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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste
Autoren: Mary Scott
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nicht als Wildnis bezeichnen!«
    Er blickte hinüber auf das blaue Band des Meeres, das der Horizont begrenzte, und ich spürte, daß es ihm gefiel. Das veranlaßte mich, ihm die Übernachtung anzubieten. Er nahm gelassen an, ohne sich der Frau besonders dankbar zu zeigen, die ihm, einem wildfremden Menschen, immerhin eine große Freundlichkeit erwies.
    »Sie sollten von uns und unseren Nachbarn doch einen Begriff haben, wenn Sie hier arbeiten wollen«, sagte ich etwas kühl. »Ich erzählte schon, wir sind die Russells, unsere Farm liegt am höchsten. Paul hat zwei Kumpel: Sam, der mit unserer Freundin Larry verheiratet ist, und Tim. Dessen Frau ist jünger, aber auch eine liebe Freundin von uns. Ihr Vater, Colonel Gerard, ist der reichste von den Siedlern. Ihm gehörte faktisch der größte Teil des Grund und Bodens, bevor die Regierung ein gewisses Areal davon für die Heimkehrer beanspruchte. Er besitzt immer noch viele Ländereien. Sie werden von seinem jungen Vetter namens Peter Anstruther verwaltet. Böse Zungen lästern über den >trauten Kreis<. Aber unsere Männer sind nun mal alte Kameraden und waren so schlau, Frauen zu heiraten, die sich gegenseitig mögen. Solange Sie nicht von Wildnis und Hinterwäldlern reden, werden Sie gut mit allen auskommen.«
    »Vielen Dank für die Information und die Vorwarnung! Gibt’s auch Kinder in dieser noblen Gesellschaft?«
    »Da sind einmal meine beiden: Christopher geht in Te Rimu zur Schule, ich erwähnte es schon. Er wohnt bei einer Tante von Larry; dort wohnt auch Larrys Tochter Christina. Die Kleineren gehen in die Dorfschule. Anne, Tims Frau, hat Zwillinge. Auch sie gehen in diese Schule. Anne hat auch noch ein Zweijähriges zu Hause. So, das wär’s. Wenn Sie aber bei dem Colonel oder bei Peter arbeiten, werden Sie nicht viel von den Kindern sehen.«
    »Soll ich das bedauern? Mit Kindern habe ich nie viel zu tun gehabt, ich mag sie aber trotzdem ganz gern. Gibt’s denn gar keine jungen Leute hier?«
    »O ja, einige sehr attraktive junge Mädchen; aber die sind mehr oder weniger schon gebucht.«
    »Schade! Niemand zum Spaß haben!«
    »Das kommt auf den Spaß an. Tony, eine Nichte von Paul, wohnt und arbeitet bei Mrs. Adams, kommt aber an den Wochenenden zu uns. Sie ist gerade von einer Reise nach Japan zurück.«
    »Großartig, was diese berufstätigen Mädchen sich zusammensparen! Möchte wissen, wie sie das machen!«
    »Tony kann Ihnen das leider kaum beibringen. Mit Geld kann sie überhaupt nicht umgehen. Glücklicherweise hat sie aber einen wohlhabenden Vater; er veranstaltet Gesellschaftsreisen. Sie arbeitet nur, weil es ihr Spaß macht.«
    »In einem Siedlerladen? Unglaublich! Ist sie das einzige hübsche Mädchen?«
    »Nein, es gibt noch mehr. Da ist Tonys Freundin Miranda, die auch in dem Geschäft tätig ist. Aber machen Sie sich keine falschen Hoffnungen! Beide Mädchen haben einen festen Freund. Sie werden auch noch andere kennenlernen, die nicht gebunden und vielleicht zugänglicher sind... Hier ist nun unsere Farm; bis zu den Rinderkoppeln sind es nur fünfhundert Meter. Ist es nicht herrlich grün hier im Vergleich zu den Farmen weiter draußen?«
    Ich konnte meinen Besitzerstolz einfach nicht verbergen. Plötzlich fiel mir ein, wie er mir an Paul aufgefallen war, als er mich vor zwölf Jahren hierherbrachte. Jetzt redete ich genauso selbstbewußt. Kein Zweifel, der Stolz der Pioniere hatte auch mich gepackt.
    Der Junge schien nicht sehr beeindruckt. Unbekümmert, wenn auch zutreffend, meinte er: »Natürlich ist das Klima in dieser Höhe viel feuchter. Wir fahren ja schon die ganze Zeit bergauf.«
    »Jawohl, wir haben hier mehr Regen, aber auch äußerst tüchtige Farmer. Als sie das Land übernahmen, sah alles noch ganz anders aus.«
    »Wie lange ist das her?«
    Ich mußte zugeben, daß es bald nach Kriegsende gewesen war, und er bemerkte nur: »So viele Jahre an diesem gottverlassenen Ort! Trotzdem sind Sie alle noch geistig normal?«
    »Das werden Sie wohl bald feststellen können!« gab ich bissig zurück. »Hier ist die Einfahrt; es ist nur ein Viehgatter. Sie brauchen sich also nicht die Mühe zu machen auszusteigen, um das Tor zu öffnen.« Das war eigentlich ungerecht, denn bisher hatte ich noch kein Anzeichen von Faulheit an meinem Fahrgast entdecken können.
    Wir fuhren die Auffahrt hinauf, und jetzt gefiel David mir wieder besser, denn er rief: »Himmel! Was müssen Sie hier für eine Aussicht haben! Bei Tage muß das ja famos sein!«
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