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Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Titel: Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)
Autoren: Harald Martenstein
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nicht kümmere. Gott sei im Grunde unberechenbar. Aber ein Jude müsse der Messias vermutlich schon sein.
    Für fünf Euro dürfen die Leute den Bauch anfassen. Joe macht das nichts aus. Joe scheint überhaupt ganz zufrieden zu sein. Er wächst nicht mehr weiter, aber er strampelt. Inzwischen versteht er, wenn man mit ihm spricht. Wenn Billy sagt: »Hey, Joe, Schatz, strampel mal ein bisschen«, dann tut er das. Billy kann inzwischen wieder besser laufen, alles Übung, und Ben hat sich zum Glück an den Bauch gewöhnt. Er muss beim Sex nicht mehr an einen Heißluftballon denken. Im Sommer verbringen sie immer noch viel Zeit in der Laube von Bens Eltern, die sie mithilfe ihrer Einnahmen ein bisschen aufgemotzt haben. Es gibt jetzt dort ein richtiges Klo, Kühlschrank und fließend Wasser und Gasheizung, dazu einen kleinen Backofen, damit Bens Mutter den Bienenstich nicht immer in der Stadtwohnung backen muss.
    Der Fall wird weltweit diskutiert. Ein echtes Wunder, sagen die einen, eine medizinische Anomalie, sagen die anderen. Einmal ist ein ganz in Schwarz gekleideter Herr vom Vatikan zu Billy und Ben gekommen, weil sie überlegen, ob Billy ein Fall für die Seligsprechung ist. Er war nett, aber Billy glaubt, dass sie in dem Gespräch etwas zu oft »Scheiße« und »Fuck« gesagt hat und dass sie deshalb wahrscheinlich erst nach ihrem Tod seliggesprochen wird, wenn überhaupt. Wobei ihr das einerseits egal ist, andererseits könnten sie nach der Seligsprechung ihr Honorar in den Einkaufszentren locker verdreifachen. Manche Psychologen meinen, dass Joe, wenn er eines Tages herauskommt, einen psychischen Schaden haben könnte, Mutterkomplex oder so. Mental sei es für Joe nicht ganz einfach. Aber letztlich weiß keiner was Genaues. Billy hofft, dass es noch eine Weile so bleibt. Es geht ihr gut. Das darf sie niemandem sagen, weil dann jeder denkt, dass sie gegen den Weltfrieden ist.

Garfield
    Garfield Ott sah, dass es draußen langsam hell wurde. Wieder einmal hatte er beim Spielen die Zeit vergessen. Die neue Version von Paradise Lost war aber auch einfach zu gut, das ließ einen nicht los, wenn man erst mal drin war. Die Charaktere waren unglaublich ausdifferenziert. Andererseits, die alten Spiele, die vor fünfzig oder hundert Jahren herausgekommen waren, hatten auch einen gewissen Charme. Erst vor ein paar Tagen hatte Ott wieder einmal das virtuelle Unterhaltungsmuseum angeklickt, wo man noch die ersten Versionen von World of Warcraft von Sin City oder von Thunderstroke spielen konnte. Die Charaktere besaßen damals höchstens Ansätze von Bewusstsein, man konnte ihnen ein paar Fertigkeiten und Eigenschaften zuordnen, mehr war nicht drin.
    Inzwischen waren es richtige Welten, die sich erschaffen ließen, mit Figuren, die völlig autonom unterwegs waren und sich selbst für real hielten. Seit ein paar Monaten spielte Ott Paradise Lost mit einer virtuellen Welt namens »Erde«, die er nach den Initialen einer Kollegin aus dem Kommunikationsministerium benannt hatte, R und D. Das waren so die kleinen Späßchen, die er sich gestattete. Natürlich ließ er sich auf Erde anbeten, unter »Gott«, seiner Internetadresse. Ein bisschen Respekt waren seine Geschöpfe ihm einfach schuldig.
    Er liebte es, wenn sie darüber stritten, ob es ihn gab oder nicht. In der ersten Zeit schickte er ihnen manchmal Zeichen oder sprach sie sogar direkt an. An den Zehn Geboten hatte er lange herumgetüftelt. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hab und Gut, das war natürlich völlig unrealistisch, eine richtig harte Aufgabe für seine Leute. Es hielt sich auch fast niemand daran. In letzter Zeit war er mit Auftritten und Wundern zurückhaltender. Es machte mehr Spaß, den Charakteren einfach zuzuschauen und hin und wieder ein paar Parameter zu verändern.
    Das Spiel war so gigantisch und so komplex, dass man sich entscheiden musste. Er spielte mit einem Land, das er nach seinem ersten Computer, dem Super-Deutsch, einfach »Deutschland« nannte, die Leute redeten seine Sprache. Daneben gab es natürlich noch Tausende anderer Sprachen, etliche Länder und die verrücktesten Religionen. Die Figuren machte er ziemlich intelligent, gab ihnen aber auch ein Quantum Aggressivität. Gleichzeitig schickte er sie ins achtzehnte von zwanzig möglichen Levels in der Kategorie Spiritualität und ins neunzehnte Level beim Streben nach Reichtum und Macht. Diese Mischung war schön widersprüchlich und ein Garant dafür, dass immer was los war.
    Sie
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