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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut
Autoren: Jennifer Estep
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Waffen, die Alexei benutzt hatte, in den letzten Tagen keine große Aufmerksamkeit geschenkt, aber jetzt erkannte ich sie.
    »Ruslans Schwerter«, flüsterte ich.
    Alexei warf mir einen verwirrten Blick zu. »Woher weißt du das?«
    »In der Vitrine, in der die Schwerter lagen, war auch eine Beschreibungskarte«, erklärte ich. »Ich habe sie bemerkt, als ich mir die Schwerter geschnappt habe.«
    Ich erzählte ihm nichts von den Erinnerungen, die in mir aufgestiegen waren, als ich die Schwerter und die Scheide berührt hatte. Erzählte ihm nichts von dem Schneesturm, der Schlacht und dem Mann, der sich genauso elegant bewegt hatte wie Alexei.
    »Ruslan war ein großer russischer Krieger«, erklärte Alexei, während er die Schwerter bewunderte. »Ein Bogatyr wie ich. Es war eine Ehre, seine Waffen tragen zu dürfen.«
    Ein seltsamer Verdacht stieg in mir auf, und mein Blick huschte zur gewölbten Decke der Bibliothek. Für einen Moment lichteten sich die Schatten, die das Fresko verbargen, und ich sah ein silbernes Glitzern in Form eines X – wie zwei überkreuzte Schwerter.
    Und es geht nicht nur darum, die Artefakte zu finden und zu beschützen. Es geht auch darum, sie in die richtigen Hände zu übergeben. Nikes Worte hallten in meinem Kopf wider.
    »Ich denke, du solltest die Schwerter behalten«, meinte ich.
    Alexei schüttelte den Kopf. »Nein, das kann ich nicht. Es sind wichtige Artefakte, ein Stück Geschichte. Sie sollten wieder ausgestellt werden, damit jeder sie sehen kann.«
    Ich zog eine Augenbraue hoch. »Nur für den Fall, dass du es noch nicht bemerkt hast, die gesamte Bibliothek ist gerammelt voll mit Artefakten. Ich glaube nicht, dass es jemanden stört, wenn du die Schwerter behältst. Ich werde mit Nickamedes sprechen. Er wird es verstehen. Außerdem gibt es dann eine Vitrine weniger, die ich abstauben muss.«
    Alexei zögerte und blickte wieder auf die Waffen. »Wenn du wirklich glaubst, dass Nickamedes mich die Waffen behalten lässt …«
    »Mach dir keine Sorgen. Das wird er.«
    Zumindest, nachdem ich mit ihm gesprochen hatte. Ich hatte dem Bibliothekar noch nichts von der neuen Mission erzählt, mit der Nike mich beauftragt hatte, aber das würde ich. Er würde verstehen, dass die Schwerter zu Alexei gehörten. Auch Metis und die anderen würden es verstehen.
    Alexei bewunderte die Waffen noch einen Moment, bevor er sie und ihre Scheide wieder in seinen Rucksack schob. Als er sich aufrichtete, lächelte ich ihn an.
    »Ich bin froh, dass du hierbleibst«, sagte ich. »Meinetwegen – und auch wegen Oliver.«
    Alexei errötete ein wenig, doch dann lehnte er sich wieder an die Glaswand und verschränkte die Arme vor der Brust. Und dort blieb er, direkt hinter mir, bis die Bibliothek für den Abend schloss.
    Spät am Abend in meinem Zimmer strich ich Logans Brief auf meinem Bett glatt und las ihn noch einmal. Einige Worte waren verschmiert, weil meine Tränen darauf gefallen waren, und das Papier war verknittert, weil ich den Brief schon so oft gelesen hatte.
    »Wie oft willst du das verdammte Ding noch durchgehen?«, fragte Vic. »Die Worte werden sich nicht ändern, nur weil du sie ein Dutzend Mal liest. Und kannst du bitte das Fellknäuel von mir weghalten? Ihr Sabber tropft auf mich drauf.«
    Nachdem alle Anklagepunkte gegen mich fallen gelassen worden waren, hatte ich Nyx heute Morgen wieder mit an die Akademie gebracht – und auch die Anwesenheit des Welpen war vom Protektorat abgesegnet. Nachdem Linus mich freigesprochen hatte, war ich der Meinung gewesen, dass es nicht schaden konnte, auch Nyx zum Teil dieser Abmachung zu erklären. Linus hatte ziemlich lange etwas über Regeln und Abläufe vor sich hin gemurmelt, und ich hatte den Satz »Dieses Mädchen wird mich noch ins Grab bringen« aufgefangen, aber letztendlich hatte er zugestimmt, dass Nyx bei mir bleiben durfte.
    Ich hatte Vic an mein Kopfkissen gelehnt, und Nyx hatte beschlossen, dass das Schwert ein wunderbares Kauspielzeug abgab. Der Wolfswelpe nagte seit zehn Minuten an Vics Heft, na ja, um genau zu sein, an seinem Kopf. Trotz der übellaunigen Worte wusste ich, dass Vic diese feuchte Aufmerksamkeit genoss, besonders als Nyx etwas später beschloss, ihren Schwanz um ihn zu legen und auf meinem Bett einzuschlafen.
    »Ich weiß nicht«, sagte ich, womit ich endlich seine Frage beantwortete. »Ich nehme an, ich werde den Brief noch oft lesen, in der Hoffnung, dass der Inhalt irgendwann Sinn ergibt. Dass ich endlich verstehe,
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