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Frost

Frost

Titel: Frost
Autoren: John Rector
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mehr um ihn kümmern.
    Vielleicht könnten sie sogar diese Lilith finden, wer immer sie war, damit sie ihn nach Hause brachte.
    Jedenfalls wäre er dann nicht mehr mein Problem.
    Es war zwar toll, dass er uns fünfhundert Dollar gezahlt hatte, aber schließlich gab es auch Grenzen, und ich würde für Geld nicht alles tun.

6
    Ich rüttelte an der Tür, aber sie ging nicht auf. Also spähte ich durch die Scheibe hinein. Kerzen standen auf dem Tresen und in den Ecken des Büros. Sie tauchten den Raum in ein weiches goldenes Licht.
    An der Rückwand stand eine Tür offen, und dahinter tanzten Schatten. Wahrscheinlich ein Kaminfeuer.
    Ich rüttelte nochmals an der Tür und klopfte dann gegen das Glas.
    Einen Moment später sah ich einen Schatten im Hinterzimmer. Ein Mann kam nach vorne ins Büro. Er winkte mir zu und entriegelte die Tür.
    Ich trat einen Schritt zurück. Als sich die Tür öffnete, klingelten Glöckchen.
    Der Mann war klein, aber stämmig. Im ersten Moment hatte ich ihn für einen Jungen gehalten, aber als sich meine Augen an das dämmrige Licht gewöhnten, erkannte ich die tiefen Furchen in seinem Gesicht und die verblichenen grünen Tattoos auf seinen Unterarmen.
    Ein Junge war er auf keinen Fall.
    «Tut mir leid», sagte der Mann, «abends verriegeln wir immer die Tür. Wir haben zwar eine Nachtklingel, aber das verdammte Ding funktioniert heute nicht.»
    Er ließ mich hinein. Es war genauso warm, wie ich erwartet hatte.
    «Mussten Sie auch umkehren?»
    «Was?»
    «Der Highway ist ab Ridgemont gesperrt.» Er ging hinter den Empfangstresen. «Die Polizei lässt heute Nacht niemanden mehr durch.»
    «Ich hab gar keine anderen Autos da draußen gesehen.»
    «Wir hatten ein, zwei Gäste, aber bei diesem Sturm trauen sich nur die Verrückten raus, besonders auf dieser Strecke.» Er winkte ab. «Macht nichts. Ist sowieso keine gute Nacht für Gäste. So ist es wahrscheinlich das Beste.»
    «Haben Sie ein Telefon?»
    «Klar, aber es geht nicht. Telefon geht nicht, Strom geht nicht, nichts geht mehr. Zum Glück haben wir eine Gasheizung, sonst   …»
    «Kein Telefon?»
    «Kein Garnichts», sagte er. «Wir haben fließend Wasser und warme Zimmer, und das war’s. Ich wollte gerade das Essen verpacken und im Schnee vergraben, damit es nicht verdirbt, für den Fall, dass wir noch ein paar Tage hier festsitzen.»
    «Wissen Sie, wie lang das noch dauert?»
    Er zeigte auf ein altes Radio, das hinter ihm auf dem Regal stand. «Dieses Ding funktioniert mit Batterien. Es heißt, dass noch mehr Schnee kommt.»
    «Und ein Arzt? Gibt es hier einen?»
    «Nicht in der Nähe.»
    «Ein Krankenhaus?»
    Sein Gesichtsausdruck sagte alles.
    «Es gibt eine Klinik etwa vierzig Meilen nördlich in Frieberg, aber das schaffen Sie heute Nacht nicht mehr, nicht bei diesem Wetter.»
    Ärger wallte in mir auf. Ich spürte, dass ich kurz vor einem Wutausbruch stand. Ich bemühte mich sehr, ruhig zu bleiben, aber meine Stimme war gereizt, als ich sprach.
    «Wenn es hier keinen Arzt gibt, was tun Sie, wenn sich hier jemand den Arm oder das Bein bricht?»
    «Tja, soweit ich mich erinnere, ist das noch nie passiert», sagte er. «Aber wenn, dann müsste uns wohl jemand nach Frieberg bringen, aber das geht ja nun heute Nacht nicht, oder?» Er sprach wie mit einem Kind, sehr langsam und deutlich. «Sie waren doch draußen und haben den Schnee gesehen?»
    Ich wandte mich um und ging zur Tür. Im schwarzen Fensterglas sah mein Spiegelbild golden aus. Ich zwang mich zur Ruhe und dachte über meine Möglichkeiten nach.
    Es gab nicht viele.
    «Haben Sie einen Krankheitsfall da draußen?»
    Ich nickte und sagte, dass es etwas Ernstes sein könnte.
    Der Mann nickte mitfühlend. «Es tut mir wirklich leid, aber alles, was wir Ihnen bieten können, ist ein warmes Zimmer für die Nacht.» Er dachte kurz nach. «Vielleicht funktionieren die Telefone ja morgen wieder. Dann können wir einen Krankenwagen rufen.»
    «Hört sich an, als wäre das die einzige Möglichkeit.»
    «Allerdings.» Er holte ein blaues Notizbuch und einen Kugelschreiber unter dem Tresen hervor. «Solange es keinen Strom gibt, machen wir es eben mit der Hand. Bezahlen müssen Sie dann später. Aber ich schreibe mir schnell Ihre Daten auf, wenn es Ihnen recht ist.»
    Ich nahm meinen Führerschein aus der Brieftasche und legte ihn auf den Tresen.
    «Minnesota, hä?»
    Seine Imitation des Akzents war so schlecht, dass ich nicht lächeln konnte, nicht mal aus Höflichkeit.
    Während er
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