam und verängstigt, aber gleichzeitig auch entschlossen. Ich kannte diese Gefühle, denn dasselbe empfand ich auch.
    »Ich weiß, dass ihr alle schon jemanden an die Schnitter verloren habt«, sagte ich. »Genauso wie ich. Sie haben meine Mom ermordet. Sie haben eure Mütter und Väter und Brüder und Schwestern ermordet. Sie haben eure Tanten und Onkel und Cousins und Freunde getötet. Sie haben uns so viele Leute genommen – so viele Personen, die wir geliebt haben.«
    Ich dachte an Logan und musste mich räuspern, bevor ich weitersprechen konnte. »Wir wissen alle, dass uns jetzt, da Loki frei ist, ein neuer Chaoskrieg bevorsteht. Aber wir werden weiterkämpfen. Wir werden die Schnitter weiterhin jagen. Deswegen sind wir alle auf Mythos. Dafür werden wir ausgebildet. Damit wir lernen, diejenigen zu beschützen, die wir lieben. Glaubt mir, solange wir das tun, solange wir trainieren und kämpfen und aneinander glauben … können wir auch gewinnen. Wir werden gewinnen. Weil uns einfach keine andere Möglichkeit bleibt.«
    Ich trat zurück. Daphne jubelte und sprang wieder auf, zusammen mit Carson, Oliver, Kenzie und Talia. Selbst Savannah Warren, Logans Exfreundin, schloss sich meinen Freunden an. Und zu meiner Überraschung waren sie nicht die Einzigen. Einer nach dem anderen standen auch die übrigen Schüler auf und klatschten – und diesmal richtig. Ich empfing ein einziges Gefühl, das von ihnen allen ausging, von allen Schülern, allen Professoren, allen Angestellten – Hoffnung.
    Hoffnung, dass alles irgendwann wieder besser werden würde. Hoffnung, dass wir gegen die Schnitter bestehen konnten. Hoffnung auf einen Sieg über Loki.
    Ich stand da und ließ mich von diesem wunderbaren, erhebenden Gefühl
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