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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste
Autoren: Mary Scott
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Paul und Sam und Tim sind eine Einheit: Wenn Sie mit einem von ihnen nicht zurechtkommen, werden die beiden anderen Ihnen auch die kalte Schulter zeigen.«
    »Also schon wieder so eine Art Kastengeist, und ich dachte gerade, dem wäre ich entkommen! Hier ist es der Kastengeist der alten Krieger. Motto: Nur wir haben im Krieg etwas geleistet. Nun, mein Vater war auch so ein Held; er gab seine Praxis auf und verbrachte die meiste Zeit in Übersee. Wird mir das einen Platz in diesem erlauchten Kreise sichern?«
    »Wie albern sind Sie eigentlich? Unsere Männer sind gar nicht so. Mit dem Krieg haben sie abgeschlossen. Sie verurteilen keinen, der zu Hause blieb; das haben sie nie getan. Sie wissen, daß viele zu Hause bleiben mußten.«
    Jetzt lachte David, herzlich und aus voller Kehle, was ich ihm gar nicht zugetraut hatte.
    »Sie haben eine köstliche Ausdrucksweise, Mrs. Russell! Ist es wohl gestattet, Susan zu Ihnen zu sagen? Nachnamen sind so fad, und man hört sie heutzutage kaum. Man gibt sich nicht mit ihnen ab. Außerdem sind Sie doch nicht viel älter als ich, nicht wahr?«
    Eigentlich war er doch ein ganz netter Bursche!
    »Ich bin vierunddreißig und Mutter von zwei Kindern! Eins ist noch zu Hause, das andere auswärts in der Schule. Ich finde, Sie sollten noch etwas warten, ehe Sie mich mit Vornamen nennen. Mein Mann ist ziemlich altmodisch; es könnte ihm mißfallen.«
    »So ein Konventioneller? Schon recht. Bleiben wir bei Mrs. Russell! Glauben Sie wirklich, daß ich in Ihrer Wildnis einen Job finden kann?«
    »Davon bin ich überzeugt. Ob Sie ihn annehmen, das steht bei Ihnen. Aber reden Sie nicht von Wildnis. Das ist doch nur Angeberei.«
    Man konnte ihn einfach nicht kleinkriegen! »Sie sind kein schlechter Fahrer, Mrs. Russell!« sagte er liebenswürdig. »Auf dieser kurvenreichen Strecke kommen Sie jedenfalls sehr gut zurecht.«
    »Ich fühle mich hier sicherer als in der Stadt. In Auckland bin ich richtig aufgeregt. Ich fahre allerdings auch nicht oft hin.«
    »Das kann ich verstehen. Ich hasse diese gräßliche Fahrerei auch.«
    »Aber wie lange wohl noch?«
    »Bis ich genug Moneten zusammen habe, um damit um den ganzen Erdball zu kommen.«
    »Und dann?«
    »Fragen Sie mir nur kein Loch in den Bauch! Das paßt nicht zu Ihnen. Was dann? Wer weiß! Vielleicht bin ich mir nach einem Wanderjahr klar über alles, kann mich für einen Job entscheiden oder schufte für ein medizinisches Examen. Wie auch immer, eine Zeitlang will ich mein eigenes Leben leben.«
    »Dieses ewige Gerede vom eigenen Leben! Waren Sie zu Hause so unterdrückt? Nein, fangen Sie nicht von der Kluft zwischen den Generationen an! Das kenne ich zur Genüge von mir selbst.«
    »Aber nicht so wie wir heutzutage. Ja, das Generationsproblem mit der Notwendigkeit, sich anzupassen: Ich bin der Sohn eines Arztes, sollte in Vaters Fußstapfen treten und so weiter und so weiter. Leider habe ich keine Geschwister. Es ist Pech, wenn man der einzige ist.«
    »Für die Eltern auch. Für die muß es arg sein, daß Sie von zu Hause fort sind. Oder wollen Sie wieder zurück?«
    »Wahrscheinlich werde ich wohl noch mal nach Hause fahren. Das muß ich ja, um meine Sachen zu holen. Na, na, Sie brauchen nicht gleich düstere Schlüsse zu ziehen, >verlorener Sohn!< und so. Ich mag meine Eltern, und sie mögen mich auch. Meine Mutter versteht meinen Standpunkt und macht keinen großen Wirbel. Mein Vater ist schon schwieriger: diese Möglichkeit, einen hochangesehenen Beruf zu ergreifen und all der Quatsch!«
    Der Vater tat mir leid, obwohl der Junge nicht viel anders redete als viele, die ich kannte. Wie sie war auch er voller Unruhe; aber er begnügte sich nicht damit, Protestfahnen zu schwenken und lauthals darüber zu reden. Er wollte aus allem heraus, Geld verdienen und die Welt sehen. Das war eigentlich in Ordnung.
    Auf dem letzten Stück unserer Fahrt unterhielten wir uns ganz freundlich. Ich überlegte, daß David diese Nacht in unserem Haus schlafen mußte, denn es würde dunkel werden, ehe wir ankamen.
    Morgen würden Paul (so hoffte ich!) oder ich (so fürchtete ich!) unsere Nachbarn anrufen und feststellen, wer einen aufmüpfigen, aber gesunden Studenten als Helfer in den Ställen oder auf dem Feld brauchte. Als wir die Anhöhe erreicht und das weite Tal vor uns hatten, das sich so fruchtbar und wohlbestellt vor uns ausbreitete, sagte ich: »Da sind wir! Eine geteerte Straße, eine Post, Elektrizität, alle Annehmlichkeiten. Das können Sie doch
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