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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut
Autoren: Jennifer Estep
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warum Logan das Gefühl hatte, gehen zu müssen. Ich meine, eigentlich verstehe ich das Warum. Es war wegen dem, was Loki Logan und der Spartaner deswegen mir angetan hat. Aber das macht es nicht einfacher.«
    »Er wollte dich nicht verletzen«, erklärte Vic. »Es wird den Jungen einige Zeit kosten, bis er sich selbst wieder traut. Und das bezieht sich nicht nur auf dich, sondern auf jeden, der ihm etwas bedeutet. Es ist nicht unbedingt schlecht, dass er mal eine Weile weg ist. Rituale sind oft ziemlich scheußlich, und der Transformationsprozess ist so ziemlich das Brutalste, was irgendwer erleben kann.«
    In Vics Stimme lag ein seltsamer Unterton. Ich sah das Schwert an. »Du klingst, als hättest du persönliche Erfahrungen mit Transformationen.«
    Zu meiner Überraschung errötete das Schwert. Zumindest vermutete ich das. Für einen Moment schien seine Wange in einem helleren Silberton zu leuchten, dann senkte es den Blick.
    »Nun, ich habe über die Jahre schon eine Menge gesehen, Gwen«, murmelte Vic. Er zögerte einen Moment, dann räusperte er sich. »Aber zurück zum eigentlichen Punkt. Logan braucht ein wenig Zeit, um sich von dem zu erholen, was die Schnitter ihm angetan haben.«
    »Ich weiß. Trotzdem tut es weh.«
    Vic redete weiter. Er wollte mich aufmuntern, indem er mir erzählte, wie gut ich im Auditorium gekämpft hatte und dass wir so bald wie möglich Vivian, Lucretia und Agrona finden sollten, um sie in blutige Streifen zu hacken. Ich ließ seine fröhlichen, blutrünstigen Worte über mich hinwegschwappen und gab an den richtigen Stellen bestätigende Laute von mir, aber ich war nicht mit dem Herzen dabei.
    Als Vic endlich ein Ende fand, nahm ich eine Dusche und zog meinen Pyjama an. Vic und Nyx schliefen beide, als ich fertig war. Zusammengerollt lagen sie in der Mitte des Bettes. Zwischen seinem Schnarchen murmelte das Schwert etwas über das Töten von Schnittern, während Nyx ab und zu zufrieden seufzte, als könnte sie Vics Träume sehen.
    Ich stellte mich vor den Spiegel und kämmte meine feuchten Haare. Die Bewegung sorgte dafür, dass das kurze Oberteil sich öffnete und den Blick auf die dünne, weiße Linie auf meiner Brust freigab.
    Ich hatte jetzt noch eine Narbe. Sie zog sich über mein Herz und über die Narbe, die ich von Prestons Mordversuch zurückbehalten hatte. Metis und Daphne hatten die Wunde mit ihrer Magie geheilt, trotzdem war eine Narbe zurückgeblieben. Wahrscheinlich, weil Logan zu dieser Zeit mit Loki verbunden gewesen war. Außerdem zog sich eine zweite dünne Linie über meine rechte Handfläche.
    Ich berührte die Narbe auf meiner Brust und dachte an Logan. Ich fragte mich, wo er wohl war und was er im Moment tat. Wie er sich wohl fühlte. Ich hoffte inständig, dass es ihm gut ging, dass er sich erholte, dass er bereits darüber nachdachte, an die Akademie zurückzukehren – zu mir zurückzukehren.
    Meine Haare waren gekämmt, also legte ich die Bürste auf den Schreibtisch, direkt neben die Schneeflockenkette. Meine Finger berührten die silbernen Glieder, und die Erinnerungen an den Kampf im Auditorium stiegen in mir auf. Ich hatte die Kette während des Kampfes getragen, und wieder einmal hatte sie all meine Gefühle aufgesaugt – all meinen Schmerz.
    Es schien mir, als wäre das alles, was mir blieb, seit Logan verschwunden war – als wäre der Schmerz alles, was ich noch fühlte. Aber ich hatte ernst gemeint, was ich heute im Amphitheater gesagt hatte. Wir mussten weitermachen und bis zum Ende kämpfen.
    Deswegen hatte ich angefangen, die Karte zu zeichnen.
    Ich sah in ihr eine Art Schatzkarte – obwohl die Kreuze darauf Artefakte anzeigten und nicht Piratenschätze. Ich setzte mich auf meinen Stuhl und blickte auf die Blätter hinunter, die ich mit Tesafilm zusammengeklebt und auf dem Schreibtisch ausgebreitet hatte. Trotz meiner Liebe für Comics und Graphic Novels besaß ich keinerlei künstlerisches Talent. Ich konnte nicht malen, konnte nicht zeichnen, konnte nicht töpfern. Trotzdem hatte ich mir einen Bleistift geschnappt und angefangen, das Fresko an der Decke der Bibliothek der Altertümer abzumalen – das Bild, das mich, meine Freunde und die Artefakte zeigte, die ich finden sollte.
    Logan mochte weg sein, aber es gab immer noch Schnitter, die ich bekämpfen musste. Ich war ein Champion, und Nike hatte mir eine Mission anvertraut. Ich war entschlossen, diese Mission zu Ende zu führen, egal wie lange es dauerte oder wie gefährlich es werden
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