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Fremde Blicke

Fremde Blicke

Titel: Fremde Blicke
Autoren: Karin Fossum
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Suzuki. Der Helm liegt auf dem Lenker. Gehen wir rein?«
    »Auf keinen Fall! Bleib ganz ruhig sitzen. Wenn ich mich nicht irre, dann bleibt er nicht lange in seiner Wohnung.«
    »Und dann folgen wir ihm weiter?«
    »Kommt drauf an.« »Hat er irgendwo Licht gemacht?«
    »Ich sehe jedenfalls nichts. Da ist er wieder!«
    Sie zogen die Köpfe ein und sahen zu, wie Johnas auf der Straße stehenblieb. Er schaute sich nach allen Seiten um, ließ seinen Blick an der langen Reihe der parkenden Autos entlangwandern. In keinem konnte er Menschen entdecken. Er ging zu seinem Transit, stieg ein, ließ den Motor an und setzte zurück. Skarre lugte über die Kante des Armaturenbretts.
    »Was macht er jetzt?« fragte Sejer.
    »Er setzt zurück. Und jetzt fährt er wieder vorwärts. Er setzt quer über die Straße zurück und hält vor dem Eingang. Jetzt steigt er aus. Er läuft zur Hintertür. Macht sie auf. Zieht einen aufgerollten Teppich heraus. Hockt sich hin. Legt sich den Teppich über die Schulter. Jetzt schwankt er ein wenig. Das sieht einfach erbärmlich aus. - Hergott, gleich kippt er um!«
    Johnas schwankte unter dem Gewicht des Teppichs. Seine Knie drohten unter ihm nachzugeben. Sejer streckte die Hand nach dem Türgriff aus.
    »Er geht wieder ins Haus. Jetzt versucht er sicher, den Teppich in den Fahrstuhl zu bugsieren. Nie im Leben kriegt er den die Treppen hoch. Achte auf die Fenster, Skarre, ob er irgendwo Licht macht.«
    Plötzlich fing Kollberg an zu winseln.
    »Sei still, Alter!« Sejer drehte sich um und streichelte seinen Hund. Sie warteten und starrten die Hausfassade und die dunklen Fenster an.
    »Jetzt ist im dritten Stock Licht. Da liegt auch seine Wohnung, gleich über dem Erker da hinten, kannst du das sehen?«
    Sejer starrte an der Mauer hoch. Hinter dem erleuchteten Fenster fehlten die Vorhänge.
    »Sollen wir nicht mal nachsehen?«
    »Nichts überstürzen, Skarre. Johnas ist clever. Wir müssen noch ein bißchen warten.«
    »Aber worauf?« »Jetzt macht er das Licht wieder aus. Vielleicht kommt er gleich aus dem Haus. Kopf runter, Skarre!«
    Sie zogen wieder die Köpfe ein. Kollberg winselte noch immer.
    »Wenn du jetzt bellst, mußt du eine Woche fasten!« flüsterte Sejer durch zusammengebissene Zähne.
    Johnas verließ das Haus. Er sah erschöpft aus. Diesmal schaute er sich nicht um, er setzte sich in sein Auto, zog die Tür ins Schloß und ließ den Wagen an.
    Sejer öffnete seine Autotür einen Spaltbreit.
    »Fahr hinter ihm her. Aber halte Abstand. Ich seh mir inzwischen mal seine Wohnung an.«
    »Wie willst du denn reinkommen?«
    »Dafür habe ich einen Kurs besucht. Du nicht?«
    »Doch, natürlich.«
    »Laß ihn ja nicht entwischen. Warte, bis er die Biegung erreicht hat, dann fahr hinter ihm her. Er will wahrscheinlich die Dunkelheit abwarten. Wenn du gesehen hast, daß er wirklich nach Hause fährt, hol dir von der Wache Leute. Schnappt ihn euch zu Hause. Laßt ihm nicht die Möglichkeit, sich umzuziehen oder irgend etwas beiseite zu schaffen, und erwähne diese Wohnung mit keinem Wort. Wenn er anhält, um das Motorrad loszuwerden, dann darfst du nicht eingreifen. Hast du das gehört?«
    »Aber warum denn nicht?« fragte Skarre verstört.
    »Weil er doppelt so groß ist wie du.«
    Sejer sprang aus dem Auto, nahm Kollbergs Leine und zog den Hund hinter sich her. Er duckte sich hinter dem Wagen, als Johnas’ Transit sich in Bewegung setzte und die Straße hinunterfuhr. Skarre wartete noch einige Sekunden, dann nahm er die Verfolgung auf. In diesem Moment war sein Glaube nicht besonders fest.
    Gleich darauf sah Sejer beide Wagen nach rechts verschwinden. Er überquerte die Straße, schellte irgendwo und brummte »Polizei« in die Gegensprechanlage. Die Tür summte, und er ging ins Haus, verzichtete auf den Fahrstuhl und lief die Treppen zum dritten Stock hinauf. Dort gab es zwei Türen, aber da er gesehen hatte, wie Licht ein- und ausgeschaltet worden war, drehte er sich automatisch in Richtung Straße. An der Tür war kein Namensschild. Er sah sich das Schloß an, ein einfaches Schnappschloß. Öffnete seine Brieftasche und suchte nach einer Plastikkarte. Seine Scheckkarte wollte er ungern benutzen, aber daneben steckte sein Leserausweis aus der Bibliothek, mit Namen und Nummer und dem Aufdruck »Bücher öffnen alle Türen« auf der Rückseite. Er schob die Karte in den Spalt, und die Tür öffnete sich. Das Schloß war unbrauchbar, würde aber wohl demnächst ausgetauscht werden. Noch war
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