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Frostblüte (German Edition)

Frostblüte (German Edition)

Titel: Frostblüte (German Edition)
Autoren: Zoë Marriott
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ist eingetroffen«, sagte Ion heiser. Als er sprach, drückte sich das Messer noch ein wenig tiefer in seine Kehle. Ein heller Blutstropfen rann ihm den Hals hinunter. »Willst du sie nicht begrüßen?«
    Luca gab keine Antwort, doch das Messer in seiner Hand schien zu zittern. Dann drehte es sich. Der Blutstropfen wurde zum Rinnsal.
    Ich starrte auf seine reglose Gestalt. Einen Augenblick zuvor hatte Luca noch geschrien. Der Verwüstung nach zu urteilen hatte ein Kampf stattgefunden. Und trotzdem stand Luca nun, da er das Messer an Ions Kehle hielt, wie erstarrt da.
    Arian drängte sich mit gezogenem Schwert an mir vorbei. »Luca …«, flüsterte er, seine Stimme klang zögernd, sanft, als spräche er mit einem verschreckten Tier. »Es ist gut. Du musst es nicht tun.«
    Lucas Kopf fuhr herum, seine Augen wirkten gegen die Verbände fast schwarz. »Ich brauche deine Hilfe nicht.«
    »Achtung!«, schrie ich.
    Ions Hand schnellte hoch, packte Lucas Handgelenk und hebelte das Messer zur Seite. Die Spitze hinterließ einen oberflächlichen Schnitt an Ions Kiefer. Er zuckte kaum. Doch Luca ächzte vor Schmerz, als Ion ihm die Hand verdrehte, damit er das Messer fallen ließ. Luca holte genau in dem Moment zu einem Tritt aus, als Arian auf sie zueilte. Ion packte Luca am Stiefel und stieß ihn gegen Arian, der sein Schwert fallen lassen musste, um Luca nicht aufzuspießen. Sie gingen beide zu Boden.
    Ion sprang blitzschnell über sie und stürzte auf mich zu, ganz offensichtlich wollte er zur Treppe. Ich holte mit der Axt aus. Ion blieb abrupt stehen, auf seinem Gesicht erschien ein wachsamer Ausdruck – gemischt mit etwas, von dem ich hätte schwören können, dass es Vergnügen war.
    »Ach! Wenn das nicht das Wolfsmädchen ist! Na, so was, dich hier zu treffen!«
    Bevor ich reagieren konnte, packte er mit beiden Händen das weiße Glockenseil, trat einen Schritt zurück und schwang sich über die niedrige Steinbrüstung aus dem Turm. Die Glocke erklang mit ohrenbetäubender Lautstärke. Ich holte aus und durchtrennte das straff gespannte Seil mit der Axt.
    Von draußen war ein Schrei zu hören. Ich rannte zur Brüstung und sah nach unten. Ion war, noch immer das Seil umklammernd, auf der Brustwehr gelandet. Er richtete sich auf, winkte mir fröhlich zu und sprang auf das steil abfallende Dach. Er rutschte hinunter und verschwand außer Sichtweite.
    »Du hast ihn laufenlassen.« Lucas Stimme kam als Knurren zwischen den zusammengebissenen Zähnen heraus. »Ich hatte das Messer an seiner Kehle und du hast ihn laufen lassen.«
    Als ich mich umdrehte, sah ich, wie Luca Arians Hände wegschlug, als dieser ihm aufzuhelfen versuchte. Er kam allein auf die Füße, sein ganzer Körper bebte vor Wut.
    »Du hattest vielleicht das Messer an seiner Kehle, aber du hast es nicht über dich gebracht«, sagte Arian müde. »War es nicht so? Heilige Urmutter, Luca, du konntest es nicht!«
    Luca betrachtete ihn mit etwas wie Hass. »Du hast doch keine Ahnung, wovon du redest. Ich hätte ihm wie einem Karnickel das Fell abgezogen. Jetzt läuft er davon. Diese Festung ist ein Labyrinth – dank dir kann er sich für alle Ewigkeit verstecken.«
    »Hör auf damit!«, rief ich. »Es ist nicht Arians Schuld.«
    »Wenn du dich nicht eingemischt hättest –«
    »Wäre genau dasselbe passiert«, sagte ich zornig und schob meine Axt in die Hülle. »Du hättest dort gestanden, bis er dir das Messer entrissen und dich aufgeschlitzt hätte. Das weißt du genau, Luca. Es steht dir ins Gesicht geschrieben.«
    Luca sagte erstickt: »In diesem Gesicht kannst du überhaupt nichts sehen, du Idiotin.«
    Er drängte sich an uns vorbei und rannte die Treppe hinunter.

Dreiunddreißig
    Als wir den Fuß des Turms erreichten, war Luca schon fort, ebenso schnell verschwunden wie sein Bruder.
    »Was jetzt?«, fragte ich.
    Arian legte den Kopf schief, als lausche er auf ein Geräusch. Dann ging er zwei Schritte bis zur Brustwehr und blickte nach unten in den Hof. Er winkte mich heran.
    Unter uns lieferten sich einige Bergwächter auf der Ostseite des Hofes noch immer Scharmützel, ihre Gegner schienen allerdings Haussklaven zu sein, sie waren nicht mit Schwertern oder Äxten bewaffnet, sondern mit Küchenmessern. Einer hielt gar einen Besen. Die Bergwächter drängten sie stetig zurück. Während ich zusah, stolperte einer der Diener in der ersten Reihe über eine Seilschlinge und riss zwei seiner Kameraden mit um. Die Bergwächter drängten sich in die Lücke
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